So steht es um den Zusammenhalt der Gesellschaft in Baden-Württemberg

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Patrick Neelmeier
Guten Morgen Baden-Württemberg Moderator Patrick Neelmeier aus dem SWR1 Team  (Foto: SWR)
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Redakteur Jörg Witzsch aus dem SWR1 Team behält den Überblick in der SWR1 Online-Redaktion. (Foto: SWR, Foto: Nils Wagner/SWR)

Was hält uns als Gesellschaft in Baden-Württemberg eigentlich zusammen? "Nicht mehr so viel", sagt eine Studie der Bertelsmann-Stiftung. Was sind die Gründe?

Die Studie hat schon vor fünf und vor drei Jahren den Zusammenhalt bei uns im Land untersucht. Dieses Jahr gab es ein Update - und damit Vergleichsmöglichkeiten, ob und wie weit unsere Gesellschaft auseinander gedriftet ist. Kai Unzicker ist einer der Autoren der Studie - wie sehr bröckelt denn jetzt in der Pandemie der Zusammenhalt bei uns in Baden-Württemberg?

»Der Zusammenhalt in Baden-Württemberg hat, das hat man fast schon erwarten können, in der Pandemie gelitten. Er bröckelt aber noch lange nicht. Da ist noch viel Substanz vorhanden. Aber man sieht eben schon eine deutliche Delle durch die Krisen der letzten Jahre.«

Die Studie der Bertelsmann-Stiftung teilt sich auf drei große Blöcke auf: sie untersucht die Qualität der sozialen Beziehungen, die Verbundenheit der Menschen zueinander und die Bereitschaft, Verantwortung und Solidarität in der Gesellschaft zu zeigen. In all diesen Bereichen, so Unzicker, gebe es nennenswerte Rückgänge:

»Die Zahl der Kontakte mit den eigenen Freunden hat sich deutlich reduziert, das Gefühl, dazuzugehören, das Gefühl der Verbundenheit mit dem Wohnort. Und die Menschen sind heute weniger stark engagiert, beispielsweise in Vereinen oder Verbänden, als sie das noch vor der Pandemie waren.«

Einkommenschwache, Kranke, Alleinerziehende besonders betroffen

Klare "Bruchlinien", die zeigen, wo unsere Gesellschaft in Baden-Württemberg auseinander driftet, hat die Untersuchung nicht gezeigt. Also nicht Alt vs. Jung, nicht Stadt contra Land, so Unzicker. Aber: klar zu sehen sei, dass es Bevölkerungsgruppen gebe, die besonders stark unter diesem Verlust des Zusammenhalts leiden. Menschen, die in den vergangenen Jahren besonders negative Erfahrungen gemacht hätten.

»Das sind beispielsweise Menschen mit niedrigen Einkommen, Menschen mit niedriger Qualifikation, Leute mit chronischen Erkrankungen, aber auch Alleinerziehende. Oder generell Frauen insgesamt - sie schneiden schlechter ab als die Männer. Da gibt es eine wachsende Ungleichheit in der Bevölkerung. Und bestimmte Risikogruppen sind von diesen Entwicklungen stärker betroffen.«

Die Corona Pandemie hat uns voneinander entfremdet

Was können wir tun, um uns als Gesellschaft wieder aufeinander zu zu bewegen, um unseren Zusammenhalt zu verbessern? Über drei große Themen müssen wir nachdenken, sagt Kai Unzicker.

»Die Pandemie hat vor allen Dingen dafür gesorgt, dass wir weniger Kontakt hatten, dass die Leute weniger miteinander - beispielsweise in Vereinen oder ehrenamtlich - aktiv waren. Wir müssen in der Gesellschaft wieder das Gespräch miteinander suchen.«

Großer Vertrauensverlust in die Politik

Des weiteren sieht Unzicker einen großen Verlust des Vertrauens in Institutionen - in die Politik, auch in die lokale Politik. Da sei es wichtig, eine bessere Form politischer Kommunikation herzustellen: Ziele klarer formulieren und Differenzen und Unsicherheiten klarer kommunizieren. Damit könne man das Vertrauen der Menschen in Politik und demokratische Prozesse wieder zurückgewinnen.

»Wir müssen uns darum kümmern, dass möglichst wenig Leute durch diese sozialen Netze hindurchfallen, dass die Chancen für Teilhabe am Leben auch gerade für die Gruppen, denen es heute schlecht geht, auch in Zukunft wieder besser werden.«

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