Das Foto zeigt ein weißes Mehrparteienhaus mit grünen Fensterläden. (Foto: SWR, Matthias Zeller)

Der Standpunkt in der Sendung

Aufregung um Wohnungskündigungen in Lörrach

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Lörrach ist bundesweit in den Schlagzeilen und seine Wohnbau-Gesellschaft hunderten Hassmails und tausenden Telefonanrufen ausgesetzt. Das liegt an dem Plan, 30 Sozialwohnungen für Geflüchtete zu räumen und die bisherigen Mietern in moderneren Wohnungen unterzubringen. Die Sache ist rasch zu einem Politikum geworden - mit Wortmeldungen aus der Landes- und Bundespolitik. Dazu der Standpunkt von Matthias Zeller:

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Eines vorneweg: Ich kann verstehen, dass die Betroffenen Mieterinnen und Mieter sich ärgern, dass sie aus ihren Wohnungen ausziehen sollen. Denn natürlich ist da die Sorge: Bekomme ich wirklich wie versprochen, eine bessere und bezahlbare Wohnung? Was im Fall der Wohnbau Lörrach aber sehr auffällig ist: In den meisten Medien sind nicht die Mieter selbst zu Wort gekommen und auch die Hasskommentare im Netz haben rasch gezeigt: Die betroffenen Mieter und mit ihnen die Geflüchteten, die in ihre Wohnungen einziehen sollen, werden zum Spielball der politischen Auseinandersetzung. Das gipfelt im Aufruf der AfD-Bundessprecherin Alice Weidel an den Lörracher OB, sich der Asylpolitik der Bundesregierung zu verweigern. Das ist - nebenbei - eine Aufforderung zum Gesetzesbruch. Was die vielen, die jetzt bundesweit über Lörrach herziehen, nicht wissen: Die Wohnbau Lörrach hat einen glänzenden Ruf, auch was die Betreuung ihrer Mieterinnen und Mieter angeht. Und sie hat bereits mehrfach noch größere Bewohnergruppen zur Zufriedenheit fast aller umquartiert wegen der Unterbringung von Geflüchteten oder erst kürzlich wegen Sanierungen. Hätten es Stadt und Wohnbau denn umgekehrt machen sollen, die Geflüchteten in moderne Wohnungen unterbringen und die Wohnbau Mieter in alten Häusern wohnen lassen? Wie groß wäre dann der Aufschrei gewesen? Über einen Fall wie in Lörrach ließe sich bei uns im Land jede zweite Woche berichten. Denn hinter der Aufregung stehen zwei politische Fragen, die das Potenzial zu sozialem Sprengstoff haben und letztlich in der Hauptstadt entschieden werden. Wie viele Geflüchtete auch aus der Ukraine sollen ins Land gelassen werden? Und was tun gegen die Wohnungsnot? Lörrach steht hier nur stellvertretend für ganz Deutschland und Hasskommentare lösen nichts. Ganz im Gegenteil.

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