Lea Toran Jenner (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)

Porträt

Zirkusartistin statt Akademikerin - der ungewöhnliche Weg der Lea Toran Jenner

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AUTOR/IN
Inken Pallas
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Alexandra Waidner

Mit fünf Jahren wusste Lea Toran Jenner, was sie werden will: Zirkusartistin. Mit 30 hat sie es geschafft. Sie ist die einzige Deutsche beim weltbekannten Cirque du Soleil.

Die Geschichte von Lea Jenner beginnt in Ulm. Ihre Eltern, beide Professoren, belächelten zunächst den ungewöhnlichen Berufswunsch ihrer fünfjährigen Tochter - Zirkusartistin. Doch Lea machte Ernst. Nach dem Abitur ging sie allein nach Montreal, Kanada, absolvierte dort eine dreijährige offizielle Artisten-Ausbildung und eroberte danach die Bühnen der Welt. Nun ist die 30jährige Lea Toran Jenner die einzige Deutsche bei der "Luzia" -Show des weltberühmten Cirque du Soleil.

"Ich bin hier beim Cirque du Soleil in einer ganz anderen Liga angekommen, es hat gar nichts mehr mit dem zu tun, was ich davor gemacht habe."

In ihrem Elternhaus in Ulm verwahrt Lea noch ihre ersten Jonglierbälle und die ganzen Kostüme, an der Wand hängen die Fotos von ihren ersten Turnwettkämpfen. Ihren ersten öffentlichen Auftritt als Artistin hat sie natürlich auch noch vor Augen. "Das war hier in Ulm auf einem Stadtfest. Ich habe jongliert und geturnt und bekam 50 Euro, das war für mich als 15-Jährige für eine halbe Stunde Auftritt einfach gigantisch“, erinnert sie sich.

Erste Karriere in der Sportaerobic

Toran Jenner begann ihre Laufbahn mit dem Turnen und wechselte dann als 15-jährige zur Sportaerobic. Sie startete bei Weltmeisterschaften und sammelte Medaillen. Allerdings war ihr hier schon bewusst: Sportaerobic ist keine olympische Sportart und trotz des Trainingsaufwandes wie bei Leistungssportlern würde sie so niemals ihr Leben finanzieren können. Außerdem gab es noch etwas, was die ehrgeizige Lea störte: Dieses Immer-besser-sein-sollen als andere, der sportliche Kampf gegen andere - ein komisches Gefühl für sie. Lea gefiel schon immer das gemeinsame Jubeln und Zelebrieren besser, und genau das gab es immer im Zirkus: Alle bieten gemeinsam eine gute Show.

Feriencamp als Impulsgeber

Eigentlich hatte Lea als Akademikertochter keinerlei Verbindung zur klassischen Zirkuswelt, doch ihre Faszination für diese Welt wurde durch einen ganz normalen Zirkusbesuch geweckt. Der erste engere Kontakt kam, als sie mit ihren Eltern, beide Professoren für theoretische Statistik, ein halbes Jahr in Kanada verbrachte. Dort machte Lea bei einem Zirkus-Feriencamp mit. Und seitdem war ihr klar, dass genau das ihr Traumberuf ist. Am liebsten hätte sie schon nach der mittleren Reife das Schubertgymnasium in Ulm verlassen, doch der Deal mit ihren Eltern war: Erst ein gutes Abitur, dann helfen wir dir.

"Dass Lea schon als Kind stark genug war, um zu wissen, was sie wollte, das sie das alles geschafft hat, das macht mich sehr stolz.“

Auch das Abitur mit einem Notendurchschnitt von 1,5 änderte nichts an Leas Plänen. Zur Verwunderung einiger Lehrer begann sie kein Studium, sondern bestand die strenge Aufnahmeprüfung für die dreijährige Ausbildung an der "Cirque du National“ in Montreal, Kanada. Dort lernte Lea nicht nur Artistik, sondern auch Tanz, Theater, Zirkusgeschichte und Karriere-Management.

In dieser Zeit wählte sie auch ihre Spezialgerät aus, das Cyr-Rad, ein etwa 15 Kilo schweres Rad, ein Mix aus Alu und Stahl, mit Plastiküberzug, handgefertigt. Dass sie Hornhaut oder Blasen an den Händen bekommt, sich schon mal über den Fuß rollt und einen Zehennagel verliert, das gehört bei diesem Gerät dazu.

Auch Pandamie ließ sie nie zweifeln

Schon während der Ausbildung gab es Showauftritte und direkt nach Abschluss der Artistenlehre bekam Lea viele Angebote bei Varietés, Shows und modernen Festivals. Durch die Pandemie gab es quasi eine Vollbremsung für ihre Branche. Alle Verträge wurden gekündigt, alle Shows abgesagt. Doch auch in dieser schwierigen Zeit zweifelte Lea nicht an ihrem Beruf, machte sich stattdessen Gedanken über neue Choreographien für ihre Spezialgerät Cyr-Rad und arbeitete auch an ihren anderen Showprogrammen.

Dann kam über eine Agentur die Anfrage vom Cirque du Soleil: Könnte sich Lea vorstellen, einen Zweijahres-Vertrag für die Show Luzia auf einer Europa-Tour zu unterschreiben? Sie konnte und hat seit Januar 2022  deshalb erstmals ein ganz geregeltes Leben, ist fest angestellt beim weltberühmten Unterhaltungsgiganten Cirque du Soleil.

Zwei Jahre quer durch Europa

Zehn Shows die Woche, Pressetermine, tägliches Training – es geht zwei Jahre lang quer durch Europa, ab Juni 2023  gibt es dann auch einen sechswöchigen Stopp in Deutschland. Der Cirque du Soleil gastiert in Frankfurt. Dort sieht man Lea nicht nur bei ihrem Hauptauftritt mit dem Cyr-Rad, sondern auch beim Pole-Dance. Auch als Trommlerin, Tänzerin oder Fussball-Statistin ist sie im Einsatz. Jeder Artist hat bei den Auftritten der Kollegen eine Aufgabe, das schweißt zusammen. "Es gibt eine riesige Bewunderung und gegenseitigen Respekt. Wir sind keine Konkurrenten, sondern wir spielen die ganze Show zusammen, lernen immer noch dazu", beschreibt sie das gute Miteinander.

Moderner Zirkus und besonderer Lifestyle

Die Show Luzia begeistert das Publikum: Akrobatik, Kraft und Mut, dazu Musik, passendes Licht und eine spektakuläre Wassershow auf einer drehenden Bühne – der moderne Zirkus hat nichts mehr mit Stroh und Elefanten zu tun. Und Lea gehört zu  einer neuen Zirkus-Generation, die  einen eigenen Zirkus-Lifestyle entwickelt hat – und die auch nach zehn Jahren Zirkusleben noch keinen Gedanken ans Aufhören verschwendet hat. "Cirque du Soleil war für mich ein Riesending, ein Traum, als ich noch superklein war, und es ist jetzt ein riesiger Traum, der in Erfüllung gegangen ist."

Als Fünfjährige hatte Lea Toran Jenner einen Traum: Zirkusartistin zu werden. Jetzt ist dieser Traum in Erfüllung gegangen. Nun träumt Lea davon, auch noch mit 80 Jahren auf der Bühne zu stehen.

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