Leistungsdruck für Kinder und Jugendliche

Kishor Sridhar - Wettbewerbe sind die Resilienz-Schule fürs gesamte Leben

Stand
Das Interview führte
Dörte Tebben
Interview mit
Kishor Sridhar
Onlinefassung
SWR1

Gewinnen ist nicht alles – macht aber Spaß. Und sportlicher Ehrgeiz spornt an! Aber wie viel Leistung und Wettbewerb sind sinnvoll für Kinder und Jugendliche?

Außerdem stellt sich die Frage: Welche psychischen und gesellschaftlichen Folgen hat ein zu großer Ehrgeiz im Sport für Kinder- und Jugendliche? Darüber haben wir mit Kishor Sridhar gesprochen. Er ist Berater und Buchautor zum Thema "Sportlicher Leistungsgedanke".

Ab wann kann es bei Kindern mit dem Wettbewerb im Sport losgehen?

SWR1: Ab welchem Alter sind Kinder bereit für Wettbewerbssituationen?

Kishor Sridhar: Eigentlich im Leben schon ab zwei, drei Jahren. Man merkt, sie wollen schneller mehr machen. Sobald sie ein Zahlenverständnis haben, so ab sieben, acht Jahren, sind sie bereit für Wettbewerbssituationen.

SWR1: Ehrgeiz haben, angespornt sein, gut sein wollen. Ist das eine Frage des Alters oder der Persönlichkeit?

Sridhar: Das hat tatsächlich jedes Kind. Jedes Kind möchte größer sein und etwas Neues entdecken. Nur wenn der Frust zu groß wird, hört dieses Entdecker-Naturell auf und wir unterdrücken es. Das heißt, wir sollten eigentlich dieses "entdecken lassen" sogar fördern.

Wettbewerb im Sport als Motivation

SWR1: Wie beeinflussen Ehrgeiz und dieses "gewinnen wollen" die Motivation von Kids und Jugendlichen?

Sridhar: Es macht den Kindern Spaß, sich zu messen. Es gibt aber auch Frust, wenn man mal verliert und das Ziel nicht erreicht. Das ist auch charakterbildend, weil man lernt, auch mit Rückschlägen umzugehen. Und das ist entscheidend im Leben, dass wir damit umgehen können.

Wenn es in einem geschützten Raum ist, also bei einem Wettbewerb, der spielerisch ist, dann ist es eine unheimlich gute Gelegenheit, diese Grenzen auch auszutesten, um mit Rückschlägen umgehen zu lernen.

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Wettbewerb im Sport fördert Resilienz

SWR1: Das ist dieses erste Training im "Durchbeißen". Es trainiert und stärkt unsere Resilienz?

Sridhar: Das ist Resilienz. Dieser Umgang mit Rückschlägen, die eingrenzen und dann wieder aufstehen und noch mal loslegen. Und das, emotional begleitet durch die Eltern, ist eigentlich genau die Resilienz-Schule, die wir fürs gesamte Leben brauchen.

SWR1: Wie können Eltern und Trainer eine gesunde Balance fördern?

Sridhar: Leistungsdruck sollte nicht über schreien erfolgen. Sondern es geht darum, dass man über die Rückschläge spricht, aber auch über eigene Rückschläge. Wenn ein Kind merkt, dass es eine Leistung nicht erbracht hat, sollte man auch darüber reden, wie man selbst eine Leistung nicht erbracht hat.

Nichts ist schlimmer, als darüber zu reden, wie gut man früher in der Schule war. Das ist die größte Elternlüge, die es gibt. Wir waren alle nicht besonders gut in der Schule oder nicht so gut, wie wir behaupten.

Ich sollte auch darüber reden, welche Rückschläge ich bei der Arbeit habe, vielleicht beim Chef oder den Kollegen. Und da sollte man auf Augenhöhe mit den Kindern reden. Dann verstehen sie, dass sie nicht minderwertig sind, sondern, dass es genauso zum Leben dazu gehört. Das ist eigentlich die wichtigste Aufgabe.

SWR1: Das heißt, eine Niederlage oder ein nicht so gut abschneiden, ist dann eben kein Weltuntergang?

Sridhar: Das ist das eine. Zum anderen sollte man die Leistungsansprüche nur etwas höher setzen. Also nicht, wenn jemand eine 5 schreibt, sagen "Bald hast du eine 1". Das ist utopisch, sondern dann schon die 4- feiern. Das kann schon ein Riesenerfolg für Kinder sein. Wir müssen nicht alle auf einen 1er-Kandidaten trimmen, sondern es sollte nur dazu führen, dass sie an ihre Grenzen kommen und damit wachsen.

SWR1: Was halten Sie vom Belohnen und den klassischen Siegerurkunden bei den Bundesjugendspielen?

Sridhar: Ich halte das für absolut sinnvoll, weil das auch wieder eine spielerische Sache ist. Und ich sage das als jemand, der immer nur eine Teilnehmerurkunde bekommen hat. Ich habe nie eine Sieger- oder Ehrenurkunde im Leben bekommen.

Tatsächlich mache ich bis heute sehr gerne Sport. Ich habe dann gelernt, dass etwas ganz anderes wichtig ist und ich mich da entfalten kann. Auf der anderen Seite ist es trotzdem schön, in diesem gesamten Umkreis mit dabei zu sein.

Und es hat den anderen wiederum besonders Freude gemacht, wenn sie ihre Punkte gesammelt haben. Messbarkeit ist wichtig. Aber wenn wir nur Rücksicht darauf nehmen, dass nicht jeder eine Ehrenurkunde bekommt, dann hat es ja nichts mehr mit Leistung zu tun.

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