Baden-Württemberg muss Klimaziele umsetzen
Wie der Bund und alle Bundesländer wurde auch Baden-Württemberg vom Bundesverfassungsgericht dazu verpflichtet, seinen Teil zur Erreichung der Klimaziele beizutragen. Die Landesregierung will bis 2030 die Treibhausgasemissionen um 65 Prozent im Vergleich zu den Gesamtemissionen von 1990 senken, 2040 will Baden-Württemberg bei netto null Treibhausgasemissionen ankommen. Festgeschrieben ist das im Klimaschutzgesetz von Baden-Württemberg, das gerade weiterentwickelt wird.
Im Gesetzesentwurf werden für die entscheidenden gesellschaftlichen Bereiche klare Ziele definiert: unter anderem für die Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft, Abfallwirtschaft und Sonstiges. Ob das gelingt, ob wir diese Zwischenziele erreichen, hängt davon ab, wie konkret die Vorgaben sind und wie gut sie umgesetzt werden.
Atmosphärenphysiker und Klimaforscher Markus Rex gibt einen Einblick, wie es in Bezug auf die Treibhausgase um unsere Atmosphäre steht und was er sich von der Weltklimakonferenz erhofft.
Wärmewende: Heizen und Dämmen
Aktuell beheizen die Menschen in Baden-Württemberg zwei von drei Wohnungen mit Öl oder Gas. Die Landesregierung will die dabei freiwerdenden Emissionen bis 2030 halbieren und bis 2040 sogar ganz auf Gas, Öl und Kohle verzichten. Dafür ist mehr Wärme aus erneuerbaren Energien (z.B. Biogas, Geothermie oder Solarthermie) nötig. Um gleichzeitig Energie einzusparen, braucht es gut verpackte und gedämmte Häuser. Aktuell werden trotz Fördermaßnahmen des Bunds und des Lands pro Jahr nur 1,5 Prozent der Altbauten wärmetechnisch saniert. Es fehlen Material und vor allem auch Fachpersonal.
Aber wo stehen wir jetzt, macht Baden-Württemberg auf einer Skala zwischen eins und zehn genug für die Wärmewende?
»Ich würde Baden-Württemberg in der Gebäudepolitik über die Vergangenheit eine 8,5 geben und für das vorliegende Klimaschutzgesetz eher eine 6. Da ist noch Luft nach oben. Da müssen wir mit den gleichen pfiffigen Ideen, die wir in der Vergangenheit in Baden-Württemberg gesehen haben, voranschreiten.«
Methan in der Landwirtschaft
Auch in der Landwirtschaft will Baden-Württemberg den Ausstoß von Treibhausgasen reduzieren. Der größte Klimakiller sind unsere Rinder und Milchkühe: Jedes Tier pupst und rülpst am Tag mehrere hundert Liter Methan in die Atmosphäre und auch Mist und Gülle setzen Methan frei. Jörg Schindler von der Uni Freiburg ist einer der Sachverständigen, die den Klimafahrplan der Landesregierung überprüfen. Wenn wir weniger Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft wollen, geht das nur mit weniger Tieren und indem die Menschen ihre Ernährung ändern.
»Es sind ja diese Alltagsprodukte, zum Beispiel Butter, Rindfleisch, Käse, die mit enorm hohen Treibhausgasemissionen verbunden sind. Und ich denke, da muss auch von Seiten der Landesregierung eine Kampagne gestartet werden. Da sehe ich noch ziemlich großen Nachholbedarf.«
In Baden-Württemberg wachsen Wälder auf 30 Prozent der Fläche, 40 Prozent wird landwirtschaftlich genutzt, vor allem für Getreide. Helfen könnte in Zukunft, in der Fruchtfolge viel mehr Hülsenfrüchte einzuplanen: Erbsen, Bohnen, Lupinen. Diese entziehen der Atmosphäre Stickstoff. Möglich wäre es außerdem, Flächen doppelt zu nutzen: zum Beispiel Obstplantagen mit Solaranlagen zu überdachen oder Äcker mit Baumreihen zu durchziehen. Im Bereich Landwirtschaft müsse die Landesregierung ihre Klimamaßnahmen schärfen, damit sie rechtzeitig umgesetzt werden, findet Schindler.
Solarenergie und Windkraft: Aktueller Stand in BW
Im Energiebereich will das Land die Treibhausgasemissionen bis 2030 auf ein Viertel reduzieren. Dafür plant die Landesregierung, insgesamt zwei Prozent der Landesfläche für Windenergieanlagen und Freiflächen-Photovoltaik freizugeben. Zu wenig, findet Systemanalytikerin Maike Schmidt, Mitglied des Sachverständigenrats. Sie plädiert dafür, fünf Prozent der Landesfläche für erneuerbare Energien bereitzustellen, vor allen Dingen für Windenergieanlagen. Aktuell gehört Baden-Württemberg im bundesweiten Vergleich zu den Schlusslichtern. Unter anderem durch Digitalisierung will die Landesregierung die Genehmigungsverfahren für Windräder verkürzen – im Moment wartet man auf eine Genehmigung noch bis zu sieben Jahre.
»Da bräuchten wir eigentlich eine Aufstockung in den Genehmigungsbehörden, damit die das personell besser abarbeiten können. Weil wenn da die Mengen an Anträgen kommen, die wir eigentlich brauchen, um die entsprechenden Anlagen zu bauen, dann wird das Personal überfordert sein.«
Schmidt betont: auch in Sachen grüner Wasserstoff muss Baden-Württemberg den Turbo einlegen. Wir brauchen ihn u.a. zur Speicherung von erneuerbaren Energien wie Wind und Sonne. Anders ist der geplante Kohleausstieg 2030 nicht möglich.