"Häufigster Fehler: zu ungenaue Angaben"

So klappt´s mit Soforthilfen und zinslosen Darlehen

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AUTOR/IN
Knut Bauer

Keine Gäste in Restaurants, keine Kunden beim Friseur oder im Buchladen und keine Auftritte mehr für Musiker oder Kabarretisten. Viele Selbstständige und Kleinbetriebe sind in ihrer Existenz bedroht. Deshalb gibt es Soforthilfen für Betroffene: vom Bund und - schon etwas länger - vom Land Baden-Württemberg. Dort sind bereits mehr als 120.000 Anträge gestellt worden. Fragen an Knut Bauer aus unserer Landespolitik-Redaktion.

Wie ist die aktuelle Situation rund um die Anträge?

Es gibt einen Riesenansturm auf die Corona-Soforthilfen – Server brechen zusammen, Hotlines sind permanent überlastet. Auch mit den Anträgen kommen manche Betriebe nicht klar, der häufigste Fehler ist laut Industrie- und Handelskammer, dass die Angaben zu ungenau sind.

Die Liquiditäts-Lücke muss auf jeden Fall plausibel sein. Wichtig ist daher trotz aller finanzieller Not, dass die Angaben stimmen. Steuerberater warnen vor überhöhten Betriebsausgaben gerade bei Solo-Selbstständigen. Sonst drohen bei einer späteren Prüfung Bußgelder wegen Subventionsbetrugs.

Und dann kann die Sofort-Hilfen eben leider nicht allen wirklich helfen. Besonders schwer haben es Künstler, weil sie auf einen Schlag keine Einnahmen mehr haben, auf der anderen Seite aber auch keine hohen Betriebs-Ausgaben. Da kann es sein, dass bei einem Antrag vielleicht nur ein paar hundert Euro Soforthilfe zur Verfügung gestellt werden.

Jetzt gibt es auch Bundeshilfen - kann man zweimal Anträge stellen?

Nein, es gibt nur einmal Zuschüsse: Was da ausgeschüttet wird, das verrechnen Bund und Land untereinander. Daneben gibt es noch eine Besonderheit in Baden-Württemberg – ein spezielles Landesprogramm für mittlere Unternehmen bis zu 50 Beschäftigte. Das läuft unabhängig von den Bundeshilfen weiter.

Wie sehen die Hilfen für Soloselbstständige und kleine Betriebe konkret aus?

Sie können seit Mitte letzter Woche Corona-Soforthilfen beantragen. Bis zu 9.000 Euro Zuschuss gibt es für Selbstständige und Kleinbetriebe mit maximal 5 Beschäftigte. 15.000 Euro Fördersumme sind es für Unternehmen bis 10 Beschäftigte und – eine Besonderheit des Soforthilfeprogramms in Baden-Württemberg – bis zu 30.000 Euro gibt es für mittlere Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigte.

Anfangs ist bei den Anträgen auch das private Vermögen geprüft und bei den Soforthilfen mitberechnet worden. Geld gab es also erst, wenn das Privatvermögen aufgebraucht war. Das ist geändert worden: die Antragssteller müssen jetzt nur noch nachweisen, dass ihre laufenden Betriebs-Einnahmen nicht ausreichen, um die laufenden Kosten des Unternehmens zu decken. Viele Selbstständige in Baden-Württemberg hatten sich beschwert und kritisiert, dass sie nun dafür bestraft werden, wenn sie gut gewirtschaftet und sich für die Altersvorsorge etwas beiseitegeschafft haben. Das ist nun erledigt und gilt auch rückwirkend für Anträge, die bereits letzte Woche gestellt worden sind. 

Wie ist das mit mittelgroßen Betrieben mit 50 bis 250 Mitarbeitern?

Für mittelgroße Unternehmen bis 250 Beschäftigte gibt es diese Soforthilfen wegen der Corona-Krise nicht. Es gibt andere Fördermöglichkeiten, zum Beispiel Landesbürgschaften über die L-Bank. Damit können die Betriebe Engpässe zu überbrücken und günstige Kredite aufnehmen. Wegen der Corona-Krise bürgen das Land und die L-Bank mit 80 Prozent für die Unternehmen, vorher lag die Quote bei 50 Prozent. Aber: die Bürgschaft gibt es nur, wenn auch die Hausbanken des Unternehmens mitmachen. Deshalb fordern die Grünen in Baden-Württemberg, die Soforthilfen auch auf mittelständische Betriebe auszuweiten, weil rund ein Drittel der Beschäftigten in Baden-Württemberg in solchen Betrieben arbeiten.      

Update 3.4.2020: Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) will in der Corona-Krise nun auch mittelständischen Unternehmen Finanzhilfen anbieten. Bis zu 750.000 Euro soll jedes Unternehmen erhalten können. Im SWR1 Interview mit Petra Klein erklärt sie, welche Voraussetzungen die Unternehmen für diese Hilfen erfüllen müssen.

In Baden-Württemberg gibt es viele Landwirte – bekommen die auch Unterstützung?

Das ist eine wichtige Erweiterung: Auch Landwirte können jetzt Corona-Soforthilfen beantragen, also beispielsweise auch Betriebe mit Sonderkulturen wie Obstbauern oder Winzer. Dabei gelten die gleichen Regeln wie für Solo-Selbstständige und Kleinbetriebe. Das heißt: 9000 Euro mit maximal 5 Beschäftigten. 15 000 Euro Zuschuss für Unternehmen bis 10 Mitarbeiter und bis zu 30 000 Euro gibt es für mittlere Betriebe bis zu 50 Beschäftigte, bezogen auf drei Monate.
Die Anträge gehen wie bei den anderen Betrieben auch über das Wirtschaftsministerium, und da gilt wie bei allen anderen: Geduld aufbringen. Die IHK geht in ganz Baden-Württemberg von 300.000 Selbstständigen und Kleinbetrieben aus, die antragsberechtigt sind. Fast die Hälfte davon hat bereits einen Antrag gestellt. Da gibt es also einen gewaltigen Antrags-Stau. Die ersten 400 Anträge sind inzwischen bewilligt und mehr als vier Millionen Euro Zuschuss ausbezahlt worden. Damit es möglichst schnell geht, ist es wichtig, die Anträge vollständig auszufüllen und vor allem mit Unterschrift hochzuladen. Die IHK hat in den ersten Tagen festgestellt, dass eine Reihe von Anträgen nicht komplett ausgefüllt oder nicht unterschrieben waren.      

Kaum zu glauben: aber inzwischen gibt es auch Betrüger, die Unternehmen in Not abzocken wollen?

Das ist schon ziemlich perfide: in Bedrängnis geratene Unternehmen werden auf bestimmten Internet-Seiten aufgefordert, Formulare auszufüllen und hochzuladen. Teilweise werden Selbstständige auch angerufen, angeblich von einer offiziellen Stelle zur Abwicklung von Soforthilfen. Das Landeskriminalamt warnt jetzt ausdrücklich vor dieser Betrugsmasche, denn offizielle Stellen sind ausschließlich das Wirtschaftsministerium und die IHK. Also auch in der Verzweiflung keine anderen Seiten aufrufen, weil die offiziellen Internet-Portale mal wieder zusammenbrechen oder die Hotline dauerbelegt ist. Auf diesen gefälschten Portalen haben es Betrüger auf echte Firmen-Daten abgesehen, um dann mit der Angabe eines anderen Kontos die Zuschüsse selbst abzugreifen

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