Die U19 des VfB Stuttgart hebt die Trophäe des DFB-Pokal der Junioren hoch (Foto: IMAGO, IMAGO / Sportfoto Rudel)

Fußball | Bundesliga

VfB Stuttgart: Wo kommen die "Jungen Wilden" her?

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Luis Bracht

Der VfB Stuttgart stellt in dieser Saison den jüngsten Bundesliga-Kader. Aber nur wenige Spieler kommen aus der eigenen Jugend. Andere Vereine aus dem Südwesten setzen mehr auf Eigengewächse.

Während die erste Mannschaft des VfB Stuttgart auf den letzten Metern den Klassenerhalt geschafft hat, spielten die Nachwuchsteams um Titel. Die U19 gewann nach einem 3:1-Sieg gegen Borussia Dortmund den DFB-Pokal der Junioren. Die U17 verpasste nach einer Saison ohne Niederlage nur ganz knapp die Meisterschaft in der Bundesliga. Im Finale verloren sie gegen Schalke 04 im Elfmeterschießen.

Die "Jungen Wilden", wie die Jugendspieler vom VfB Stuttgart genannt werden, zeigen seit vielen Jahren starke Leistungen. Seit 2019 ist Thomas Krücken Leiter der Nachwuchsabteilung und reformierte viele Bereiche der Nachwuchsarbeit. Auch Sportdirektor Sven Mislintat ist sich der guten Arbeit im Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) bewusst und stellte Anfang März eine "NLZ-Elf" zusammen:

Alle Spieler in dieser fiktiven Elf waren oder sind Teil des VfB-Nachwuchsleistungszentrums und besitzen mittlerweile einen Profivertrag. Mit dabei ist auch Thomas Kastanaras aus der A-Jugend, der mit 26 Treffern in 20 Spielen Torschützenkönig der A-Junioren-Bundesliga, Staffel Süd/Südwest wurde. Die restlichen Spieler sind entweder verliehen, spielen in der 2. Mannschaft oder sind bereits Teil des Profi-Kaders.

Allerdings geben Profiverträge keinen Aufschluss darüber, wie erfolgreich die Jugendarbeit tatsächlich ist. Stattdessen können sie auch dafür benutzt werden, um die Local-Player-Regelungen der DFL zu erfüllen. Fünf Spieler der NLZ-Elf haben noch keinen Einsatz in der Profi-Mannschaft absolviert. Dazu kommen mit Daniel Didavi und Philipp Förster zwei Spieler, die das NLZ vor Jahren verlassen haben.

VfB Stuttgart - jung, wild, international

Wie sehr setzt der VfB auf die Jugend? Schließlich schreibt man sich den Slogan "jung&wild" seit Jahren auf die Fahne. Für den Kontext lohnt sich ein Blick auf die Mannschaft der vergangenen Saison. Die Stuttgarter Profis stellten mit 15 U23-Spielern und einem Altersschnitt von 22,8 Jahren den jüngsten Profi-Kader in den Top-5-Ligen Europas (Deutschland, England, Spanien, Italien, Frankreich). Nicht nur die Anzahl der Spieler, sondern auch deren Einsatzminuten zeigen, dass der VfB auf junge Talente setzt. Nur drei andere Mannschaften können mehr Spielminuten verbuchen.

Die meisten Einsatzminuten in dieser Kategorie sammelte Hiroki Ito. Der mittlerweile 23-jährige Verteidiger wechselte zum Beginn der vergangenen Saison vom japanischen Erstligisten Júbilo Iwata per Leihe an den Neckar und wurde nun fest verpflichtet. Junge Spieler aus dem Ausland zu holen, ist beim VfB Teil der Strategie. Von den U23-Spielern wurden nur Lilian Egloff, Roberto Massimo, und Matteo Klimowicz in Deutschland ausgebildet.

Im Gegenzug schafften nur wenige Spieler aus der eigenen Jugend den Sprung in die erste Mannschaft. In den letzten sieben Jahren avancierte lediglich Berkay Özcan zum Stammspieler, bevor er 2018 zum HSV und danach zu Istanbul Basaksehir wechselte. Lilian Egloff, eines der vielversprechendsten Talente der letzten Jahre, wurde hingegen durch mehrere Verletzungen ausgebremst. Im Vergleich mit anderen Bundesliga-Vereinen liegt der VfB weit hinten.

