Mit einer Aktionswoche unter dem Motto "Respekt. Bitte!" will die Landesregierung von Rheinland-Pfalz auf die Probleme von Polizisten und anderen Mitarbeitern im Öffentlichen Dienst aufmerksam machen.
Dazu gehört, dass der Justizminister zum Beispiel mit Gerichtsvollziehern über deren Erfahrungen spricht, die Ministerpräsidentin und der Innenminister die Bereitschaftspolizei besuchen. Sabrina Kunz, die Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Rheinland-Pfalz, sieht im SWR1 Interview eine gesamtgesellschaftliche Tendenz zur Respektlosigkeit.
SWR1: Was bringt ein Besuch der Ministerpräsidentin oder grundsätzlich von Politikern?
Sabrina Kunz: Ich glaube, der Besuch der Ministerpräsidentin ist zumindest mal etwas, was Interesse an den Menschen zeigt, welche im Dienst für unsere Gesellschaft vernetzt werden. Ich würde sagen, es ist eine anerkennende und wertschätzende Geste.
Wir basteln doch ein bisschen an den Symptomen herum.
SWR1: So eine Aktionswoche gibt es seit 2020. Hat sich daraus etwas entwickelt? Gibt es da Ergebnisse?
Kunz: Wir sind ehrlicherweise ein bisschen hin- und hergerissen, wie die Wirkung der Kampagnen tatsächlich ist. Kampagnen helfen, Problembewusstsein zu schaffen und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Das kennen wir von unserer eigenen Kampagne "Auch Mensch – Polizei im Spannungsfeld zwischen Politik und Gesellschaft".
Allerdings muss man mittlerweile auch festhalten, dass es bei Kampagnen alleine nicht bleiben kann. Wir basteln doch ein bisschen an den Symptomen herum. Wir als Polizeigewerkschaft in Rheinland-Pfalz sprechen schon länger über das Problem: Warum kommt es überhaupt zu respektlosem und übergriffigem Verhalten Menschen gegenüber, die sich für den Staat engagieren? Und wir brauchen vor allem eine breite Diskussion über Lösungen.
Und dass es überhaupt eine Kampagne braucht, mit der man um Respekt bittet, ist auch ein Signal, dass wir in unserer Gesellschaft Gefahr laufen, zunehmend respektloser insgesamt miteinander umzugehen.
Ich habe manchmal das Gefühl, dass es in der Öffentlichkeit und in der Gesellschaft gar nicht mehr so klar ist: Welchen Auftrag hat Polizei denn eigentlich?

SWR1: Aber das klingt schon relativ abstrakt. Wie können denn Lösungen aussehen? Geht es da auch um Schutzausrüstung, psychologische Betreuung, Bodycams?
Kunz: Ich glaube, wir brauchen beides. Wir brauchen zunächst einmal eine gesellschaftliche Diskussion. Ich will jetzt nur die Polizei fokussieren. Welche Aufgabe die Polizei eigentlich überhaupt hat, welche Befugnisse ihr dabei zustehen und dass sie als Träger des Gewaltmonopols eben auch mal mit Gewalt eingreifen muss, dass das unschöne Bilder produzieren kann, dass es aber auch zur Einschränkung von Freiheitsrechten einzelner oder größere Gruppen kommen kann. Ich habe manchmal das Gefühl, dass es in der Öffentlichkeit und in der Gesellschaft gar nicht mehr so klar ist: Welchen Auftrag hat Polizei denn eigentlich?
SWR1: An der Stelle möchte ich verweisen auf die Studie zuletzt, dass Polizeigewalt zum Beispiel selten aufgearbeitet wird. Es gibt auch immer wieder Diskriminierungsvorwürfe oder rechtsextreme Fälle aus dem Bereich der Polizei. Muss die Polizei vielleicht auch selbst kritischer werden?
Kunz: Ich glaube, Rheinland-Pfalz kann ich ganz selbstbewusst sagen: das tun wir. Wir haben ja wegen der Diskussionen, die im Jahr 2020 schon aufgekommen sind, und da lagen die Zwischenergebnisse der Singelnstein-Studie bereits vor, die nach Wahrnehmungsmustern gefragt hat: Hast du schon mal Gewalt durch Polizei erlebt und hast du das als rechtswidrig oder rechtmäßig empfunden? Aber darum soll es am Ende gar nicht gehen.
Wenn Menschen die Empfindungen haben, dass Polizei etwas tut, was nicht richtig ist, dann muss man sich natürlich dem auch öffnen. Das haben wir in Rheinland Pfalz auch getan und haben eine breit angelegte externe Studie als Gewerkschaft gefordert und auch bekommen, die die Polizei insgesamt unter die Lupe nimmt. 2024 werden wir die Ergebnisse haben.
SWR1: Das heißt, zurück zu "Die Polizei, dein Freund und Helfer"?
Kunz: Genau. Wir müssen der Frage nachgehen, welche Rolle hat die Polizei in unserer Gesellschaft, welche Aufgaben hat sie letztlich und welche Kompetenzen stehen ihr dabei zu? Und auf der anderen brauchen wir auch eine Schutzausrüstung und eine dienstunfallrechtliche Fürsorge. Das ist natürlich ein sehr staatlicher Begriff, das ist mir bewusst die den Kolleginnen und Kollegen im Einsatz auch Rechnung trägt.
Also momentan ist das Dienstunfall-Recht sehr bürokratisch ausgerichtet und in vielen Fällen wird der Dienstunfall einfach nicht anerkannt und durch den Verwaltungsakt abgelehnt. Da wünschen wir uns, dass der Gesetzgeber reagiert und das Ganze auch wesentlich kollegenfreundlicher auflegt.
Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Claudia Deeg.