Queen Elizabeth gestorben (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Zum ersten Todestag von Queen Elisabeth

Ein Leben für den britischen Thron

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AUTOR/IN
Steffi Radke

Vor einem Jahr starb Queen Elisabeth. Zu ihrem ersten Todestag blicken wir zurück auf ein Leben für die Monarchie. Weltweit regierte niemand länger. 73 Jahre lang an ihrer Seite: Ihr 2021 verstorbener Ehemann Prinz Philipp. Ihr Halt und ihre Stütze, ihr wichtigster Berater, wie sie immer wieder betonte.

Elisabeth, die Standhafte. Elisabeth, die Disziplinierte, die Fleißige, die Humorvolle, die Sportliche, die Tierliebe, die Unnahbare. Unzählige Markenzeichen begleiteten die zähe Monarchin. Wer war diese Frau, die vierfache Mutter, achtfache Groß- und zehnfache Urgroßmutter, die sich bereits als Kind schwor, ihr Leben lang dem englischen Volk zu dienen?

Getauft im Buckingham Palace

Geboren am 21. April 1926 in Mayfair, London, in der Residenz ihrer Großeltern, waren sie es auch, die sich um die kleine Elisabeth und ihre vier Jahre jüngere Schwester Margret liebevoll kümmerten. Elisabeth, von ihrer Verwandtschaft "Lilibet" genannt, wurde im Musikzimmer des Buckingham Palastes getauft und zählte bereits in jungen Jahren weltweit zu den meistfotografierten Kindern, ähnlich wie Shirley Temple in den USA, vermarktet von der eigenen Mutter.

Queen Mum,  (Foto: picture-alliance / Reportdienste, ANP)
Prinzessin Elisabeh (Mitte) mit Prinzessin Margaret und ihrer Mutter, Queen Mum

Eine Schule hat die frühere Königin nie besucht, einen entsprechenden Abschluss nie gemacht. Unterrichtet wurden sie und ihre Schwester vom Vater, von französischen und belgischen Gouvernanten. Für den Religionsunterricht war der Erzbischof von Canterbury zuständig. Anders als die belgischen und holländischen Königskinder, durfte "her royal highness Princess Elisabeth" mit normalen Kindern so gut wie nie in Kontakt treten, außer mit einer eigens gegründeten Pfadfindergruppe mit Angestellten-Kindern des Hofstaates. "Dann werde ich halt mal Königin" soll die streng reglementierte Elisabeth bereits mit zehn Jahren gesagt haben.

Keine Gefühle in der Öffentlichkeit

Früh wurde ihr verboten, in der Öffentlichkeit Gefühle zu zeigen. War sie beim spielen mal hingefallen, wurde sie darauf gedrillt - wenn überhaupt - zuhause zu weinen. Von klein auf waren es die Tiere, allen voran die geliebten Corgi-Hunde und Pferde, die Elisabeth und ihrer Schwester manch menschlichen Kontakt ersetzten. Bis ins hohe Alter entspannte die betagte alte Dame Elisabeth II. am liebsten hoch zu Ross. Und auch ihre Leidenschaft fürs Autofahren behielt die Monarchin lange bei. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs hatte sie bei der Armee eine Ausbildung als LKW-Fahrerin und Automechanikerin absolviert.

Queen Elisabeth II. - 1994 (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Tim Ockenden| PA Photos Limited / Press Association)
Die Queen galt, auch ohne Führerschein, als leidenschaftliche Autofahrerin und hatte im Zweiten Weltkrieg sogar eine Lehre als Mechanikerin absolviert.

Elisabeth und ihre Rituale

Jeden Morgen wurde sie von Dudelsackspielern geweckt. Dann gab es Cornflakes aus der Tupperdose, kombiniert mit einem Blick in Reitsportmagazine und dem lösen von Kreuzworträtseln. Die Queen liebte Earl Grey Tea und Toastbrot ohne Kanten, Polizeiserien und Krimis. Sie war Fußballfan - vorzugsweise vom FC Arsenal London - und mochte immer Wanderungen. Sie galt hinter der öffentlichen Bühne als unglaublich humorvoll, konnte alle Premierminister parodieren und wurde von ihrem Mann liebevoll "sausage" genannt, weil sie so gerne Würstchen grillte. Wenn sie zu Nicht-Coronazeiten mit einem Kopftuch bedeckt in einem Supermarkt einkaufen ging und Briten zu ihr sagten: "Sie sehen ja aus wie die englische Königin", antwortete diese grinsend: "Das ist ja beruhigend."

Ihr Leben in Bildern

Die Großmutter als Vorbild und ein Interview mit Folgen

Enkel Harry hatte seine Großmutter immer wieder als "cool" bezeichnet und seinem Bruder William, dem britischen Thronfolger, galt sie in ihrer unterschütterlichen Stabilität als großes Vorbild. Williams Ehefrau Kate hatte gerade in ihrer Anfangszeit am englischen Hof, wie sie selbst einmal sagte, durch die englische Königin viel Unterstützung erfahren. Dass dies bei Harrys Frau Meghan entweder deutlich weniger war, oder weniger "gefruchtet" hatte, lässt sich nach dem umstrittenen TV-Interview zu den Ursachen ihrer "Flucht" in die USA, nur erahnen.

