Malaika Mihambo schläft in der Hitze  (Foto: IMAGO, Anke Waelischmiller/SVEN SIMON via www.imago-images.de; )

Sport | Hintergrund

So wird der Klimawandel den Sport verändern

STAND
AUTOR/IN
Martin Thiel

Die Tour de France im Herbst und Leichtathletik-WM im Winter. Der Sport der Zukunft muss sich an die Veränderungen, die der Klimawandel mit sich bringt, anpassen.

Extreme Hitze im Sommer ist nur eine Folge des Klimawandels. Der Sportsoziologe Sven Schneider von der Uni Heidelberg spricht von sechs Risikobereichen - je drei direkte und indirekte Folgen des Klimawandels -, die einen negativen Einfluss auf den Sport haben werden:

  1. Hitze
  2. häufigere Unwetter
  3. mehr UV-Strahlung, die nicht erst im Sommer für Sonnenbrand sorgen wird
  4. höhere Ozonbelastung
  5. eine höhere allergene Belastung
  6. höheres Infektionsrisiko

Darauf müsse sich der Sport der Zukunft einstellen. Geht es nach Schneider, sollten die Sportverbände jetzt schon Aktionspläne erstellen, um sich gegen die Folgen der Klimawandels zu wappnen.

"Man wird nicht umhinkommen, die Risiko-Zeiten im Sommer zu meiden und Turniere, wie Fußball-Weltmeisterschaften, Ruderregatten, Reitturniere und Leichtathletik-Veranstaltungen in andere Zeiträume des Jahres zu verlegen. Und das nicht nur wegen der Athleten, sondern auch wegen der Zuschauer."

Die Anpassungen an die Hitze haben längst begonnen. Der Württembergische Fußballverband erlaubt den Vereinen, in der Hitzewelle die Regeln anzupassen: Trinkpausen während der Spiele und längere Pausen sollen die Kicker schützen. In Zukunft muss man aber auf allen Ebenen des Sports Anpassungen vornehmen.

Mehr Pollen raubt Sportlern den Atem

Schneider empfiehlt nach dem "TOP-Prinzip" vorzugehen. Das "T" steht für technische Anpassungen. Zum Beispiel sollten Sportstätten klimatechnisch saniert werden. Das "O" steht für organisatorische Anpassungen, das heißt: neue Regeln. Die Fußball-Verbände könnten beispielsweise Kopfbedeckungen erlauben oder es den Vereinen einfacher machen, Hitze-Spiele in die Abendstunden zu verlegen. Und das "P" steht für personenbezogene Anpassungen. Trainer müssen geschult werden und den Hitzeschutz organisieren. Sie müssen dafür sorgen, dass sich Athletinnen und Athleten zum Beispiel mit Sonnenmilch eincremen und genug trinken. Das wichtigste sei, alle Beteiligten für Schutzmaßnahmen zu sensibilisieren, meint Schneider.

"Deutschland ist ein Entwicklungsland in Sachen Sport und Klimaschutz. Die USA und Australien sind viel, viel weiter. In Australien werden Spielplätze mit mitwanderndem Sonnenschutz konzipiert, auf dem deutschen Kinderspielplatz brüten die Kinder in der Sandgrube in der Sonne."

Der Klimawandel wird den Sport und wie er organisiert ist deutlich verändern. Die Verbände, so Schneider, müssen ähnlich wie die Kommunen Hitzeaktionspläne erstellen. "Man braucht einen Handlungsplan, wenn ein Unwetter droht oder es zu heiß wird." Auch Sportstätten und Sporthallen müssen an den Klimawandel angepasst werden, meint Schneider. "Trainer-und Spielerbänke sollten überdacht werden, um Schatten zu schaffen. Duschen muss man öffnen, Hallen energetisch sanieren. In Deutschland haben wir einen massiven Investitionsstau gerade bei Sportstätten und Sportplätzen."

WHO sieht die Kinder als Risikogruppe für Klima-Schäden

Das Wichtigste sei, Aufklärung zu betreiben und Trainer auszubilden, damit sie wissen, was sie bei 35 Grad im Schatten an Präventionsmaßnahmen ergreifen können. Langfristig müssen Aktionspläne erstellt werden, für Spieltage aber auch die ganze Saison. Was tut man zum Beispiel vor, während und nach einer Hitzewelle? Welche Maßnahmen werden ergriffen? Sport muss neu gedacht werden.

"Durch den milderen Winter bekommen wir neue Möglichkeiten. Warum kann man Meisterschaften nicht in den Winter verlegen? Dadurch bekommen wir eine längere Sommerpause."   

Früher hat man es mit Verhaltensprävention versucht, man wollte den Menschen ändern. Mittlerweile befürwortet der Schneider die Verhältnisprävention. Das heißt, nicht der Sportler selbst ist die Zielgruppe, sondern die Rahmenbedingungen sollten verändert werden, damit möglichst alle Sportler davon profitieren. Bei einem Volkslauf könnten zum Beispiel alle Teilnehmer mit einem Hitze-Kit ausgerüstet werden: Sonnencreme, Hut, Wasser und Sonnenbrille, um sich schützen zu können. Der Klimawandel zwingt auch den Sport, sich anzupassen.

Hitzewelle | Service Sport bei Hitze - das kann man tun

Trinken, Trinken, Trinken ist wichtig, aber bloß nicht zuviel und Durst ist gegenüber früheren Erkenntnissen doch ein guter Ratgeber.

Biologie Was passiert bei Hitze im Körper?

Unser Körper versucht, seine Temperatur unabhängig von äußeren Einflüssen konstant auf ca. 37°C zu halten, damit lebensnotwendige Stoffwechselprozesse fortlaufend stattfinden können. Hitze ist für den Körper deshalb Schwerstarbeit. 
Die Körpertemperatur darf nicht zu sehr steigen, da sonst die körpereigenen Proteine zerfallen. Daher fährt der Körper bei Hitze seine Kühlung hoch: Die Blutgefäße erweitern sich und vergrößern ihre Oberfläche, um möglichst viel Wärme abgeben zu können. Wasser wird dabei aus dem Blut über die Schweißdrüsen aus dem Körper gepumpt und wir fangen an zu schwitzen. Die Verdunstung von Schweiß auf unserer Haut kühlt unseren Körper herunter. Schwitzen ist unser wirksamster Mechanismus, um nicht zu überhitzen. Von Anja Braun | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

SWR2 Impuls SWR2

STAND
AUTOR/IN
Martin Thiel