Thomas Schmidt (Foto: SWR)

Ein persönlicher Nachruf von Wolfgang Heim

"Alles andere wird plötzlich klein und unwichtig"

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AUTOR/IN
Wolfgang Heim
SWR1 Leute-Moderator Wolfgang Heim (Foto: SWR, SWR1)

Es gibt Nachrichten, die alles andere mit einem Schlag klein und unwichtig machen. Ich bekam diese Nachricht abends kurz vor acht. Michel Ries rief mich an. Es war ein Schock, für mich, für alle in der Redaktion, für Freunde, Kollegen, für Hörerinnen und Hörer.

Wir beide haben uns unfassbar lange gekannt, fast 35 Jahre. Wir waren nicht beste Freunde, aber wir mochten uns und haben, was das Radio angeht, ähnlich getickt. Als Thomas noch die Frühsendung moderierte, war ich oft bei ihm im Studio, um auf die Leute-Sendung hinzuweisen. Es war ein stillschweigendes Arrangement, das immer funktioniert hat: "Nix schriftliches" – und: "Frag, was Du willst"!

Thomas war, wenn das Mikro aus war, ein guter Zuhörer und ein genauer Beobachter. Als wir während der Olympischen Spiele zusammen in Barcelona waren, in einem Ambiente, in dem sehr viele eitle und vermeintlich wichtige Menschen unterwegs waren,  lächelte Thomas über die Köpfe hinweg und still in sich hinein.

Dinge mit Niveau leicht zu machen, gehört mit zum schwierigsten, das es in unserem Beruf gibt. Thomas hat, lange bevor die Populisten und Selbstgerechten unserer Zeit durchs Netz brüllten, die Figur des Jupp Kölsch aus Nippes erfunden: ein selbstverliebter Spießer, der nur die eigenen Maßstäbe gelten lässt und sich selbst genügt. Und Thomas konnte aus Musikmoderationen Kleinstkunstwerke machen. Den Titel „Bello e Impossibile“ kündigte er an mit dem Satz: „Gianna Nannini hat einen neuen Hund!“

Radio war schon immer sein Traum – und Radio wurde sein großes Glück. Alternativ hätte er bis zur Rente die Versicherungsbeiträge anderer Leute durchrechnen müssen - so spülte ihn ein gnädiges Schicksal erst ins SDR-Studio Mannheim und dann zu SDR3 nach Stuttgart. Es waren herrliche Zeiten mit großen Freiräumen, in denen man auch mal Grenzen verschieben und Formate sprengen konnte, ideal für einen  Freigeist wie ihn. Dann – nach der Fusion und einem kurzen Intermezzo bei SWR3 in Baden-Baden - viele Jahre bei SWR1 Baden-Württemberg in Stuttgart. Viele Jahre Frühsendungen, später dann der Wechsel in den Nachmittag und in den Abend und als Krönung: "Schmidts Samstag". Und bei allem, was er tat: Immer konzentriert, immer souverän, immer professionell.

Müsste man eine Hitparade machen der Besten und der Beliebtesten, der Freundlichsten und der Kreativsten und der Kollegialsten – Thomas wäre ganz weit vorne.