Alternative Bestäungsmöglichkeiten werden gesucht: Biene in Großaufnahme (Foto: IMAGO, IMAGO / YAY Images)

Gentechnik und gefüllte Seifenblasen

Sind Roboterbienen die besseren Bienen?

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Ingemar Körner
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Petra Thiele
SWR-Wirtschaftsredakteurin Petra Thiele (Foto: Dirk Bannert)

Weltweit nimmt das Bienensterben zu. Viele Pflanzenarten sind aber auf eine Bestäubung angewiesen. Deshalb wird an Roboterbienen oder gentechnisch veränderten Arten geforscht.

1. Idee: Roboterbienen

Wissenschaftler der Universität Harvard haben Roboterbienen entwickelt, die kurz "RoboBees" genannt werden. Den eigentliche Nutzen solcher künstlichen Bienen, die Bestäubung, sehen allerdings nicht alle unkritisch.

Das gilt auch für Martin Hasselmann, Professor an der Uni Hohenheim. Für ihn sind RoboBees reine Spielerei. Hasselmann selbst forscht ebenso an Alternativen zur Bestäubung - durch Insekten wie Honigbienen und Wildbienen.

Bienen erwirtschaften 2,5 Milliarden Euro allein in Deutschland

Nach Rindern und Schweinen sind Bienen die drittwichtigsten Nutztiere weltweit. Den volkswirtschaftlichen Nutzen der Bestäubungsleistung beziffern Forscher der Uni Hohenheim auf 2,5 Milliarden Euro jährlich – allein in Deutschland. Roboterbienen im Einsatz als kleine Drohnen scheinen das Problem also nicht zu lösen.

2. Idee: Pollen mit einer "Luftpumpe" verteilen

Anstelle von Robotern ist ein anderer Forschungsansatz das Bestäuben durch Verblasen: Jürgen Lorenz, Mitarbeiter beim Land Rheinland-Pfalz in der Obstbaumberatung, erklärt das Prinzip aus der Historie mit Stäubegeräten im Pflanzenschutz. Dabei nebelt man die Pflanze mit Kalk oder Gesteinsmehl ein.

Das sei vergleichbar mit einer Luftpumpe, wo man einfach über Druck ein Mittel verstäubt. Den Ansatz, Pollen zu verspritzen oder zu verstäuben, sieht Jürgen Lorenz jedoch skeptisch:

"Das ist ein bisschen: Sie wollen ein kleines Ziel mit einer noch kleineren Kugel treffen und sind aber weit weg. Das funktioniert in der Praxis nicht."

Zudem müsse man den Pollen zuvor aufwendig sammeln und dann massenhaft verbreiten – viel zu teuer.

3. Idee: Pollenverteilung mit gefüllten Seifenblasen oder per Pinsel

Gleiches gilt für mit Pollen gefüllte Seifenblasen. Solche Versuche gibt es zwar noch nicht im großen Maßstab. Also vielleicht lieber komplett Handarbeit? Jürgen Lorenz findet dies ebenfalls viel zu kostspielig. In der Züchtung sei die Handarbeit mit dem Pinsel zwar üblich, allerdings lediglich bei 100 bis 200 Blüten.

4. Idee: Gentechnisch veränderte Pflanzen

Bleibt als derzeit letzte Alternative: Gentechnik. Wenn Pflanzen sich auch ohne Insekten selbst bestäuben, könnte das Problem gelöst sein, sagt Klaus Wallner. Der wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Landesanstalt für Bienenkunde denkt dabei an genmanipulierte Pflanzen, die weder Wind noch Insekten brauchen. Diese bekämen eine Bestäubung quasi innerhalb einer geschlossenen oder halb geöffneten Blüte hin. Das Problem: Gentechnik werde von der breiten Bevölkerung derzeit nicht akzeptiert, sagt Klaus Wallner.

Biene - Apis mellifera - bestäubt eine Blüte des Garten Fingerkrauts - Potentilla Flamenco.  (Foto: IMAGO, IMAGO / CHROMORANGE)
Eine echte Biene bei ihrer Arbeit. Sie bestäubt gerade eine Blüte des Garten Fingerkrauts.

Bienen zum Mieten

Was bleibt also, wenn die Insekten weniger werden? Immerhin erhöht die Bestäubung durch Insekten den Ertrag von Nutzpflanzen teilweise deutlich, sagt der Naturschutzbund Deutschland (NABU): Bei Himbeeren und Erdbeeren um 50 Prozent, bei Äpfeln sogar um 86 Prozent. Dann kann es sich für Landwirte und Obstbauern auch lohnen, Bienen zu mieten. Dabei hilft Ronald Wenzel. Er hat die Plattform "bienenwanderung.de" gegründet. Dort können sich Landwirte und Imker anmelden und verbinden – deutschlandweit.

"Die Kosten setzen sich zusammen aus Kosten pro Hektar mal Anzahl der Hektar - je nachdem wie viel Sie haben. Im Obstbereich empfehlen wir vier bis fünf Völker pro Hektar. Wir können mal mit 25 Euro rechnen, das sind dann also 100 bis 125 Euro pro Hektar."

Insektenrückgang durch Investitionen stoppen

Teilweise seien die Preise noch höher, dies rentiere sich aber durch die Ertragssteigerungen, sagt Wenzel.

Professor Martin Hasselmann aus Hohenheim meint: 35 Prozent der weltweiten Nahrungsmittel würden durch Insektenbestäubung generiert. Darum will er nicht in deren künstliche Alternativen investieren, sondern plädiert dafür, dass wir dieses Geld lieber in andere Artenschutzprogramme und landwirtschaftsfördernde Maßnahmen investieren, um den Insektenrückgang zu stoppen.

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