Wie blicken ukrainische Künstlerinnen und Künstler auf den völkerrechtswidrigen russischen Einmarsch in die Ukraine und welche Parallelen lassen sich dabei zum Werk von Otto Dix ziehen? Diesen Fragen geht die Ausstellung im Kunstmuseum Stuttgart nach.
Bombenkrater und idyllische Landschaft
„Verlust wird immer Verlust bleiben. Aber die Schöpfung kann der Vernichtung widerstehen. Vielleicht bauen wir diese Erinnerungsstätte nicht, um zu verhindern, dass es je wieder geschieht. Sondern, weil wir genau wissen, dass es jederzeit wieder geschehen kann. Darum pflanzen wir einen Garten, damit wir etwas zu verlieren haben.“
Diese Worte begleiten die Videoinstallation „This World is Recording“. Auf Bilder von Bombenkratern im Dorf Moshchun folgen Bilder einer grünen, idyllischen Landschaft mit Apfelbäumen.
Ein Bild, das die Gegenwart zeigt
So stellt sich die Künstlerin Katya Buchatska die Zukunft ihrer Heimat vor. Direkt gegenüber, das Gemälde „Safe Place“ von Denys Salivanov , das nicht in die Zukunft schaut, sondern die Gegenwart des zerstörerischen Krieges zeigt. Menschen kauern sich ängstlich unter einer Brücke zusammen, um sich vor Bomben zu schützen.

Kuratorin Oskana Dovgopolova von der Erinnerungsplattform „Past/Future/Art“, die künstlerische Projekte realisiert, um die Öffentlichkeit an der Aufarbeitung der Vergangenheit des Landes teilnehmen zu lassen:
„Dieses Gemälde ist inspiriert von einer kleinen Stadt vor Kiew, wo die russische Armee auf ihrem Vormarsch aufgehalten werden konnte. Damals suchten die Fliehenden Schutz unter den Überresten einer zerstörten Brücke. Diese Stelle wird als Straße des Lebens bezeichnet. Weil, wer es bis dahin geschafft hat, ist mit dem Leben davongekommen.“
Eindrücke zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Diese erschütternden Eindrücke des Krieges im 21. Jahrhundert stehen denen von Otto Dix zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegenüber: Den Verwüstungen, die Dix in seinem Gemälde „Granattrichter mit Leuchtkugeln“ zeigt oder dem düsteren Kriegsgeschehen in seinem berühmten großformatigen Bild „Grabenkrieg“.

Schwere Bedingungen
Soldaten an der Front: einer schaut den Betrachter ängstlich mit weit aufgerissenen Augen an, ein anderer, schwer verletzt, stützt sich auf seinem Gewehr und am unteren Bildrand eine verwesende Leiche. Dix schildert hier seine eigenen Erfahrungen als Schütze an der Front.

Die insgesamt 10 ukrainischen Künstler haben ihre Arbeiten im Winter unter schwersten Bedingungen angefertigt: Bombenalarm, Stromausfall, Kälte. Zwei davon sind sogar nach Polen geflüchtet, weil dort die Arbeitsbedingungen besser sind als in der Ukraine.
Anspielung auf den Zweiten Weltkrieg
Dort entstand die Installation „Mickey Mouse’s Steppe“. Eine spielerische Auseinandersetzung mit dem Thema Panzer, bei der historische Abbildungen mit Zeichnungen collagiert werden.
Das Ganze ist eine Anspielung auf den Zweiten Weltkrieg, als die deutschen Militärs den sowjetischen Panzern den Spitznamen der Disneyfigur gaben, weil die geöffneten Luken sie an deren Mausohren erinnerten.
Dass die Ausstellung überhaupt zustande kam, ist nicht zuletzt der Erinnerungsplattform „Past/Future/Art“ zu verdanken. Deshalb, aber auch wegen Otto Dix war es den ukrainischen Künstlerinnen und Künstlern sehr wichtig, in Stuttgart auszustellen.
From 1914 till Ukraine
Ausstellung im Kunstmuseum Stuttgart bis 23. Juli 2023
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