Benno Riehl von der Hilfsorganisation ISAR ist seit zwei Tagen im Katastrophengebiet. Und seitdem arbeitet er durch - ohne Schlaf. Er berichtet bei SWR1 von katastrophalen Zuständen vor Ort.
Wie die Arbeit der Hilfsorganisationen in der Türkei aussieht und wie die Helfer vor Ort damit umgehen, hat er unserem Moderator Michael Lueg erzählt.
SWR1: Sie sind seit zwei Tagen im Katastrophen-Gebiet. Was erleben Sie?
Benno Riehl: Katastrophale Zustände. Sehr viele Leute sind noch eingeklemmt. Wir sind im Grunde genommen Tag und Nacht am Arbeiten. Ich hatte im ersten Run 72 Stunden ohne Schlaf.
SWR1: Wenn man im Fernsehen die Berge an Schutt und die Zerstörung sieht, kann man sich kaum vorstellen, dass da noch jemand lebend geborgen werden kann.
Riehl: Selbst die Bilder, die wir sehen, kann man sich manchmal nicht vorstellen, dass die Leute überhaupt noch leben. Wir sind momentan an einer Person, die seit 40 Stunden verschüttet ist. Wir können ihr über einen Schlauch Flüssigkeit zuführen. Wir kommen an die Person aber ganz schlecht ran. Wir haben noch nicht verloren, aber wir haben auch noch nicht gewonnen. Wir hoffen, dass wir sie am Abend noch lebend bergen können. Noch lebt sie.

SWR1: In Syrien hat das Assad-Regime dazu aufgerufen, keine Hilfsgüter zu den Rebellen in den Norden zu bringen. Kommen Hilfsgüter überhaupt da an, wo sie gebraucht werden?
Riehl: Wir sind in der Türkei direkt an der Grenze. Wir haben hier zum Teil syrische Flüchtlinge, die uns zur Hand gehen, die sehr hilfsbereit sind. In der Richtung haben wir noch nichts mitbekommen.
SWR1: Wie geht es Ihnen damit, was Sie da erleben?
Riehl: Das ist ganz verschieden. Aber dafür wurden wir ausgebildet, dafür sind wir da. Wir wissen, auf was wir uns einlassen. Sicherlich ist das manchmal schwierig und es fließt ein Tränchen, aber bis jetzt kommen wir damit sehr gut klar.
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Michael Lueg.
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