Getötete Zivilisten, teilweise mit den Händen auf dem Rücken zusammengebunden. Die schrecklichen Bilder aus Butscha lassen uns nicht los.
Wir haben mit Carlo Masala - Professor für internationale Politik an der Universität der Bundeswehr in München und Militärexperte - gefragt: Wie können Soldaten so etwas Schreckliches tun?
Professor Carlo Masala: Das ist ein allgemein bekanntes psychologisches Problem. Das hat etwas mit Stress, Angst, aber auch mit der russischen Militärkultur zu tun. Und mit der Tatsache, dass die Soldaten Befehle bekommen - wenn sie sie verweigern, müssen sie möglicherweise selbst Repressalien befürchten. Ein komplexer Zusammenhang, der Soldaten dazu bringt, solche Gräueltaten zu begehen.
SWR1: Handelt es sich dabei um eine Kriegstaktik?
Masala: Bei den gezielten Tötungen von Zivilisten und Vergewaltigungen muss man davon ausgehen, dass es sich um Kriegstaktiken der "Verbrannten Erde" handelt. Die Berichte dazu sind so vielfältig, dass man davon ausgehen kann, dass es sich nicht um Taten Einzelner handelt, sondern eine Systematik dahintersteckt.
SWR1: Was ist Sinn und Zweck dieser Taten?
Masala: Es geht um Rache und Schmach, dass man Gebiete aufgeben muss. Die ukrainische Staatsanwaltschaft spricht von mittlerweile 7.000 Fällen mutmaßlicher Kriegsverbrechen. Wie die letzten zwei Wochen, werden wir weiterhin sehen, dass Gräueltaten gegenüber Zivilisten begangen werden. Das ist ein Teil der russischen Strategie. Die kennen wir aus Grosny und Aleppo. Zynisch gesagt: Eigentlich wundert uns das nicht, dass solche Gräueltaten passieren. Das gehörte in der Vergangenheit zur russischen Operationsführung dazu.
Das Interview führte Michael Lueg.