SWR1: Ihr Auftritt gehört seit Jahren zu den absoluten Höhepunkten der Fernsehfastnacht. Was für ein Gefühl wird es dieses Mal sein - mit Krieg und Erdbeben? Wie schwer ist es, sich da vorzubereiten und die Leute in so einer Situation zum Lachen zu bringen?
Lars Reichow: Das ist eigentlich immer die Herausforderung. Es passieren ja immer viele Dinge gleichzeitig. Es gibt immer was zu lachen, lustige Sachen, die gerade passiert sind. Oder es gibt Dinge, die man so eindampfen kann, dass sie lustig werden. Und es gibt Tragödien in der Welt - und das ganze zusammen, das macht aber auch die Fastnacht aus. Weil die Fastnacht aus beidem besteht. Ich habe gerade nochmal an Jo Ludwig und dieses "Heile, heile Gänsje" gedacht, das das Nachkriegstrauma beschreibt. Das ist genauso wichtig wie das Heitere und Leichte. Wir haben beides drinnen und ich versuche auch immer beides reinzubringen, so dass es eine Bedeutung hat.
SWR1: Wer es nicht so vor Augen hat: Sie werden auch dieses Mal der Anchorman der Fastnachtsthemen im Elften seien. Im Publikum sitzen ja dann nicht nur unsere Gewinner, sondern auch jede Menge Prominenz aus Politik und Wirtschaft. Wer bekommt es denn diesmal ab?
Lars Reichow: Ganz wichtig ist immer, dass die Gäste, die da sitzen, nicht beleidigt werden. Wir haben gerade über Strack-Zimmermann und Merz diskutiert. Der Merz hat da in Aachen gesessen und hat furchtbar einen drüber gehauen bekommen. Er hatte aber auch überhaupt keine Chance darüber zu lachen, weil es eine einzige Beleidigung war. Ich mag die Strack-Zimmermann, aber sie hat ihm keinen Ausweg gelassen. Wir in der Fastnacht versuchen den Gästen immer die Möglichkeit zu geben mitzulachen und nicht nur auf die Leute einzudreschen.
SWR1: Sehen Sie eigentlich, wie die Menschen im Publikum reagieren? Also zum Beispiel die Mimik von Malu Dreyer, wenn Sie irgendwas über sie rausgehauen haben?
Lars Reichow: Malu Dreyer kann ich nicht erkennen, weil sie zu weit weg ist. Aber ich kann natürlich im Publikum die kollektive Heiterkeit spüren. Man spürt, ob der Saal mitgeht oder ob er nur abwartet. Es ist ganz interessant das Publikum am Anfang abzutasten. Dann gehen wir hoffentlich in so einen Lach- und Verantwortungsrausch über.
SWR1: Kriegen Sie auch nach der Show noch Reaktionen? Also wenn irgendwas vielleicht nicht so dolle war? So nach dem Motto: "Mensch Herr Reichow, wie können Sie nur"?
Lars Reichow: Sagen wir mal so: In dieser Woche hat die AFD ja ihren 10-jährigen Geburtstag gefeiert, und da werde ich natürlich auch "gratulieren". Ich weiß genau, dass ich dann von den Anhängern eine ganz schöne Anzahl an Mails wieder bekomme. Das kann ich jetzt schon absehen.
Ich habe aber sonst sehr nette Antworten oder Bemerkungen von Leuten, die sagen: "So finde ich es gut." Oder: "Das gefällt mir." Und es gibt immer natürlich die Möglichkeit zu sagen: "Nee, das fand ich doof, und das fand ich doof." Das macht aber nichts. Es ist auch richtig so! Das ist dann eine Bewertung, die jeder machen kann.
Ich mag es, dass die Leute sich überhaupt damit auseinandersetzen. [...] Die sollen sich richtig aufregen und das zu Hause diskutieren. [...] Ganz Mainz brummt am nächsten Tag in den Bäckereien. Ich bin dann immer ganz vorsichtig und gehe vielleicht erstmal nicht in die Bäckerei. Aber meistens ist es schön und wochenlang klopfen mir die Leute auf die Schulter. Es ist toll, wenn man in der Heimatstadt einfach ein bisschen Unterstützung hat.
Das Gespräch führte Steffi Stronczyk.