Queen als Wachsfigur (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Dennis Van Tine/Geisler-Fotoexpress)
Die Royals als Wachsfiguren bei Madame Tussauds: Queen Elisabeth II. zusammen mit ihren Enklen Prinz Harry und Prinz William und dessen Frau.

Besonders die Rassismusvorwürfe, die Meghan in jenem Interview gegen das Königshaus erhob, bezeichnete die Queen im Nachhinein als besorgniserregend und äußerte den Wunsch, dieses Thema innerhalb der Familie klären zu wollen. Auch Prinz Philipp soll noch im Krankenhaus von dem Interview seines Enkels und dessen Frau erfahren haben und es, laut Aussagen eines Freundes, als "Wahnsinn" bezeichnet haben. Niemals hätte er es gutgeheißen, dass ein Mitglied des Königshauses öffentlich über Emotionen spricht.

Die Queen und ihre Gefühle

Harrys neues Leben in den USA wiederum, soll sein Großvater verstanden und gutgeheißen haben. Dass sich Queen Elisabeth im Rahmen einer öffentlichen Erklärung nach dem TV-Interview von Harry und Meghan als "traurig" bezeichnete, das ganze Ausmaß zu erfahren, wie herausfordernd die vergangenen Jahre für Harry und Meghan gewesen sein müssen, gleicht einer kleinen emotional-verbalen "Revolution". Gefühle in der Öffentlichkeit zu äußern, war eigentlich ein "No go" für ein Mitglied des Königshauses. Das schien sich jetzt zu ändern.

Ich kann mich noch genau erinnern, wie sich seinerzeit in London und weltweit Menschen nach Dianas Unfalltod wünschten, die Queen möge doch endlich ihr Beileid bekunden. Elisabeth II. "schaffte" es erst nach Tagen Diana öffentlich zu würdigen und damit die Monarchie - die nach Ansicht vieler Beobachter damals auf der Kippe stand - zu retten und neu zu stabilisieren. Inzwischen aber, nach sieben Jahrzehnten langer Regentschaft, spürte die Queen ganz offensichtlich, dass die Zeit reif war für emotionale Äußerungen in der Öffentlichkeit. Auch um das, durch manchen Skandal, angekratzte Image der britischen Monarchie erneut aufzufrischen und zu heilen.

Elisabeth: Die Unerschütterliche

Dass Prinz Charles frühzeitig seine Mutter Queen Elisabeth um den englischen Thron beerben könnte, wurde zwar immer mal wieder gemutmaßt, aber genauso schnell auch wieder verworfen. Kein Wunder, wenn man Queen Elisabeth agieren sah. Offenbar war sie bis auf die letzten Monate ihres Lebens gesund und tough, trotz des Todes ihres Mannes, wie ihre Kinder sagen "unerschütterlich". Während der Corona-Pandemie hatte sie sich nicht nur mit Philipp zurückgezogen (lange waren sie nicht mehr eine so lange Zeit am Stück, fernab der Öffentlichkeit, zusammen), sondern sich auch per Twitter und in Videoschalten geäußert - und dabei offensichtlich Spaß gehabt. Die Bereitschaft der englischen Königin, auch im hohen Alter dazuzulernen, schien unermüdlich und ihr Humor half ihr immer dabei, genau wie ihr Ehemann Philipp.

Elisabeth und Philip (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Sven Simon)
1977: Queen Elisabeth und Ehemann Prinz Philip anlässlich eines Deutschlandbesuches auf der Terasse der Villa Hammerschmitt.

Philipp: Der Fels in der Brandung

Er war stets ihr Fels in der Brandung, einer der wenigen, der ihr "ganz normal" auch mal "den Marsch blasen" konnte. Wenn seine Lisbeth zum Beispiel einst beim Autofahren in den schottischen Highlands sagte: "Philipp, fahr nicht so schnell", antworte der Prinzgemahl: "Sei still, sonst läufst Du!" Wer würde das sonst wagen, so mit einer englischen Königin zu reden? Der Queen tat Philipps oft auch derbe, sehr eigenwillige Art von Humor gut. Wenn man jahrzehntelang als Ehemann stets verpflichtet war, mehrere Schritte hinter der Königin zu laufen und ihr noch nicht einmal die Autotür aufhalten durfte, übersteht man das wahrscheinlich auch nur mit Humor und ganz viel Liebe.

Die Königin, ihre Sparsamkeit und bunten Kostüme

Apropos Autofahren. Einen Führerschein hatte Queen Elisabeth nie besessen (und liebte es trotzdem am Steuer des Land Rovers zu sitzen) - und Bargeld oder eine Kreditkarte erst recht nicht. Queen Elisabeth II. galt als sehr sparsam. Sie sollte oft abends die Letzte gewesen sein, die im Buckingham Palace das Licht ausmachte.

