Es kann sein, dass ich auch nach 39 Berufsjahren immer noch zu gutgläubig bin. Aber ich gehe zunächst einmal davon aus, dass jemand versucht, mir die Wahrheit zu sagen. Erst wenn ich merke, dass das nicht der Fall ist, hake ich nach und werde hartnäckiger. Natürlich muss man immer abwägen und alle Hintergründe berücksichtigen. Das gehört zum Job.
Deshalb eines vorneweg: All das habe ich getan und ich bin mir sicher, dass Bruno Labbadia im Moment der Richtige für den VfB Stuttgart ist.
Keine antiquierten Trainingsmethoden
Wenn ich beim Training war, habe ich auch keine antiquierten Trainingsmethoden gesehen. Aber selbst wenn der Trainer auf alte Formen der Ertüchtigung setzen sollte, glaube ich nicht, dass das im Moment relevant ist. Es geht darum, die Mannschaft als Gebilde stabil und die Unzulänglichkeiten in der Offensive in den Griff zu bekommen.
Und da glaube ich Bruno Labbadia, wenn er sagt: "Ich komme hier jeden Tag her und überlege mir 50 Dinge. Was kann ich noch mehr machen, wo muss ich einhaken?" Das Problem ist schlicht, dass er meiner Meinung nach mit einem Qualitätsproblem zu kämpfen hat. Die Offensive ist, wie ich finde, im Moment nicht bundesligatauglich.
Labbadia hört zu
Auch da sind seine Argumente für mich stimmig: "Das System, in dem wir spielen ist nicht relevant", so Labbadia. "Wir haben im Moment viele Außenspieler, aber zu wenige, die Tore schießen."
Bruno Labbadia ist sehr ausführlich in seinen Antworten. Für mich heißt das, dass er zuhört und - noch besser - sich Gedanken macht. Und nicht irgendwelche Plattitüden absondert, die ich im Abstiegskampf auch schon von anderen zu oft gehört habe.
Bruno Labbadia ist hochmotiviert, den VfB Stuttgart in der Bundesliga zu halten. Diese Motivation lässt er sich nicht nehmen, auch nicht nach dem Tiefschlag gegen Wolfsburg.
Labbadia stellt die Mannschaft auf, die er für die beste hält
Ich bin nicht jeden Tag im Training und spreche in der Kabine mit den Spielern, um bis ins kleinste Detail einschätzen zu können, ob einer im Training das gezeigt hat, was von ihm verlangt wird. Und deshalb glaube ich, dass Bruno Labbadia die Mannschaft aufstellt, die er für die beste hält. Position hin oder her.
Noch besser finde ich, dass der 57-Jährige sich nicht wegduckt, sondern sehr selbstbewusst auftritt, wenn er sagt: "Mich motiviert so eine Situation, da wieder rauszukommen. Wenn es so einfach wäre, würde es jeder machen, und deswegen mache ich es."
Druck auf den VfB Stuttgart wird immer größer
Viermal hat er bereits Mannschaften vor dem Abstieg gerettet. Das ist beachtlich. Vermutlich hat er sich seine Aufgabe beim VfB einfacher vorgestellt, als sie sich jetzt darstellt. Und der Druck vom gesamten Umfeld wächst jeden Tag. Er sagt dazu: "Es gibt niemanden, der mir mehr Druck macht, als ich selbst."
Er kann mit Druck umgehen. Die Frage ist nur, kann es die Mannschaft? Da habe ich meine Bedenken. Das ist ein Grund, der gegen den Klassenerhalt spricht. Und nicht der Trainer Bruno Labbadia.