Mainz und Hoffenheim weit vorne

Die Statistik wird von der TSG Hoffenheim angeführt. Neben Christoph Baumgartner, Dennis Geiger und Stefan Posch haben die Hoffenheimer einige Spieler hervorgebracht, die nach guten Saisons bei Hoffenheim jetzt bei anderen Klubs spielen. In der abgelaufenen Spielzeit schaffen es nur noch wenige Spieler aus der Jugend in die erste Mannschaft.

Auch bei Mainz 05 schafften einige Eigengewächse den Sprung in die Bundesliga. Einer davon ist Jonathan Burkardt, der letzte Saison der beste Mainzer Torschütze war und Kapitän der U21-Nationalmannschaft ist. In der letzten Saison feierte allerdings kein Spieler sein Profidebüt. Deshalb sind auch die Verantwortlichen unzufrieden mit der Integration der Jugendspieler.

Die Local-Player-Regelung der DFL

Um die Förderung von deutschen Spielern in der 1. und 2. Bundesliga zu gewährleisten, gibt die DFL zwei wichtige Regeln zur Kadergestaltung vor.

Als zweitschwächste Mannschaft im Südwest-Vergleich steht der SC Freiburg im Mittelfeld des Rankings. Zwar hat der SC mit Spielern wie Christian Günter oder Nicolas Höfler einige Local Player, diese fallen aber aufgrund ihres Alters aus der Statistik raus. Seit 2015 herrschte eine große Flaute, in der kein Eigengewächs den Sprung in die erste Mannschaft schaffte. In den vergangenen beiden Spielzeiten konnten mit Nico Schlotterbeck, Noah Weißhaupt, Kevin Schade und Yannik Keitel Spieler aus der eigenen Jugend im Profibereich Fuß fassen.

VfB Stuttgart holt U21-Nationalspieler Vagnoman vom HSV (Foto: IMAGO, IMAGO / Pressefoto Baumann)
Nach langen Verhandlungen hat der VfB Stuttgart U21-Nationalspieler Josha Vagnoman vom Hamburger SV verpflichtet. Der Außenverteidiger erhält einen Vertrag bis 30. Juni 2026. Bild in Detailansicht öffnen
Er trägt einen klangvollen Namen und ist der erste "echte" Neuzugang des VfB Stuttgart für die neue Saison: Juan José Perea. Der 22-jährige Kolumbianer wechselt vom griechischen Erstligisten PAS Giannina zum VfB und kennt Stuttgart schon: Der 2,2 Millionen teure Stürmer schlief als Kind vermutlich noch nicht in VfB-Bettwäsche, war aber mit seinem Onkel, der in Ludwigsburg wohnt, schon früh im Stuttgarter Stadion. Beim VfB unterschreibt Perea einen Vertrag bis 2026. Bild in Detailansicht öffnen
Philipp Förster verlässt den VfB Stuttgart und wechselt innerhalb der Fußball-Bundesliga zum VfL Bochum. Der Mittelfeldspieler lief für die erste Mannschaft des VfB 76 Mal auf und erzielte acht Treffer. Der gebürtige Brettener wurde unter anderem beim VfB ausgebildet, ehe er über die Stationen SV Waldhof Mannheim, 1. FC Nürnberg und SV Sandhausen zur Saison 2019/20 nach Stuttgart zurückkehrte. Bild in Detailansicht öffnen
Philipp Klement kehrt nach Leihende aus Paderborn zurück zum VfB Stuttgart. Der 29-jährige Offensivmann erzielte in elf Spielen für den SC zwei Treffer und bereitete vier weitere Tore vor. Bild in Detailansicht öffnen
Hiroki Ito wird auch in Zukunft für den VfB auflaufen. Für rund 400.000 Euro ziehen die Schwaben die Kaufoption für den bisher von Jubilo Iwata ausgeliehenen Japaner, der im vergangenen Sommer für 100.000 Euro an den Neckar kam. Bild in Detailansicht öffnen
Auch Konstantinos Mavropanos bleibt den VfB-Fans erhalten und steht beim deutschen Meister von 2007 nun fest unter Vertrag. 3,2 Millionen Euro überweisen die Stuttgarter an den FC Arsenal. Ein wahres Schnäppchen: Aktuell liegt der Marktwert des Griechen bei 15 Millionen Euro. Bild in Detailansicht öffnen
Maxime Awoudja steht nach einer Spielzeit bei der WSG Tirol zur kommenden Saison wieder für den VfB Stuttgart auf dem Rasen. Der Abwehrspieler besitzt einen Vertrag bis Juni 2023. Bild in Detailansicht öffnen
Ein echter Meister für den VfB: Auch Darko Churlinov kehrt nach Leihende zurück zum VfB Stuttgart. Der 21-Jährige spielte vergangene Saison für den FC Schalke 04, wo er die Zweitliga-Meisterschaft und damit den Aufstieg feiern konnte. Bild in Detailansicht öffnen
"Zurück zu weiß-rot" heißt es auch für Antonis Aidonis. Der 21-jährige Innenverteidiger trägt nach seiner Zeit bei Dynamo Dresden nun wieder das Trikot des VfB Stuttgart. Bild in Detailansicht öffnen
Mit Thomas Kastanaras holt sich der VfB Verstärkung aus den eigenen Reihen. Der 19-jährige Stürmer kommt aus dem Junioren-Bereich und war in 20 U19-Bundesligapartien an 31 Toren (26/5) beteiligt. Eine Quote, die sich sehen lassen kann. Bild in Detailansicht öffnen
Dieses Bild gehört der Vergangenheit an: Omar Marmoush wird nicht mehr im Trikot des VfB Stuttgarts auflaufen. Der Stürmer kehrt zum VfL Wolfsburg zurück. In der vergangenen Saison traf er drei Mal für die Stuttgarter und bereitete fünf Tore vor. Bild in Detailansicht öffnen
Nach dreieinhalb Jahren endet die Zeit von Erik Thommy am Neckar in diesem Sommer. Der Vertrag des 27-jährigen Mittelfeldspielers wurde nicht verlängert. Nun steht fest: Der gebürtige Ulmer wechselt in die US-amerikanische Major League Soccer zu Sporting Kansas City. Bild in Detailansicht öffnen
Pablo Maffeo wird nicht mehr zum VfB Stuttgart zurückkehren. Der 24-jährige Spanier wechselt zu Saisonbeginn nach abgelaufener Leihe fest zum RCD Mallorca. Die Ablösesumme beträgt drei Millionen Euro, wobei sich Maffeos ehemaliger Verein Manchester City eine Verkaufsbeteiligung von 25 Prozent gesichert hat. Bild in Detailansicht öffnen
Eine Trennung, die sich abzeichnete: Auch Daniel Didavi wird in der kommenden Saison nicht mehr beim VfB Stuttgart unter Vertrag stehen. Der auslaufende Kontrakt wurde nicht verlängert. Didavi lief in der Bundesliga 113 für die Schwaben auf und erzielte 24 Treffer. Bild in Detailansicht öffnen

