Bild-Montage mit Spielerberater Mino Raiola, Fußballer Mario Balotelli und Dollarzeichen (Foto: IMAGO, imago/SWR/finally (Montage))

Sport erklärt

Milliardenspiel Fußball: So funktioniert der Transfermarkt

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AUTOR/IN
Philipp Sohmer
Martin Maibücher

Aus dem Spiel Fußball ist ein globales Business geworden. Einzelne Spieler werden für Millionen-Summen zwischen Vereinen gehandelt. Und die Spielerberater verdienen fleißig mit. "Sport erklärt" beleuchtet den milliardenschweren Transfermarkt im Fußball-Business.

Spätestens seit dem Transfer von Neymar Jr. im Jahr 2017 vom FC Barcelona zu Paris St. Germain scheinen die Summen, mit denen auf dem Transfermarkt im Fußball-Business gehandelt wird, kaum mehr greifbar. 222 Millionen Euro für einen Fußballspieler, das hatte es bis dahin noch nicht gegeben.

Der Rekordtransfer von Neymar Jr. ist ein prominentes Beispiel für die schier unaufhaltbare Entwicklung des Transfermarkts. Zumindest vor der Corona-Pandemie. Aber es sind nicht nur die einzelnen, spektakulären Deals, die das Geschäft mit der 'Ware Fußball-Profi' ins Rampenlicht ziehen. Es ist vor allem die Menge an Geld, welches rund um den Globus durch den Kauf und Verkauf von Spielern den Besitzer wechselt. Allein im Jahr 2019 gab es weltweit 18.042 Transfers von Fußball-Profis, bei denen insgesamt 6,5 Milliarden Euro umgesetzt wurden.

So funktioniert ein Transfer

Die FIFA kümmert sich darum, dass bei Transfers alles sauber läuft. Der abgebende und der aufnehmende Club müssen die Daten des Spielers und die Transferdetails in das TMS, das FIFA Transfer Matching System, eingeben. Wenn beide das innerhalb der vorher festgelegten Transferperiode getan haben und die Daten deckungsgleich sind, wird ein Transfer-Zertifikat ausgestellt und die Spielberechtigung für den neuen Club erteilt. Dieser muss nun noch den Nachweis hochladen, dass er die Ablösesumme bezahlt hat und der Transfer ist abgeschlossen. Alles voll elektronisch. Die Zeit von kaputten Faxgeräten, die Transfers platzen ließen, weil ein Zettel nicht rechtzeitig ankam, ist seit Jahren vorbei.

Großteil aller Transfers ohne Ablöse

Auf den ersten Blick überraschend ist, dass nur 11,6 Prozent aller Transfers heutzutage direkte Verkäufe zwischen zwei Clubs sind. Dazu kommen rund 24 Prozent, die mit Leihen zusammenhängen: Neue Leihen, verlängerte Leihen, Rückkehr aus Leihgeschäften oder die Verpflichtung aus einer Leihe heraus. Den größten Teil des Transfergeschäfts bilden jedoch die Transfers nach Ablauf des Vertrags. Fast zwei Drittel (64,3 Prozent) aller Vereinswechsel sind ablösefrei nach Vertragsende.

Das Bosman-Urteil

Und das hat mit einem Belgier zu tun. Jean-Marc Bosman erstritt 1995 vor dem Europäischen Gerichtshof, dass Berufsfußballer nach Ablauf ihres Vertrages ablösefrei den Verein wechseln dürfen. Der belgische Profi Bosman hatte ursprünglich geklagt, weil sein Club ihm durch eine zu hoch angesetzte Ablösesumme den Wechsel zu einem anderen Club verwehrt hatte. Am Ende verbot der Europäische Gerichtshof alle Zahlungen einer Ablösesumme für den Wechsel eines Spielers innerhalb der EU nach Vertragsende. Das Urteil glich einem Erdbeben in der Fußballwelt.

Das bedeutet aber nicht, dass die Geldbörsen bei einem ablösefreien Wechsel verschlossen bleiben. Ein Beispiel: Als Zlatan Ibrahimovic 2017 ablösefrei von Paris St. Germain zu Manchester United wechselte, wurde das richtig teuer. Die Engländer lockten den Schweden mit einem Jahres-Grundgehalt von über 22 Millionen Euro. Plus Tor-Prämie, die Ibrahimovic weitere 3,4 Millionen Euro einbrachte. Die gesparte Ablösesumme wanderte quasi direkt in die Tasche des Spielers. Verhandlungspartner bei dem Deal: Mino Raiola, der Spielerberater von Zlatan Ibrahimovic.

Spielerberater wie Mino Raiola verdienen kräftig mit

Im Milliarden-Geschäft Profifußball nehmen Spielerberater eine immer größere Rolle ein, vor allem bei Vertragsverhandlungen und Transfers. Ein Name, der dabei häufig fällt, ist Mino Raiola. Seit dem Wechsel von Paul Pogba von Juventus Turin zu Manchester United ist Raiola berühmt, in manchen Kreisen auch berüchtigt. Ein Transfer über 105 Millionen Euro. Dabei soll Raiola laut "Football Leaks" satte 49 Millionen Euro verdient haben.

Raiola ist der Berater einer Ansammlung von Top-Stars, die Millionen verdienen und für Ablösen in Millionenhöhe den Verein wechseln. Der Italiener hat sich selbst zum Star einer Szene gemacht, die immer spektakulärere Deals abwickelt. Neben Paul Pogba und Zlatan Ibrahimovic gehören Spieler wie Erling Haaland, Matthijs de Ligt oder Mario Balotelli zu seinen Klienten. Sie haben ihn reich gemacht. Und er hat sie reich gemacht.

Allein für die Vermittlung von Transfers wurden laut FIFA im Jahr 2019 global über 575 Millionen Euro verdient. Das sind über 8 Prozent der Gesamtsummen, die Beraterhonorare haben sich seit 2015 weltweit vervierfacht. Die Belohnungen für Berater kommen demnach obendrauf auf die 6,5 Milliarden Euro, die bei Wechseln im Jahr 2019 bezahlt wurden. Auch nicht mit drin sind Handgelder bei ablösefreien Wechseln. Es ist offensichtlich noch mehr Geld im Umlauf, als die offiziellen Statistiken hergeben.

Millionen-Deals trotz Corona-Krise

In diesem Sommer scheint der Transfermarkt nicht so überhitzt wie in den vergangenen Jahren. Die Corona-Pandemie zwingt einige Clubs, sparsamer zu wirtschaften. Und dennoch wird trotz leerer Stadien, fehlender Einnahmen und Gehaltsverzicht auf dem Transfermarkt weiter investiert. Timo Werners Wechsel für rund 50 Millionen Euro von Leipzig zum FC Chelsea ist ein erster Beweis. Weitere große Deals sind trotz Corona-Krise nicht ausgeschlossen. Die Gewinne für Spieler und ihre Berater reguliert der Markt.

"Milliardenspiel Fußball: So funktioniert der Transfermarkt" - hier geht's zum kompletten Film auf dem YouTube-Kanal von SWR Sport.

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Philipp Sohmer
Martin Maibücher