Discothek (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)

Erinnerungen eines Großstadt-DJs

"Ich fand Dorfdiscos toll"

Stand
AUTOR/IN
Rene Hagdorn

Neon-Shirt unterm Netzhemd, Karottenjeans, Segelschuhe und Miami-Vice-Schulterpolster-Jacket - das war die Disco-Uniform der End-80er/Anfang-90er Jahre. SWR1 Redakteur Rene Hagdorn war damals DJ und erinnert sich an seine Jobs als Plattenunterhalter in den Dorfdiscos rund um Stuttgart.

"Wir sind vor Coolness fast auf der Tanzfläche festgefroren"

In der Disco hat man gefeiert, getrunken und den Partner fürs Leben – oder auch nur für eine Nacht – gesucht. Der Soundtrack dazu kam aus der DJ-Kanzel – dem Allerheiligsten der Disco, zu dem nur die auserwähltesten Gäste Zutritt hatten.

Als Großstadt-DJ bin ich eigentlich immer gerne ab und zu mal raus aufs Land gefahren. Warum? Weil Das Publikum in den Landdiscotheken viel dankbarer war als die verwöhnten Club-Besucher in der City. Dabei konnten viele Dorfdiscos technisch gesehen mit den coolen Clubs in Stuttgart nicht nur  mithalten – im Gegenteil: oft waren sie sogar moderner ausgestattet. Laserlicht, bombastische Nebelkanone, riesige Tanzflächen, Soundanlagen, die dir das Ohr weggeblasen haben (damals stand noch niemand mit einem Dezibel-Messgerät da und hat gecheckt, wie laut Du bist). Dazu gab es gerade in den Großraumdiscos auf dem Land mehrere Dancefloors, Bars, Bistros – sprich: alles auf einem Fleck, was für einen abwechslungsreichen Partyabend so nötig war.

Ja – eigentlich habe ich echt gerne auf dem Land gespielt.

Ok – musikalisch war es nicht immer ganz so anspruchsvoll. Eher Hausmannskost als urbaner Großstadtsound – aber hey:

"Das wichtigste war, dass die Leute gezappelt haben – denn dafür habe ich aufgelegt."

Ich wollte die Menge zum Tanzen bringen. Weil nichts für einen Discjockey schlimmer ist als gelangweilte Gäste, die dir klar machen: "zu Deiner Musik wackelt nicht mal ein Kuhschwanz". Deshalb lagen bei meinen Ausflügen in die Dorfdiscos auch eher Hits wie "Conga" von Miami Sound Machine oder "Summer of 69" von Brian Adams auf den Plattentellern als der letzte "heiße Scheiss" aus den Undergroundstudios von Detroit oder Chicago.

Dank für die "geile Musik"

Von den DJ-Kollegen aus der Stadt wurde man für solche Gigs oft belächelt – das war mir aber meistens egal. Wenn nämlich am Ende einer langen Nacht der Dorfdisco-Pate mit einem Lächeln und einem Getränk zu mir ins Allerheiligste gestiegen ist um sich im Namen seiner Freunde, Frauen und Geschäftspartner für die geile Musik zu bedanken, dann hat mir das mehr geschmeichelt als das zähe Ende einer Clubnacht in der City, in der morgens um 7 die letzten Besoffenen aus dem Laden geschmissen wurden, damit das Barpersonal endlich Feierabend machen konnte.

Jawoll – ich bekenne: ich fand die Dorfdiscos toll!!

Egal ob es das Olymp in Enzweihingen, das Flic Flac in Gerlingen, der Rheinpark in Germersheim oder   das Cafe Cairo in Pforzheim war – es war immer ein Mega-Spaß als Großstadt-DJ raus aufs Land zu fahren, um dort für dankbare Gäste tolle Musik zu spielen.

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Rene Hagdorn