Freiburger Virologe im Interview

Fragen und Antworten zum Corona-Virus

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Marcus Panning von der Uniklinik Freiburg ist Virologe und beantwortete (Stand: 12.2.2020) die wichtigsten Fragen der SWR1 Hörer rund um der Thema "Corona-Virus"

Verläuft die Krankheit denn in jedem Fall tödlich?

Panning: Nein, die Krankheit verläuft nicht in jedem Fall tödlich. Wie man zur Zeit weiß, betrifft das nur einen sehr geringen Prozentsatz aller infizierten und erkrankten Personen.
Wie hoch der Prozentsatz ist lässt sich im Moment leider schwer sagen. In der Literatur werden Zahlen von 2-4 % angegeben, aber man muss deutlich davor warnen - diese Zahlen sind bisher sehr undeutlich und beziehen sich nur auf die Fälle, die man tatsächlich gesehen hat. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Todesfallrate noch deutlich sinkt, allerdings gibt es im Moment noch keine richtigen Zahlen.

Gibt es denn auch Erkrankte, die wieder völlig gesund werden?

Panning: Ja, es gibt auch sehr viele Erkrankte, die wieder vollkommen gesund werden. Ein Paradebeispiel sind hier die Münchner Patienten, aber auch aus China gibt es sehr viele Patienten– die meisten eigentlich - die wieder vollständig gesund werden.

Sind die Erkrankten nach der Ausheilung immun und nicht mehr ansteckend?

Panning: Die Patienten sind nach überstandener Erkrankung definitiv nicht mehr ansteckend, ob eine langandauernde Immunität gegen eine wiederholte Infektion besteht, lässt sich derzeit leider noch nicht beantworten.  

Wie werden die Erkrankten eigentlich behandelt?

Panning: Die Erkrankten werden zurzeit rein symptomatisch behandelt, dass heißt es werden die Symptome behandelt. Fiebersenkende Maßnahmen wären zum Beispiel ein Mittel. Wenn jemand Schwierigkeiten hat Luft zu bekommen, kann auch zusätzlich Sauerstoff gegeben werden – bis hin zu intensivmedizinischen Maßnahmen.

Das heißt, es gibt im Moment kein Mittel gegen diese Krankheit? Der Körper muss dagegen ganz allein ankommen?

Panning: Richtig, im Moment gibt es keine spezifische Therapie gegen dieses Virus, sowie man das auch bei vielen anderen viralen Erkrankungen hat.

Stimmt es, dass das Virus bis zu 9 Tage an Klinken und ähnlichem im öffentlichen Raum überleben kann?

Panning: Das muss man ein bisschen mit Vorsicht genießen. Das ist eine jüngere Studie, die alte Daten zusammengetragen hat. Das neue Corona-Virus ist in dieser Untersuchung noch nicht eingegangen. Man geht aber mittlerweile davon aus, dass es mehrere Stunden auf Oberflächen infektiös bleiben kann. Ob das im Einzelfall bis zu 9 Tage sein können, ist noch unklar.

Wann werden wir denn voraussichtlich ein wirksames Mittel gegen das Corona-Virus auf dem Markt haben?

Panning: Auch diese Frage ist schwierig zu beantworten. Es gibt verschiedene Prototypen, die in der Entwicklung sind. Allerdings muss man, bevor ein Medikament verfügbar ist, erst klinische Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit durchführen und das dauert Monate.

Wie gut sind wir denn hier vorbereitet? Gibt es Grund zur Sorge?

Panning: Ich denke, wir sind sehr gut vorbereitet, wir haben in Deutschland ein sehr gut funktionierendes Gesundheitssystem. Alle sind im Prinzip bereit. Die Fälle in München zeigen, denke ich, dass man sehr gut aufgestellt ist und entsprechend reagieren kann.

Was kann Deutschland tun, um sich zu schützen? Welche Maßnahmen würden Sie denn Politikern raten?

Panning: Ich denke, dass wir die notwendigen Rezepte schon lange in der Tasche haben, das sind die sogenannten Pandemie-Pläne. Alles Weitere muss man abwarten. Aber ich bin zuversichtlich, dass wir hier sehr gut aufgestellt sind.

Warum wird für die herkömmliche Grippe keine Stadt abgeriegelt oder Flüge gestrichen - wo ist der Unterschied zu Corona?

Panning: Der Unterschied ist darin zu sehen, dass wir die Grippe oder die Influenza bereits seit über 100 Jahren kennen. Das neue Corona Virus ist tatsächlich neu im Körper des Menschen aufgetaucht und dass ist immer eine Situation, die Besorgnis und Unruhe hervorruft. Wir haben in den letzten 20 Jahren schon mehrfach den Übersprung von neuen Corona-Viren in die menschliche Bevölkerung gesehen.
Vor knapp zwanzig Jahren einmal das SARS-Coronavirus und dann das MERS-Coronavirus. Alle haben teilweise schwer verlaufende Erkrankungen hervorgerufen. Deshalb ist man jetzt natürlich in erhöhter Alarmbereitschaft und Aufmerksamkeit nachdem das jetzt zum dritten Mal passiert ist.

Kann es sein, dass in Deutschland mehr Menschen infiziert sind, als bekannt ist? Welche, die das einfach nicht wissen?

Panning: Das ist nicht vollkommen auszuschließen, gleichwohl eher unwahrscheinlich. Die Diagnostik zum Nachweis dieses Erregers ist an vielen verschiedenen Standorten – in Deutschland auch – etabliert. Bisher muss man davon ausgehen, dass vereinzelt tatsächlich Erkrankungen aus den Risikogebieten Chinas nach Deutschland importiert werden. Dort sind alle sehr wachsam und veranlassen auch die entsprechenden Tests, aber mit hundertprozentiger Sicherheit, kann man das natürlich nicht ausschließen.

Es wird fieberhaft nach einem Impfstoff gesucht. Wie groß sind die Hoffnungen und wie lange dauert sowas normalerweise?

Panning: An Impfstoffen arbeitet man schon relativ lange. Bei diesen Coronaviren, auch verursacht durch dieses MERS-Coronavirus, welches im arabischen Raum aufgetaucht ist, sodass man im Prinzip auf die Vorarbeiten zurückgreifen kann.
Dennoch dauert das sicherlich mehrere Monate bis man zu einem Impfstoff-Kandidaten gekommen ist, der dann auch eingesetzt werden kann.
Zuvor müssen natürlich noch klinische Studien durchgeführt werden, sodass es noch mal Monate dauert bis man einen entsprechenden Impfstoff zur Verfügung hat.

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SWR