Erst wurde der Rücken zur Dauerbaustelle, dann verlor er den Kampf mit seinen Teamkollegen - Simon Schempp blickt auf die wohl schwerste Zeit seiner Karriere zurück. Doch exakt 300 Tage nach seinem letzten Auftritt im Weltcup kehrt der viermalige Weltmeister in Oberhof auf die große Biathlon-Bühne zurück.
Es soll im Karriere-Herbst nochmals ein Wendepunkt werden, auch wenn auf dem Weg zurück zu alter Stärke Fragezeichen bleiben. "Wo ich genau stehe, ist schwierig zu sagen, weil mir bisher der internationale Vergleich fehlt", sagte Schempp vor seinem Saisondebüt im Sprint am Freitag (14:15 Uhr). "Wunderdinge" seien nicht zu erwarten, "aber ich denke schon, dass ich ordentliche Ergebnisse einfahren kann".
Ziel: Anschluss an die Weltspitze
Anders als in den guten alten Zeiten meint Schempp damit aber keine Podestplätze oder Siege, vielmehr geht es für ihn darum, erstmal wieder Anschluss an die Weltspitze zu finden. Schließlich lief der dreimalige Olympiamedaillengewinner in den vergangenen beiden Wintern nur dreimal unter die Top 20, die Qualifikation für die Weltmeisterschaften 2019 und 2020 blieb ihm verwehrt.
Hauptursache für das Formtief waren fast schon chronisch gewordene Rückenprobleme, und als die im Sommer 2020 nach über zweijähriger Leidenszeit endlich überwunden waren, folgte der nächste Tiefschlag. Bei den Ausscheidungsrennen um die letzten beiden Weltcupplätze zog der 32-Jährige kurz vor Saisonstart den Kürzeren gegen Erik Lesser und Roman Rees. Erstmals seit 2011 war er außen vor.
Keine leichten Wochen für Schempp
Statt sich auf der großen Bühne zu beweisen, musste Schempp weiter alleine im Training schuften. Diese Wochen seien "nicht leicht" gewesen, sagte der Schwabe rückblickend, "selbstverständlich war ich enttäuscht". Doch den Simon solle "keiner grundsätzlich abschreiben", betonte Sportdirektor Bernd Eisenbichler schon damals: "Wir wissen alle, was er geleistet hat und zu leisten imstande ist." Er sei auf dem "richtigen Weg".
Starker Auftritt bei der World Team Challenge
Das bewies Schempp nicht nur in internen Testrennen, bei der World Team Challenge in Ruhpolding gelang kurz vor dem Jahreswechsel sogar ein echter Befreiungsschlag. Dort lief er dank einer bärenstarken Vorstellung mit seiner Freundin Franziska Preuß auf Rang zwei. Vor allem beim letzten Schießen beeindruckte er inmitten der Weltelite. Blitzschnell, fehlerfrei, schier ohne Nerven - fast wie in alten Zeiten. "Ich weiß natürlich, wie Biathlon funktioniert", sagte Schempp: "Gerade beim Schießen fühle ich mich momentan sehr gut. Was das auf der Strecke wert ist, werden wir sehen."
Auch Bundestrainer Mark Kirchner rätselt diesbezüglich noch. "Wenn er sich nicht so viele Gedanken macht und die Dinge so bewältigt, wie es notwendig ist, dann ist er mit seinen Qualitäten in der Lage, eine ordentliche Leistung abzuliefern", sagte der 50-Jährige: "Wo die sich einsortiert, das wird eine spannende Frage sein."