Die Völlerei der närrischen Tage ist vorbei. Es darf also wieder gefastet werden. Das Fasten hat eine positive Wirkung auf den Körper, die über die Gewichtsabnahme hinaus gehen kann, sagt ARD-Ernährungs-Doc Dr. Matthias Riedl.
Aber welche Art von Fasten ist für mich die richtige? Welche Vorteile und welche Nachteile bringt der kontrollierte Verzicht mit sich? Dr. Matthias Riedl gibt Tipps zum Heilfasten, erklärt, warum das Intervallfasten nicht nur fürs Gewicht gut ist und gibt Tipps zu den Hafertagen.
SWR1: Heilfasten in Kürze: Man trinkt Tee, Wasser und Brühe, verzichtet eine Woche auf feste Nahrung. Was ist dabei zu beachten?
Matthias Riedl: Es ist tatsächlich wichtig, dass man sich klarmacht, die ersten drei Tage sind die schlimmsten. Die andere Frage ist, muss ich eine Darmreinigung machen oder nicht? Hier geht die Wissenschaft eher in die Richtung, das bringt nichts. Das kann man weglassen. Das ist eher nur Tradition.
SWR1: Galt die Darmreinigung nicht lange als Grundlage für gutes Heilfasten? Warum kann man das plötzlich weglassen?
Riedl: Das ist eben nicht bewiesen und auch die Reaktion der Darmflora ist auch nicht bewiesen. Man geht derzeit eher davon aus, dass die Darmflora tatsächlich diese Darmreinigung nicht braucht und dass der Effekt der Darmreinigung nicht der ist, den man sich davon erhofft hat.
Ernährungs-Doc Matthias Riedl: Fasten hat eine antientzündliche Wirkung
SWR1: Stimmt es, dass man manchmal sogar richtige Glücksgefühle erlebt und kaum Hunger verspürt?
Riedl: Man muss sich das so vorstellen: In der Menschheitsgeschichte waren immer Hungerphasen angesagt. Wir hatten immer Phasen von Essen und von Hunger. Daran sind wir angepasst. Das ist einmal Teil unseres Lebens geworden.
Die Frage ist, was passiert in dieser Zeit? Diese Zeit nutzt der Körper zum Check, zur Reparatur. Das ist ungefähr wie ein Jet, der am Boden ist und dann repariert wird.
In dieser Zeit kann auch Fettabbau stattfinden. Der Körper repariert kaputte Zellen. Gleichzeitig hat diese ganze Fastenzeit eine starke antientzündliche Wirkung. Dieser evolutionäre Sinn, sich motiviert um Essen zu kümmern, den löst das Fasten bei uns durch das Serotonin aus. Das bewirkt das Glücksgefühl, das wir erleben.
SWR1: Welche Nebenwirkungen kann es beim Heilfasten geben?
Riedl: Das ist ganz unterschiedlich, wie die Menschen es empfinden. Manche bekommen Kopfschmerzen, Herz-Kreislauf-Störungen oder Schwindel. Menschen, die zu Migräne neigen, für die kann es bedeuten, dass ein Migräneanfall ausgelöst wird. Weil, Migräniker verbrauchen eine regelmäßige Zufuhr von Nahrung. Auch Schwangere, Stillende oder Untergewichtige sollten zumindest ein mehrtägiges Fasten nicht machen.
SWR1: Welche gesundheitlichen Vorteile bringt das Intervallfasten?
Riedl: Der Körper reagiert positiv auf diese Essenspausen. Das ist ein bisschen vergleichbar mit dem Heilfasten. Das Intervallfasten ist ein Mini-Heilfasten. Wir sehen, dass der Blutzucker, die Blutfette, das Gewicht, aber auch der Blutdruck sinken kann. Und wir sehen einen positiven Effekt auf entzündliche Erkrankungen.
Ernährungs-Doc Matthias Riedl: Wie passt Intervallfasten in mein Leben?
SWR1: Ist es egal, ob ich Frühstück oder das Abendessen weglasse, Hauptsache die Zeitspanne zwischen den Mahlzeiten ist groß genug?
Riedl: Ja, es ist wichtig, dass wir regelmäßig Intervallfasten machen. Da muss jeder in sich selbst reinschauen und sich fragen, was für ein Typ bin ich? Wichtig ist, dass man überhaupt etwas durchführt. Das 16:8-Prinzip ist bei den meisten am leichtesten.
Also nicht zu spät Abendessen und nicht zu früh frühstücken. Man kann aber auch so eine milde Form, das sogenannte Dinner-Cancelling machen. Man lässt also eine Mahlzeit aus und hat dann nur noch ein Zwei-Mahlzeiten-Prinzip. Das geht auch. Da muss jeder einfach schauen, was in sein Leben passt.
SWR1: Für wen ist das Intervallfasten nicht geeignet?
Riedl: Auch da wieder ist es so, dass Schwangere, Stillende, Untergewichtige und auch Menschen mit Migräne davon nicht so profitieren, oder sogar Nachteile bekommen. Untergewichtige könnten tatsächlich abnehmen.
Und man muss auch darauf achten, dass die verbleibenden Mahlzeiten ausreichend Eiweiß beinhalten, sonst erleiden wir einen Muskelabbau.
Ernährungs-Doc Matthias Riedl: So betreibe ich Intervallfasten
SWR1: Wie machen Sie das persönlich mit dem Intervallfasten?
Riedl: Ich mache 16:8. Das passt am besten zu meinem Leben. Aber ich muss darauf achten, weil ich kein Übergewicht habe, dass ich ausreichend Eiweiß zu mir nehme, um nicht zu stark abzunehmen. Bei mir ist der Abnehm-Effekt beim Intervallfasten ausgeprägt.
Anleitung zum Fasten
SWR1: Hafertage, was bedeutet das, tagelang nichts anderes als Haferflocken?
Riedl: Ja, bei den Hafertagen geht es darum, sich drei Tage mit drei Hauptmahlzeiten überwiegend nur von Hafer zu ernähren. Das kann man mit Gewürzen, mit Kräutern, aber auch mit Gemüse und mit zuckerarmen Beeren aufpeppen, um es ein bisschen geschmackvoller zu machen.
Diese Haferkur ist für uns sozusagen ein Reset. Wir bekommen durch den Hafer ausreichend Eiweiß, viele Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe, die bei uns viele positive Effekte erzielen.
Wenn Diabetiker das machen, können sie unter Umständen ihren Insulinbedarf halbieren. Das ist gigantisch und das hat sogar noch eine Nachwirkung von mehreren Wochen.
Ernährungs-Doc Matthias Riedl: Hafertage gut für Herz und Kreislauf
SWR1: Welche Wirkung hat das Haferfasten denn sonst auf den Körper?
Riedl: Der Körper bekommt in dieser Phase einen Schub Richtung Anti-Entzündlichkeit. Die Blutzuckerwerte sinken. Es kann auch der Blutdruck davon profitieren und das Gewicht sowieso.
Die Haferkur hat eine tolle Wirkung auf Zivilisationskrankheiten und verhindert damit, regelmäßig durchgeführt, auch Arterienverkalkung. Das heißt, das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall sinkt.
SWR1: Klingt toll, für wen ist das was?
Riedl: Das kann jeder machen. Da gibt es gar keine Einschränkungen. Einzige Voraussetzung ist, dass man einen Zugang zum Hafer hat. Der Hafer muss einem schmecken und das ist eine sehr individuelle Sache. Aber ich kann nur jedem raten, das einmal auszuprobieren.