Wataru Endo bejubelt seinen Ausgleichstreffer für den VfB Stuttgart im Spiel beim 1. FSV Mainz 05 (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)

Fußball | Bundesliga

Wataru Endo - der Schlüsselspieler des VfB Stuttgart

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Johann Schicklinski

Seit seinem Last-Minute-Tor zum Klassenerhalt am letzten Spieltag der vergangenen Saison ist Wataru Endo in Stuttgart eine Legende. Auch im aktuellen Abstiegskampf geht der VfB-Kapitän voran.

Es lief die 41. Minute im Spiel zwischen dem 1. FSV Mainz 05 und dem VfB Stuttgart. Eine Ecke der Hausherren konnten die Schwaben verteidigen, der Ball kam zu Flügelspieler Silas. Gegen dessen Tempo war Gegenspieler Aymen Barkok machtlos, doch der Querpass des Kongolesen auf Angreifer Serhou Guirassy war nicht optimal gespielt. Da der Mainzer Abwehrspieler Edimilson Fernandes den Ball allerdings unsauber klärte, sprang dieser knapp 20 Meter vor dem Tor der Rheinhessen zu Wataru Endo. Der Stuttgarter Mittelfeldspieler nahm den Ball mit links an und - in einer fließenden, technisch perfekten Bewegung - schloss mit rechts volley und unhaltbar ab - das 1:1. 05-Keeper Finn Dahmen war machtlos.

Ein Sahnetor. Aber noch viel wichtiger: Der zwischenzeitliche Ausgleich für den VfB, dem bis dahin in der Offensive nicht viel gelingen wollte. Kapitän Endo brachte sein Team damit kurz vor der Halbzeitpause wieder in die Spur und sorgte dafür, dass die Schwaben mit einer breiten Brust in die zweite Halbzeit gingen.

In dieser sorgten Serhou Guirassy per Kopf (64. Minute) und die beiden eingewechselten Chris Führich (78.) und Tanguy Coulibaly (90.+1) dann für den wichtigen 4:1-Auswärtssieg der Stuttgarter. Marcus Ingvartsen (23.) hatte Mainz früh in Führung gebracht.

Wataru Endo geht voran

Dass Endo diesen wegweisenden Treffer erzielte, kommt nicht von ungefähr. Denn wenn ein Spieler beim VfB Stuttgart praktisch immer liefert, dann der Mittelfeldmann mit der Nummer drei auf dem Rücken. Endo geht voran, vor allem in schwierigen Situationen. Auch jüngst im wichtigen Auswärtsspiel beim FC Augsburg war es der japanische Nationalspieler, der den Schwaben mit seinem Treffer zum 1:1 zumindest einen Punkt rettete. Ein Tor, das er - anders als gegen Mainz - irgendwie reinstocherte. Sozusagen ein Sinnbild seines Siegeswillens.

Auf den Mittelfeldspieler ist einfach Verlass, gerade wenn es brenzlig wird. Seinen Spitznamen "Legendo" hat der 30-Jährige spätestens seit dem Finale der Saison 2021/2022 inne, als er den VfB Stuttgart mit seinem Tor zum 2:1 gegen den 1. FC Köln in der Nachspielzeit vor dem schweren Gang in die Relegation bewahrte.

Auf einer Stufe mit Meira und Soldo

Unvergessen auch sein Jubel damals. Endo rannte in die Cannstatter Kurve und schlug sich immer wieder auf die Brust, aufs VfB-Wappen. Ein Bild, das sich bei den Fans eingebrannt hat. Auch wenn die aktuellen Jahre den Fans sicherlich nicht wegen der sportlichen Performance, sondern maximal wegen der emotionalen Ausschläge im Gedächtnis bleiben werden: Die Erinnerung an Endo wird bestehen. Bereits jetzt hat er als Kapitän und "Vorangeher" einen Status erreicht, der ihn auf eine Stufe mit Klublegenden wie Zvonimir Soldo oder Fernando Meira stellt, die zu ihrer Zeit ebenfalls ausländische Spielführer bei den Schwaben waren. "Legendo" eben!

Lob von Ex-Trainer Pellegrino Matarazzo

Seine Beliebtheit liegt auch an seiner Art: Endo ist ein stiller Anführer. Er ist kein Mann großer Worte, er lässt Taten sprechen. Die Bescheidenheit ist Endos größte Stärke - sowohl auf als auch neben dem Platz. Der Japaner fokussiert sich auf das Wesentliche im Leben. Seine Familie steht an erster Stelle und im Trikot des VfB gibt er stets sein Bestes.

"Er ist ein Vorbild für alle", hatte bereits Ex-Trainer Pellegrino Matarazzo, der mittlerweile Hoffenheim trainiert und auf den Stuttgart im Saisonfinale (Samstag, 15:30 Uhr, live in SWR-1-Stadion) trifft, über Endo gesagt. "Er ist kein Lautsprecher." Dennoch gehe er stets voran und führe sein Team.

Unter Tim Walter lange außen vor

Dabei war der Einstieg des 30-jährigen Japaners im Ländle alles andere als leicht. Seinen Status als Mittelfeldstratege, Löcherstopfer, Zweikämpfer und Antreiber musste er sich erst erarbeiten. Verpflichtet worden war Endo im August 2019 vom ehemaligen Sportdirektor Sven Mislintat - aus St. Truiden für 300.000 Euro auf Leihbasis. Doch Tim Walter, Trainer der damals gerade abgestiegenen Schwaben, konnte mit dem Japaner lange nichts anfangen. Der Grund: Für die Position im defensiven Mittelfeld sei dieser mit 1,78 Metern Körperlänge zu klein.

Erst unter Nachfolger Matarazzo wurde Endo unverzichtbar. Er wurde nach der Bundesliga-Rückker des VfB für den "Spottpreis" von 1,7 Millionen Euro fest verpflichtet. Für Matarazzo war er ein Schlüsselspieler, ebenso für Michael Wimmer, Bruno Labbadia und aktuell Sebastian Hoeneß, die als Trainer folgten.

Endo ist der Dauerbrenner

Der Japaner wurde zum Dauerbrenner und verpasste seit seinem Startelf-Debüt für die Schwaben saisonübergreifend nur fünf Spiele (zwei Gelbsperren, eine Corona-Infektion, eine Kopfverletzung und ein Olympia-Einsatz für Japan).

In einer leistungsmäßig stark schwankenden Stuttgarter Mannschaft ist Endo die Konstante. Starke fünf Saisontore und vier Vorlagen stehen in seiner Statistik. Er hätte sicher nichts dagegen, wenn er diese Bilanz im finalen Spiel gegen Hoffenheim noch aufbessern könnte. Bei einem Sieg wird der VfB in der Bundesliga bleiben.

"Lieferendo" statt "Legendo"?

Sicher ist bereits jetzt, dass es erneut auf ihn ankommen wird. Endo wird alles geben - und vermutlich wieder abliefern. So wie eigentlich immer. Und vielleicht bekommt er nach dem aktuellen Saisonfinale ja einen neuen Spitznamen: "Lieferendo" statt "Legendo". Die VfB-Fans hätten sicher nichts dagegen. Würde es doch bedeuten, dass Stuttgart auch nächste Saison erstklassig spielt.

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Johann Schicklinski