Thomas Hitzlsperger riet mit einem Schmunzeln dazu, sich dieses Wahnsinns-Tor doch in Dauerschleife anzuschauen. In der Tat ist es der Treffer des wechselwilligen Nicolas Gonzalez für den VfB Stuttgart im Testspiel gegen den Hamburger SV (3:2) in Kufstein wert, ihn noch einmal zu genießen. In der eigenen Hälfte erobert der flinke Argentinier den Ball, aus rund 60 Metern trifft er im hohen Bogen über den zu weit draußen stehenden HSV-Keeper Daniel Heuer Fernandes. Ein Tor mit Seltenheitswert. Und ein Kunststück vor dem Abschied des momentan besten VfB-Torschützen?
Hitzlsperger: "Er hat eine Entwicklung gemacht"
"Wir können uns nur glücklich schätzen, dass er noch bei uns ist. Er hat noch mal eine Entwicklung bei uns gemacht", bekannte VfB-Vorstandschef Hitzlsperger nach der Partie, als er auf der Tartanbahn des kleinen Stadions von einem "Super-Tor" schwärmte: "Wenn er noch lange da ist, dann würde ich mich auch sehr freuen."
Wie geht es weiter mit Gonzalez?
Ob Gonzalez kommende Saison noch für den Bundesliga-Aufsteiger spielt oder ihn verlässt, ist eines der Themen, die den Club in dieser Sommerpause begleiten. Eine Entscheidung fällt womöglich erst in mehreren Wochen. Die in der Corona-Krise nach hinten verschobene Transferperiode läuft erst am 5. Oktober ab. Für den VfB geht es um eine höhere Millionen-Einnahme, die in dieser schwierigen finanziellen Zeit gerade recht kommen würde. Nur bei einem Verkauf eines Leistungsträgers wären die Schwaben auf dem Transfermarkt wieder richtig handlungsfähig.
Doch es geht sportlich auch darum, wer in der neuen Saison wichtige Treffer zum angestrebten Klassenverbleib beisteuert. Und genau dafür wäre Gonzalez ein großer Hoffnungsträger. Auch der manchmal unbekümmerte Argentinier ist zwar nicht frei von Kritik, bringt aber oft wichtige Energie auf den Platz. Der VfB hätte bei einem Abschied des 22-Jährigen womöglich ein Problem in der Offensive und müsste sich nach Ersatz umsehen.
Gonzalez macht den Unterschied
Im Test gegen Zweitligist HSV im Rahmen des Trainingslagers machte Gonzalez den Unterschied. Sein erster Treffer nach feiner Ballannahme war ebenfalls sehenswert (32. Minute), zudem bereitete er das 1:0 von Mateo Klimowicz vor (9.). "Er hat eine Nase für Räume und für Situationen", lobte VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo: "Das Tor, das er schießt, ist nicht zufällig, er lauert auf solche Situationen."
Abschied angestrebt
In der Aufstiegs-Saison war Gonzalez mit 14 Treffern bester VfB-Torschütze, insbesondere nach der Corona-Pause war er einer der Garanten für die Bundesliga-Rückkehr. Doch dann stellte er beim italienischen Internetportal "tuttomercatoweb.com" klar: "Es war eine großartige Geschichte in Deutschland. Aber jetzt habe ich mich entschieden: Ich will weg, ich will eine Luftveränderung. Ich will Stuttgart verlassen."
Seit Mitte Juli sind die Wechselabsichten bekannt, sein Name wurde mit Klubs aus England und Italien in Verbindung gebracht. Richtig konkrete Angebote gab es aber wohl noch nicht. Die VfB-Bosse demonstrieren Gelassenheit. Gonzalez trägt vorerst weiter das Trikot der Schwaben - und hängt sich voll rein.
Nach dem Karriereende des früheren Nationalstürmers Mario Gomez verzichteten die Stuttgarter bislang auf Verstärkung in der Spitze. Für Tore sollen die Stürmer Sasa Kalajdzic und Hamadi Al Ghaddioui sorgen. Oder der vielseitige Silas Wamangituka. Oder Klimowicz. Bundesliga-Erfahrung bei den Stürmern abgesehen von Gonzalez? Fehlanzeige. Den Beweis seiner Abgezocktheit in der ersten Liga ist aber auch Gonzalez noch schuldig. In der Saison 2018/19 fiel er als damals 20-Jähriger auch dadurch auf, beste Chancen liegen zu lassen.