Traurig schauendes Sparschwein vor Herbstlaub (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / blickwinkel/McPHOTO/C. Ohde)

10 Prozent und mehr

Verbraucherschützer mahnen hohe Dispozinsen an

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Corona-Krise hin oder her – die Dispozinsen sind stabil oder steigen sogar. Viele Banken schlagen bei Kontoüberziehungen richtig zu. Die "Bürgerbewegung Finanzwende hat einmal untersucht, wie teuer so ein Dispokredit für die Kunden im Schnitt wird.

Die Verbraucherschutzorganisation "Bürgerbewegung Finanzwende" hat die Konto- und Dispobedingungen von 1.240 Banken ausgewertet. Das Ergebnis: Zehn Prozent verlangen die Banken für den Dispo im Schnitt. Und es gibt noch Ausreißer nach oben, sagt der Investmentfondmanager und Politik- und Wirtschaftswissenschaftler Julian Merzbacher von der Bürgerbewegung Finanzwende.

SWR1: Wie teuer war der teuerste Dispo, den Sie gefunden haben?

Julian Merzbacher: Das waren 13,75 Prozent bei einem Kontomodell der Volksbank Raiffeisenbank Südost in Bayern. Aber wir sehen an vielen Stellen überhöhte Dispozinsen, das ist wirklich kein Ausnahmefall. In Rheinland-Pfalz zum Beispiel haben wir die Sparkasse Kaiserslautern mit 12,2 Prozent. Die ist laut Gesetz ein gemeinwohl-orientiertes Institut - und langt hier mit 12,2 Prozent hin. Das ist absolut unangebracht. Es gibt viele Banken und Sparkassen, die über zehn oder elf Prozent verlangen – auch in Rheinland-Pfalz.

SWR1: Ein Dispo ist ja nichts anderes als ein Kredit, den die Banken vergeben und damit verdienen sie natürlich ihr Geld. Was ist das Problem daran?

Merzbacher: Das Problem ist, dass sie übertrieben viel Geld verdienen an einer Stelle, wo Menschen so oder so schon in finanzieller Not sind. Damit tragen die Banken zu einem überhöhten Schuldenberg bei. Und das ist natürlich gerade in der derzeitigen Lage, wo viele Menschen unverschuldet in eine finanzielle Krise hineingeraten, besonders problematisch. Deswegen sagen wir: Die Banken und Sparkassen müssen an der Stelle endlich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden.

SWR1: Weiß man wie viele Menschen in Deutschland im Dispo sind?

Merzbacher: Es gibt keine offiziellen Daten dazu. Es gibt Schätzungen, die immer so zwischen sechs und zwölf Millionen schwanken, sodass man keine konkrete Zahl hat. Und sie schwankt durchaus auch im Laufe des Jahres, also zum Beispiel zu Weihnachten oder eben in wirtschaftlichen Krisenzeiten. Es gibt keine genauen Daten, aber es sind auf jeden Fall Millionen Menschen betroffen.

SWR1: Erwarten Sie, dass sich das durch Corona verschärft?

Merzbacher: Wir befürchten das zumindest, haben aber natürlich noch keine Belege dafür. Aber es ist schon so, dass gerade viele Menschen kurzfristig Aufträge und Arbeitsplätze verlieren oder auf einmal in Kurzarbeit kommen und dadurch überraschend in eine finanzielle Krise hineingeraten. Ich denke, viele erleben das gerade am eigenen Leib oder zumindest im Bekanntenkreis. Wir sehen wie schnell das geht.

SWR1: Sie sagen, die Dispozinsen sind überhöht. Was müsste denn Ihrer Meinung nach auch politisch passieren?

Merzbacher: Wir richten uns da ganz klar an die Banken und Sparkassen, denn die sind in der Lage, das wirklich ganz kurzfristig zu ändern. Sie profitieren auch gerade von vielen Hilfsmaßnahmen, weil Unternehmen gerettet werden, die Kredite bei Banken und Sparkassen haben. Es gibt viele Hilfsmaßnahmen, die den Banken helfen und deswegen sagen wir ganz klar in Richtung der Banken: Ihr seid nun gefordert den Dispo zu senken!

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SWR