Morgens kurz vor zehn Uhr. Telefongespräch mit Helmut Benthaus im Schweizerischen Riehen. "Es geht so", antwortet der frühere Trainer des VfB Stuttgart auf die Frage von SWR Sport, wie es sich so anfühlt einen Tag vor seinem 90. Geburtstag. Bis zur Corona-Pandemie hatte der Meistermacher von 1984 auch noch im hohen Alter immer mal wieder den Ball am Fuß, spielte Golf und fuhr Ski in den Schweizer Bergen.
"Das geht jetzt körperlich leider nicht mehr", sagt Helmut Benthaus. Dafür aber ist er immer noch leidenschaftlicher Fußball-Zuschauer: "Ich gehe nach wie vor in Basel ins Stadion", so der Jubilar, "und ich verfolge im Fernsehen immer noch regelmäßig die Bundesliga, ganz intensiv natürlich den VfB Stuttgart".
Erste Bundesliga-Meisterschaft 1984 unter Helmut Benthaus
Dort in der Schwaben-Metropole hatte Benthaus, der 1982 aus Basel gekommen war, im Mai 1984 einen historischen Meilenstein gesetzt: Er holte mit dem VfB die erste Bundesliga-Meisterschaft an den Neckar. "Er hat uns zu diesem Titel geführt", zieht sein damaliger Spieler Hermann Ohlicher auch heute noch, 41 Jahre danach, gegenüber SWR Sport den Hut vor der Trainerleistung von Helmut Benthaus, "er war ein sehr offener und ehrlicher Trainer, er konnte aber auch hart in der Sache sein, ließ offensiven Fußball spielen", so Ohlicher, "der erste Ball musste immer nach vorne gehen".
Hermann Ohlicher schoss den VfB in Bremen zum Titel
Hermann Ohlicher selbst schoss damals am vorletzten Spieltag der Saison 1983/84 in der Auswärtspartie bei Werder Bremen den VfB Stuttgart kurz vor Spielende zum überraschenden Titel. "Nach einem Freistoß von Bernd Förster ließ Bremens Torhüter Burdenski den Schuss abprallen", erinnert sich Ohlicher noch immer bestens an die entscheidende Szene, "ich war als erster am Ball und habe ihn ins Tor geschossen". Der 2:1-Siegtreffer für die Schwaben - es war das Tor zum Titel an jenem 19. Mai 1984, weil zeitgleich der Meisterschaftskonkurrent Hamburger SV gegen Eintracht Frankfurt verlor, die Bayern nur unentschieden spielten.

Die Konkurrenz aus Hamburg patzte gegen Frankfurt
"Ich bin nach dem Tor an die Außenlinie gerannt und dem Trainer vor Freude in die Arme gesprungen", beschreibt Hermann Ohlicher, der inzwischen an der Nordsee lebt, die Jubel-Arie nach seinem Tor in der 82. Minute. Helmut Benthaus wiederum stand beim Schlusspfiff im Weserstadion zunächst noch etwas ungläubig an der Linie: "Dann sind wir ja Meister", konnte es der VfB-Coach noch gar nicht richtig fassen, als die Niederlage von Hamburg gegen Frankfurt bekannt wurde. Erst danach brachen beim VfB-Tross auf dem Rasen alle Dämme, die Titelfeier konnte beginnen. Stuttgart war aufgrund des deutlich besseren Torverhältnisses gegenüber dem HSV praktisch nicht mehr einzuholen. Im letzten Saisonspiel erlaubte sich der VfB sogar eine 0:1-Heimniederlage vor 71.000 Fans im Neckarstadion gegen die Hanseaten mit Felix Magath. Hamburg hätte mit 5:0 gewinnen müssen...
Der Titel in Deutschland als Bestätigung
"Ich war damals mit Helmut Benthaus privat sehr verbunden, auch unsere Frauen haben sich sehr gut verstanden", beschreibt Hermann Ohlicher im Nachhinein den eher ungewöhnlich engen Draht zwischen Spieler und Trainer, "es war am Ende sogar eine Freundschaft entstanden". Für Helmut Benthaus war der Meistertitel in der Bundesliga "Genugtuung und Bestätigung, dass man auch als Trainer aus der Schweiz in Deutschland Erfolg haben kann", so Benthaus, der mit dem FC Basel sieben Meisterschaften bei den Eidgenossen holte.
Helmut Benthaus hätte Bundestrainer werden können
Nach dem großen Erfolg mit dem VfB hätte Helmut Benthaus nach dem Rücktritt von Jupp Derwall 1984 sogar Bundestrainer werden können. Wegen des laufenden Vertrags in Stuttgart sagte er aber dem DFB ab, Franz Beckenbauer übernahm stattdessen den Job. "Wenn er zugesagt hätte", ist Hermann Ohlicher im Nachhinein überzeugt, "wäre er sicherlich mit seiner Art und Arbeitsweise als Bundestrainer sehr erfolgreich gewesen". 1985 verließ Benthaus den VfB nach drei Jahren wieder zurück Richtung Schweiz, wo er bereits mit 50 Jahren seine Trainerarbeit beendete. Dabei betreute er nur zwei Vereine: den FC Basel und den VfB Stuttgart. Er ist nie abgestiegen und wurde nie entlassen.
Als Spieler und Trainer Deutscher Meister
Als Meistermacher wird er beim VfB Stuttgart unvergessen bleiben. Und: Helmut Benthaus war der Erste überhaupt, der als Spieler (1964 mit dem 1. FC Köln) und als Trainer Deutscher Meister wurde! Seit vielen Jahren lebt Helmut Benthaus, der in Herne im Ruhrpott geboren wurde und 1980 die Schweizer Staatsbürgerschaft annahm, in seinem Haus in Riehen bei Basel und genießt mit Frau Hedi seinen Ruhestand und die Gartenarbeit. Den runden Geburtstag an diesem Donnerstag feiert er im kleineren Rahmen mit der Familie und einigen Freunden.
Alles Gute, Helmut Benthaus!