Arbeiter (Foto: IMAGO, Daniel Schäfer)

Kinderbetreuung, Lohnfortzahlung und Kurzarbeit

Die wichtigsten Antworten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

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Busse und Bahnen sind leer, auf den Straßen ist deutlich weniger los und viele Büros sind verwaist. Wer nicht krank ist, arbeitet von zuhause aus. Das geht aber beileibe nicht in jedem Job. Diejenigen, die zuhause sind oder sein müssen, die haben Fragen. Ebenso wie diejenigen, die immer noch raus müssen, um zu arbeiten. Und die Antworten kann uns Arbeitsrechtler Dr. Markus Beckers geben.

Wenn ich zuhause bin, weil mein Arbeitgeber mich heim geschickt hat oder weil ich meine Kinder betreuen muss. Bekomme ich weiter meinen Lohn?

Da muss man differenzieren. Wenn der Arbeitgeber mich nach Hause geschickt hat, bekomme ich auch weiter mein Geld. Wenn ich zuhause bleibe, weil ich meine Kinder betreuen muss - sind die Kinder krank, dann gelten die Kind-Krank-Regelungen, ich kann also bis zu 10 Tage Lohnfortzahlung beanspruchen. Bleibe ich aber zuhause, weil ich die Kinder mangels Kinderbetreuung betreuen muss, dann kann es sein, dass ich einen Lohnausfall habe.

Bekomme ich meinen Lohn, wenn ich nicht krank bin, aber zur Beobachtung in Quarantäne bleiben muss?

Ja, da sieht das Infektionsschutzgesetz eine Regelung vor. Der Arbeitgeber zahlt für 6 Wochen weiter den Lohn aus, bekommt diesen aber von den Behörden, wahrscheinlich von den Gesundheitsämtern erstattet. Nach den 6 Wochen bekommt der Arbeitnehmer von den Gesundheitsbehören eine Ersatzleistung bezahlt, die dem Krankengeld entspricht.

Was ist eigentlich, wenn der öffentliche Nahverkehr weiter eingeschränkt oder sogar eingestellt wird und ich kein Auto habe?

Das sogenannte Wegerisiko, das Risiko den Betrieb zu erreichen, das trägt der Arbeitnehmer. Da muss der Arbeitnehmer selber sicherstellen, dass er den Betrieb erreicht. Erreicht er den Betrieb nicht, bekommt er auch keine Vergütung.

"Wenn Betriebe aufgrund einer Anordnung des Staates schließen müssen, bekomme ich weiter mein Geld."

Ganz wichtiges Thema für Kassiererinnen, Busfahrer usw: Was muss mein Arbeitgeber tun, um meine Gesundheit zu schützen? Welche Pflichten hat er?

Der Arbeitgeber hat eine sogenannte Fürsorgepflicht. Das bedeutet, dass er alles Zumutbare tun muss, um Gesundheitsgefahren für seine Arbeitnehmer abzuwenden. In der Corona-Situation bedeutet das, er muss den Empfehlungen folgen, die das Gesundheitsministerium bzw. das Robert-Koch-Institut herausgegeben hat. Er sollte darauf achten, dass die Hygienemaßnahmen eingehalten werden und Kunden auf Abstand gehalten werden. Das ist nicht immer möglich, im Supermarkt zum Beispiel. Als Friseurin wird man nur schauen können, ob der Kunde merkliche Symptome hat und ihn dann zurückweisen, aber sonst wird man keine Möglichkeiten haben.

Dürfen die Firmen von ihren Mitarbeitern verlangen, dass sie jetzt Überstunden abbauen oder Urlaub nehmen müssen?

Man wird zwischen Überstundenabbau und Urlaub differenzieren müssen. Die aufgebauten Überstunden dienen ja dem Zweck, diese abzubauen, wenn weniger Arbeit da ist. Da wird der Arbeitgeber auch anordnen dürfen, dass die Überstunden abzubauen sind. In manchen Betrieben gelten Betriebsvereinbarungen, da muss man reinschauen, was in diesen Situationen vorgesehen ist. Etwas anderes ist es beim Urlaub. Wenn der Urlaub bereits beantragt und bewilligt ist, kann der Arbeitgeber nicht mehr so einfach davon zurücktreten. Betriebsferien mit dem Betriebsrat zu vereinbaren wäre auch eine Option.

Gibt’s denn in so einer Ausnahmesituation wie jetzt irgendwelche Sonderrechte in Sachen Kündigungsschutz?

Nein, der Kündigungsschutz bleibt unberührt. Bestehender Kündigungsschutz wird nicht eingeschränkt, aber auch nicht erweitert.

Muss mein Arbeitgeber eigentlich sicherstellen, dass ich am Monatsende mein Gehalt bekomme oder kann er auch sagen: Der Betrieb steht still, Gehalt gibt’s wieder in vier Wochen?!

Nein, das kann er nicht. Der Arbeitgeber muss den Arbeitsvertrag einhalten und am Ende des Monats den Betrag auszahlen. Sonst muss der Arbeitnehmer zur Gewerkschaft oder zu einem Anwalt gehen.

Und schauen wir noch auf die Selbständigen: Da hat der Staat ja gesagt, er gibt ihnen großzügig Kredite. Aber das kann ja dauern. Wie kann der Selbständige schnell zu seinem Recht kommen?

Es gibt keine Erfahrungen darüber, wie schnell das jetzt in dieser Ausnahmesituation geht. Die Bundesregierung hat ja viele Maßnahmen vorgesehen, das Wichtigste ist das Kurzarbeitergeld. Der Arbeitgeber muss darüber nachdenken, ob er Kurzarbeit anordnet. Das geht relativ zügig. Das heißt der Arbeitgeber zahlt das Kurzarbeitergeld aus und bekommt es von der Arbeitsagentur erstattet. Inwieweit die weiteren Maßnahmen greifen, das muss man sehen. Hier ist ja versprochen worden, dass die Hilfe sehr schnell kommen soll. Wenn Selbständige Probleme haben ihre Steuern zu bezahlen, dann mit den Finanzämtern sprechen und auf Stundungen hinwirken.

In Frankreich und Italien gibt’s schon eine Ausgangssperre. Bei uns könnte sie noch kommen. Was ändert sich dann - muss ich dann immer noch zur Arbeit?

Mit dem Begriff Ausganssperre muss man vorsichtig sein. Das sind ja streng genommen Aufenthaltsbeschränkungen, die das Infektionsschutzgesetz vorsieht. Da wird man schauen müssen, was genau angeordnet wird. Bisher ist ja verkündet, dass zum Beispiel Supermärkte offen bleiben. In diesen Fällen werden die Arbeitnehmer weiter zu Arbeit gehen. Wenn aber andere Betriebe zu machen müssen, werden auch die Arbeitnehmer zuhause bleiben. Wenn Betriebe aufgrund einer Anordnung des Staates schließen müssen, bekomme ich aber weiter mein Geld.

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SWR