Studentin Lea berichtet von ihrem Alltag

"Der Semesterauftakt war chaotisch"

Stand
AUTOR/IN
Lea Karamanlis

Vieles läuft anders in diesen Tagen und Wochen - auch an den Unis bei uns im Land. Lea studiert BWL Industrie - Industrielles Servicemanagement. Sie schildert, wie sie die letzten Tage und Wochen erlebt hat:

Morgens noch die letzten Unterlagen einpacken, dann schnell los, um die Bahn nicht zu verpassen, auf dem Weg zur Uni noch kurz einen Kaffee holen – so startete bei mir und vielen weiteren Studenten der Alltag. Aber dieser hat sich aufgrund der Corona-Krise verändert.  

Chaotischer Semesterauftakt aus dem Homeoffice  

An meiner Hochschule in Stuttgart erfolgte der Semesterauftakt am 15. März 2020 nicht wie üblich in den Kursräumen. Das 2. Semester für den Studiengang BWL - Industrie Industrielles Servicemanagement wurde mit einer Videokonferenz eröffnet. Dies gestaltete sich zunächst problematisch und sowohl die Dozenten, als auch die Studenten wurden vor technische Herausforderungen gestellt.  

 »Mein Mikrofon funktioniert nicht.« - »Wir hören sie nicht mehr.« - »Wir können Ihren Bildschirm nicht mehr sehen.« - »Bin schon wieder rausgeflogen, kann bitte jemand Bescheid geben?« - »Kommt er jetzt nochmal oder ist die Vorlesung damit beendet?«

Anhand dieser Aussagen wird klar, dass wir nicht selten mit einem Fragezeichen vor dem Bildschirm saßen. Zudem genoss nicht jeder den Luxus daheim in seinem Homeoffice zu arbeiten. Einem Kommilitonen war es aufgrund der kurzfristig erhängten Flugverbote nicht möglich aus seinem Urlaub zurückzukehren. Nun saß er ohne technisches Equipment, mit fehlenden Unterlagen und einer schlechten Internetverbindung bis auf Weiteres in Namibia fest. Diese Umstände erschwerten die Teilnahme am Vorlesungsbetrieb extrem.  

»Da ich so viel zum Nachholen hatte, wusste ich gar nicht wo ich anfangen sollte. Die Uni hat so fern gewirkt und ich hatte in dem Moment auch Wichtigeres zu tun, wie zum Beispiel den Rückflug planen und mit der Botschaft telefonieren.«

Dennoch war klar, sich zu beschweren half nicht weiter. Keiner der Beteiligten hatte sich diese Situation ausgesucht, daher waren wir angehalten das Beste daraus zu machen.  

Improvisation ist gefragt 

Manche Dozenten versuchten sich an selbstgebastelten Tafeln, andere zeichneten auf ein Blatt Papier, um es anschließend in die Kamera zu halten. In der Veranstaltung Logistik wurde zum Beispiel der Begriff Leanmanagement anhand der Zubereitung eines Kaffees daheim vor dem Laptop erklärt. Dozenten und Studenten mussten kreativ werden und so gelang es allen Beteiligten nach ein paar Anläufen einen einigermaßen geregelten Vorlesungsbetrieb stattfinden zu lassen. 

Stuttgart: Ein Hörsaal der Universität Stuttgart. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)

Abgefahrene Prüfungssituation 

Nachdem die Inhalte nun digital übermittelt wurden, stand eine große Frage im Raum: Finden die Klausuren statt und wenn ja, wie soll das gehen?  

Nachdem verschiedene Szenarien abgewogen wurden, entschied sich die Hochschule für die Open Book Klausuren. Wir sollten unsere Klausuren also ebenfalls online schreiben und hatten dabei alle Vorlesungsmaterialien und das Internet zur Hilfe. Die Aufgabenstellungen veränderten sich in Richtung Transferaufgaben. Es machte wenig Sinn Definitionen abzufragen, wenn wir sie einfach nachschlagen konnten. Als dies bekannt wurde, tauchten bei mir einige Fragen auf: Wie bereite ich mich auf diese Art von Klausuren vor?  Schreibe ich dann am Laptop oder fotografiere ich meine Klausur ab? 

Open Book Klausuren online

Wir bekamen am Tag zuvor einen Link per Mail zugeschickt, mit dem wir uns am Prüfungstag 15 Minuten vor Beginn der Klausur einwählen konnten. Beaufsichtigt wurden wir also digital und diese Aufsicht ging mit uns die organisatorischen Dinge vor der Klausur durch. 

Bitte halten sie ihren Studierendenausweis in die Kamera. Sind sie gesund und fähig die Klausur zu schreiben? Wenn ja, bitte nicken. Bestätigen sie mit einem Kopfnicken, dass sich keine weitere Person im Raum befindet. Bitte schalten sie ihr Mikrofon aus und achten sie darauf, dass ihre Kamera an bleibt. Falls sie auf die Toilette müssen, haben sie die Möglichkeit in den Chat zu schreiben. Warten sie auf meine Erlaubnis, da sie immer nur einzeln gehen dürfen. 

Anschließend schauten wir angespannt auf unsere Bildschirme, klickten alle fünf Sekunden auf aktualisieren, damit wir auch ja nicht die Veröffentlichung der Klausur verpassten. 

Nun begann die reguläre Bearbeitungszeit und wir konnten nur hoffen, dass uns die Technik keinen Strich durch die Rechnung macht. Anschließend erhielten wir 10 Minuten, um unsere Unterlagen auf Moodle hochzuladen. Das gelang uns mal mehr und mal weniger gut. Wenn wir die Klausur auf einem Word-Dokument bearbeiteten, erfolgte das Abspeichern und Hochladen sehr gut. Es war ebenso möglich die Klausur per Hand zu schreiben, sie anschließend mit Hilfe einer App abzufotografieren und in eine PDF zu konvertieren. Aufwändig, aber machbar.  

Wann kommt die Normalität zurück?

Nachdem alles hochgeladen war, warteten wir auf eine Bestätigung seitens der Hochschule und wurden dann aus der Videokonferenz entlassen. 

Dieses Prozedere war für keinen einfach und ich persönlich konnte mich auch nicht daran gewöhnen. Dennoch haben sich alle Beteiligten Mühe gegeben und es konnte eine faire Lösung gefunden werden, die wir hoffentlich im dritten Semester nicht erneut anwenden müssen. 

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Lea Karamanlis