Königliches Arbeitsgerät: Die Handschuhe

Wie mir ihre Handschuhmacherin Genevieve James verriet, schickte die englische Königin sogar, nach längerem Gebrauch, löchrige Handschuhe zurück an die Designerin - zum Stopfen. Was die Auswahl der berühmten königlichen Handschuhe betrifft, so Mrs. James, sei Elisabeth II "pflegeleicht" gewesen. Tagsüber Baumwolle, meist weiß oder schwarz, abends Satin in beige oder schwarz. Circa 45.000 Hände schüttelte die englische Königin in Nicht-Pandemiezeiten im Jahr, bei Empfängen und Staatsbesuchen, bei Einweihungen und Gartenparties. Da wollten die Hände immer gut geschützt sein.

Die legendären bunten Kostüme, wählte Queen Elisabeth immer in enger Absprache mit Angela Kelly aus, der engsten Vertrauten, wenn es ums Äußere geht. Sie war auch nach Prinz Philipps Tod eine der wichtigsten und engsten Verbündeten der Queen.

Die Hüte der Queen

Die Aufsehen erregenden Kostüme, oft hergestellt vom deutschen Hofschneider Karl-Ludwig Rehse, sollten in Vor-Coronazeiten vor allem auch dafür sorgen, dass die Bodyguards der Queen ihre "Chefin" im Menschengewühl schnell erkennen. Der jahrzentelange Hofschneider Rehse erfuhr oft erst im Fernsehen, "ob sich Königin Elisabeth für eines meiner Modelle entschieden hat. Wenn es so ist, bin ich überglücklich", wie er mir vor Jahren in seinem Atelier, einer kleinen Gartenlaube am Rande Londons, erzählte.

Die Kostüme sollten vor allem bei den Reisen passend zur Landesfarbe ausgewählt sein. Zum Beispiel das berühmte grüne Kostüm, das die englischen Königin bei einem Irland-Besuch trug, war auch von Rhese geschneidert.

Die Handtasche als Code

Da waren noch die berühmten Handtaschen der Queen, mit ihrer ganz besonderen Funktion, als Stilmittel und als "Code" für ihre Adjutanten.

  • Ließ "her majesty" bei gemeinsamen Unternehmungen ihre Handtasche lässig am Arm baumeln, sollte das heißen: "Mir ist langweilig" und man möge etwas dagegen unternehmen.
  • Schwenkte sie die Tasche dagegen von einem Arm zum anderen, war das Zeichen: "wir sollten uns sofort in Bewegung setzen."
  • Stand die königliche Handtasche erstmal auf dem Tisch, signalisierte das Alarmstufe rot und stand für: "Sorgt dafür, dass ich sofort gehen kann".
Queen Elisabeth und Prinz Philip in Slovenien 2008 (Foto: picture-alliance / Reportdienste, epa/Str)
2008: Queen Elisabeth II. und Ehemann Prinz Philip besuchen Slowenien

Was befand sich im Innenleben der Handtaschen der Queen?

Das war einerseits kaum anders als bei "Otto-Normalfrau": Kugelschreiber, Lesebrille, Schminkschatulle, Fotos und eine Digitalkamera - einst ein Weihnachtsgeschenk ihres Enkels William. Was aber nie in einer Handtasche der Queen zu finden war: Bargeld, Schlüssel oder Pass. Den brauchte eine englische Königin auch bei ihren Reisen nie. Ihr Humor allerdings half ihr auch unterwegs.

Der legendäre Humor

Zum Schluss deshalb eine wunderbare Anekdote einer königlichen Reise nach Papua Neu Guinea. Ein hochrangiger Gastgeber soll bei einem Empfang seinen Cocktail in Anwesenheit der Queen vor lauter Verlegenheit mit einem Bleistift umgerührt haben. Woraufhin das königliche Oberhaupt humorvoll zu ihm meinte: "Unter uns können Sie das ja machen. In gehobener Gesellschaft würde ich es lassen." Es lebe der königliche Humor.

Queen Elisabeth 2005 (Foto: picture-alliance / Reportdienste, epa Gerry Penny)
2005: Die Queen besucht eine Pferdeschau in Windsor.

Viele Briten, und nicht nur sie, machten sich Sorgen, inwieweit die englische Königin den schweren Verlust ihres Mannes Prinz Philipp verkraften würde. Fest stand, dass sie nach dem Tod ihres Ehemannes nur in Begleitung eines Familienmitgliedes Termine wahrnahm.

"Sie ist beeindruckend und denkt jetzt vor allem an andere", hat ihre Schwiegertochter Sophie gesagt, die eine der ersten war, die die Queen nach der Todesnachricht besuchen durfte. Und das klang typisch Queen Elisabeth - ein Leben für den englischen Thron. Auch in schweren Zeiten.

1. Todestag von Queen Elizabeth Sie war die Königin der großen Zahlen

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Steffi Radke