Zum Beispiel an einer staatlichen Schule wie dem Ketteler-Kolleg in Mainz, das auch als Abendgymnasium den Weg zum Abitur anbietet. Über die Voraussetzungen und den Weg zum Abschluss haben wir mit Schulleiter Thomas Jacob gesprochen.
SWR1: Welche Voraussetzungen braucht man, um bei Ihnen Abitur machen zu wollen?
Thomas Jacob: Sie müssen mindestens 18 Jahre alt sein, volljährig. Außerdem müssen Sie mindestens einen Hauptschulabschluss haben, zwei Jahre aus dem ersten Bildungsweg raus sein und in der Zeit entweder eine abgeschlossene Berufsausbildung erlangt haben oder aber berufstätig gewesen sein. Es gibt auch noch andere Zeiten, die anerkannt werden, wie zum Beispiel Erziehungszeit, Pflege von Familienangehörigen im eigenen Haushalt. Und natürlich dann, wenn Sie irgendeinen Freiwilligen- oder Wehrdienst geleistet haben.
SWR1: Sie bieten einmal im Jahr auch sogenannte Vorkurse an. Für wen ist das gedacht?
Jacob: Die richten sich speziell an die Menschen, die sich mit einem Hauptschulabschluss bewerben. Die fangen dann immer im zweiten Halbjahr des laufenden Schuljahres an. Die Teilnehmer haben einen etwas abgespeckten Schulalltag, etwas weniger Fächer und müssen dann über die entsprechenden Leistungen beweisen, dass sie prinzipiell in der Lage sind, dem Unterricht in der gymnasialen Oberstufe folgen zu können.
SWR1: Bei Ihnen geht es um 17:10 Uhr los. Das ist hart…
Jacob: 17:10 Uhr ist hart. Das ist für die Menschen, die das nebenberuflich machen, am Abendgymnasium. Die müssen vier Abende die Woche von 17:10 Uhr bis 22 Uhr bei uns die Schulbank drücken und haben natürlich dann in der Regel schon einen relativ langen Arbeitsalltag hinter sich.
SWR1: Wann erholen sich solche Menschen und wann machen sie dann Hausaufgaben?
Jacob: Das mit der Erholung ist tatsächlich ein Riesenproblem. Hausaufgaben, lernen für Leistungsüberprüfungen, einen Stoff nachbereiten, Unterricht vorbereiten – das kann dann schwerpunktmäßig nur freitags, samstags und sonntags erfolgen. Ansonsten, glaube ich, nur ganz wenig unter der Woche.

SWR1: Hat man eigentlich wie "normale Schüler" auch Leistungskurse in der Oberstufe?
Jacob: Ja, weil der zweite Bildungsweg mit Blick auf das Abitur absolut dem Abitur aus dem ersten Bildungsweg gleichwertig ist. Das heißt, Sie haben die ganz normalen Unterrichtsfächer, bis hin, dass Sie Abiturprüfungen haben, unter den Bedingungen des ersten Bildungsweges. Was die zentralen Prüfungsaufgaben anbelangt, die laden wir auch herunter, und die bekommen unsere Studierenden dann auch natürlich im Abitur vorgelegt.
SWR1: Es geht aber auch das Abitur online zu machen. Wie funktioniert das?
Jacob: Abitur online ist eine "Blended Learning Version". Das heißt, die Hälfte der Zeit findet der Unterricht ganz regulär im Präsenzunterricht in der Schule, im Klassenverband statt. Die übrige Hälfte der Zeit lernt man über eine Online-Plattform.
SWR1: Kann man das Abitur auch hauptberuflich machen?
Jacob: Ja, das geht. Das wäre dann das klassische Kolleg. Das machen Sie dann in Vollzeit. Da müssen Sie dann auch, sollten sie berufstätig sein, aufhören mit ihrer Berufstätigkeit, weil sie dann prinzipiell vom Montag bis Freitag zwischen acht und 17 Uhr Unterricht haben können.
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Hanns Lohmann.