Meisterhaft versteht es Strunk, von Enttäuschten, Verzweifelten, von Langeweile, Überdruss oder Hass der Zerfressenen zu erzählen. "Wir dürfen das Prekariat nicht RTL2 überlassen", hat er auf seiner Lesung in Stuttgart gesagt. Genau das macht sein neues Buch "Das Teemännchen" so stark, findet SWR1-Redakteur Rainer Hartmann.
Zum Buch
Heinz Strunk schreibt Texte, die ganz normale Menschen zeigen. Passieren tut nicht besonders viel. Auch wenn er einen Frauenmörder beschreibt in seinem Bestseller "Der goldene Handschuh", dann zeigt er keinen Mörder, sondern die Banalität des Bösen. Er beschreibt das Milieu einer Trinkerkneipe auf St. Pauli, wo sich die Gescheiterten und Gestrandeten treffen. Ein Blick in den Abgrund – ja. Aber in den alltäglichen. Und den zeigt die Literatur viel zu selten. Strunk schaut im neuen Buch "Das Teemännchen" dorthin, wo zu wenige hinschauen. Auf Menschen, die "Trübsal blasen und entweder aufs Essen oder den nächsten Schicksalsschlag warten", wie er in einer Geschichte schreibt. Seine Themen sind Einsamkeit, Sexualnot, körperlicher Verfall, Übergewicht.
Die Figuren
Seine Figuren nennt Heinz Strunk Maulwurfsmenschen. So wie Bertolt Brecht in der Dreigroschenoper mal schrieb: "Die einen sind im Dunkeln / und die andern sind im Licht / und man sieht die im Lichte / die im Dunkeln sieht man nicht." Dank Heinz Strunk sieht man plötzlich und schlaglichtartig die im Dunkeln. Er zeigt die Verlierer so direkt, dass es wehtut. Da sitzt ein Mann in seiner ranzigen Bruchbude und verwahrlost. Oder eine Drehbuchautorin labert bei einem Date in der Hotelbar nur über sich, wird immer betrunkener und verfällt im Zeitraffer. Der Mann, mit dem sie sich trifft, findet das abstoßend, fühlt sich plötzlich aber selbst alt und kaputt. Es erlischt, was mal loderte oder wenigstens glomm. Strunks Figuren entwickeln einen Gleichmut gegenüber der Sinnlosigkeit des Lebens. Aber dabei darf auch gelacht werden über böse Schilderungen, über schwarzen Humor.
Das Fazit
Mit der Schublade Klamauk, in die Heinz Strunk von einigen gesteckt wird, hat er nichts am Hut. Er ist ein ernsthafter und ernst zu nehmender Literat. Seine Sprache ist stimmig, und wenn er Banalitäten schildert, ist sein Stil nie banal. Sein Roman "Der goldene Handschuh" war sprachlich ein Meisterwerk. Und wie ein Kritiker kürzlich richtig schrieb: Auch seine neuen Kurzgeschichten funkeln böse, aber wunderbar.