Manch eine finanzielle Lebensplanung gerät gründlich durcheinander, wenn das Eigenheim plötzlich deutlich teurer wird durch rasant gestiegene Kreditzinsen. Die Zeitschrift Finanztest beschäftigt sich in der aktuellen Ausgabe mit dem Thema. Heike Nicodemus ist wissenschaftliche Projektleiterin bei Finanztest und erklärt im SWR1 Interview, worauf bei Finanzierungen jetzt zu achten ist.
Foto: Stiftung Warentest
SWR1: Haus, Schluss, Panik. Da hatten wir mehr als ein Jahrzehnt historisch niedrige Zinsen, die für einen regelrechten Bauboom gesorgt haben. Und jetzt werden Kredite immer teurer, für einige könnte die Zinswende zum Problem werden. Frau Nicodemus, was raten Sie Menschen, die jetzt eine Finanzierung planen?
Heike Nicodemus: Die Glaskugel haben wir natürlich auch nicht. Fakt ist: Die Zinsen haben sich mehr als verdoppelt. Vor einem Jahr lagen die Zinsen noch weitaus niedriger. Jetzt sind sie sehr teuer. Das bedeutet, dass man ganz genau hingucken und durchrechnen muss – und natürlich auch vergleichen. Wir wissen nicht, ob die Zinsen weiter hochgehen. Es sieht aber im Moment nicht so aus, dass sie noch eklatant nach unten gehen werden. Wer das Geld hat, das Grundstück hat, wer das Haus bauen möchte, sollte es dann schon machen. Aber natürlich immer mit der Maßgabe: genau hingucken, ob ich es mir auch leisten kann.
SWR1: Worauf muss man da schauen und was ist für Sie besonders wichtig?
Nicodemus: Die optimale Kredithöhe muss man jetzt erstmal herausfinden. Wie viel Eigenkapital kann ich einbringen? Je mehr Eigenkapital, desto günstiger wird es natürlich. Die richtige Zinsbindung gilt es zu wählen. Man sollte die Zinsbindung immer noch möglichst lang wählen, also 15 oder 20 Jahre. Nach zehn Jahren besteht eine gesetzliche Kündigungsfrist, da kann man eigentlich nichts falsch machen. Oder wenn man gut Geld verdient, die hohen Raten zahlen kann, vielleicht sogar ein "Volltilgerdarlehen“ abschließen, bei dem man das Risiko quasi ausschließt, weil der Kredit abbezahlt ist.
SWR1: Das heißt, dass man also eine so hohe Tilgungsrate hat, dass nach der Laufzeit von zehn Jahren auf jeden Fall Schluss ist.
Nicodemus: Ja. Zehn Jahre ist sehr niedrig. Aber dann nach 15 oder 20 Jahren ist Schluss. Man hat immer die gleiche Rate zu zahlen. Am Ende gibt es keinen hohen Restbetrag mehr, den man dann noch abzahlen muss. Teilweise sind die Restbeträge sehr hoch, so dass man bei einem 480.000 Euro-Kredit nach 15 Jahren immer noch eine Restschuld von knapp 300.000 Euro hat. Wenn der Zinssatz dann bei zehn Prozent liegt, hat man ein Problem.
SWR1: Apropos Problem und Restschuld: Viele haben zu deutlich niedrigeren Zinsen abgeschlossen, mittlerweile steht oft eine vier vor dem Komma. Einige stehen jetzt bei einer möglichen Anschlussfinanzierung ganz blöd da. Was ist eine erste Hilfsmaßnahme, wenn man merkt, das langt jetzt überhaupt nicht?
Nicodemus: Wenn man die Zinsen vor einiger Zeit noch günstig abgeschlossen hat, dann kann man erst einmal die zehn, 15 Jahre oder 20 Jahre weiter so günstig seinen Kredit abzahlen. Aber wenn die Zinsbindung jetzt endet, dann muss man natürlich gucken, dass man eine vernünftige Anschlussfinanzierung findet.
SWR1: Lohnt sich möglicherweise auch ein Bankwechsel mitten in der Finanzierung?
Nicodemus: Auf jeden Fall. Frühestens nach zehn Jahren kann man das kündigen, egal, welche Zinsbindung Sie anfangs gewählt haben. Wenn man dann ein Anschlussdarlehen sucht, kann man auch wechseln. Das ist durchaus üblich.
Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Steffi Stronczyk.