Der Journalist und Schriftsteller Jan Weiler hat Kinder, die inzwischen volljährig sind. Das bringt viele Veränderungen im Familientalltag mit sich, denn nun müssen sich vor allem die Eltern umstellen. Viele dieser kuriosen Erlebnisse sind in seinem neuen Buch "Älternzeit" zu lesen. Im SWR1 Interview berichtet er von Streichen und seiner Rolle als Mannschaftstrainer der Kinder.
Wenn die Kinder so langsam erwachsen werden, läuft vieles anders ab als die Eltern das bisher gewohnt waren. So erlebt es auch Autor Jan Weiler. In seinem Buch "Älternzeit" vergleicht er seine Funktion als Vater mit der eines Fußballtrainers – und sein Vertrag läuft nun aus.
SWR1: Ihr Vertragsende ist in Sicht - bei den Fußballprofis sagen da die Vereine, der hat hier noch einen Vertrag. Und Sie als Vater?
Jan Weiler: Mit meinem Vertrag ist es aus – einseitig gekündigt von den Kindern. Ich bin eigentlich für das Vertragsende seelisch noch gar nicht bereit.
SWR1: Wie fühlt sich das an?
Weiler: Ein bisschen doof. Man versucht immer noch, sich einzumischen und sich irgendwie reinzumogeln ins Spiel. Aber sich selbst einwechseln geht ja nicht mehr. Das konnte nur Günter Netzer.
SWR1: Ist das jetzt schon wieder so, dass die Kinder langsam Mitleid kriegen?
Weiler: So ein bisschen. Eine Zeit lang haben sie mich überhaupt nicht miteinbezogen. Ich wurde auch nur zu 14 Prozent über irgendetwas informiert. Und jetzt im Moment ist es so, dass sie mich wieder häufiger über Pläne informieren, die sie haben. Zum Beispiel über die Anschaffung eines Wasserschweins, was ich eine schlechte Idee finde. Die sind relativ groß und wiegen 50 Kilo. Man kriegt sie nur ganz schlecht vom Sofa runter, wenn sie draufliegen.
SWR1: Herrlich absurd und auch die Erlebnisse, die sie im Kapitel "In der WG der Racheengel" schildern. Wie war das mit dem schwarzen Hemd zum Beispiel?
Weiler: Mein Sohn behauptet, mir stünden keine schwarzen Hemden. Deswegen trägt er meine schwarzen Hemden. Wenn ich sie anziehen will, sagt er es geht nicht, du bist eh dafür zu alt. Wir "pranken" uns sehr häufig wegen solcher Sätze. Also, wir spielen uns Streiche zu Hause.
SWR1: Gut, dass er noch zu Hause wohnt.
Weiler: Dafür ist es prima. Macht auch Spaß. Er hat bei uns in der Sprachauswahl von Netflix mal Griechisch eingestellt, was man nur mit einer gewissen fundamentalen Griechisch-Bildung, einer humanistischen Bildung wieder wegkriegt. Ich habe aber dann den Sohn vom Obsthändler gefragt, ob er das wieder ändern kann und er ist dann durch alle griechischen Untermenüs und hat das wieder auf Deutsch gestellt. Passwort ist jetzt geändert – so, das hat er jetzt davon.
SWR1: Sie beschreiben das alles total lustig in Ihrem Buch. Ist das im echten Leben auch so lustig?
Weiler: Nee, das ist ja gerade das Schöne. Aus diesem Alltag, der manchmal belastend und auch anstrengend und voller Dramatik ist, baut man etwas, was die Leute sich ein bisschen davon erholen lässt. Das ist nur in den Büchern lustig. Aber sonst ist es bei uns, wie bei allen anderen auch.
SWR1: War diese Elternzeit bei Ihnen jetzt als Trainer ein langsamer Rücktritt unter Tränen? Oder wie muss man sich das so unterm Strich vorstellen?
Weiler: So ungefähr. Es ist, dass man merkt, man kann die Mannschaft nicht mehr erreichen. Die Mannschaft spielt weitgehend ohne einen. Wenn man Trainer von so einer Mannschaft ist, dann sollte man irgendwann zurücktreten und eine Pressekonferenz geben und sagen, Freunde, meine Zeit ist abgelaufen. Ich wünsche der Mannschaft viel Spaß. Ich mache etwas anderes.
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Michael Lueg.
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