Wie sieht die Zukunft aus?

Während bei der TSG Hoffenheim oder Mainz 05 viele Jugendspieler den Weg in die erste Mannschaft fanden, herrschte beim VfB Stuttgart Stillstand. Aufgrund der jüngsten Erfolge kehrt wieder Bewegung in das NLZ an der Mercedesstraße ein. Insbesondere in die U17 legt man große Hoffnungen: Sieben VfB-Spieler wurden für die vergangene B-Junioren-Europameisterschaft in Israel nominiert. "Die hohe Zahl an VfB-Talenten in diesem Turnier zeigt zudem, dass die Spieler großes Vertrauen in unsere Arbeit haben und den Weg zum Profi mit uns gehen wollen", erklärte Thomas Krücken in einem Interview mit der "Stuttgarter Zeitung".

VfB Stuttgart-Jugendspieler Laurin Ulrich  (Foto: IMAGO, IMAGO / Revierfoto)
Laurin Ulrich (Jahrgang 2005) - Laurin Ulrich glänzte in der vergangenen B-Junioren-Bundesligasaison. Er war auch Teil des Kaders bei der B-Junioren-Europameisterschaft in Israel. Bild in Detailansicht öffnen
Mattis Hoppe (2003) - Der gebürtige Bad Cannstatter war in der vergangenen Saison einer der auffälligsten Spieler in der U19. Auf der rechten Außenbahn kann er sowohl defensive als auch offensive Aufgaben erfüllen. In der nächsten Saison spielt er in der zweiten Mannschaft. Bild in Detailansicht öffnen
Leon Reichardt (Jahrgang 2004) - Er leitete mit seinem Treffer den 3:1-Sieg im DFB-Pokalfinale der Junioren ein. Die wahre Stärke von Reichardt liegt aber in seiner Flexibilität: Er ist auf nahezu jeder Position in der Verteidigung einsetzbar. Er könnte nach der kommenden Saison den direkten Sprung in den Profikader schaffen. Bild in Detailansicht öffnen
Thomas Kastanaras (Jahrgang 2003) - Der Stürmer zählt zu den vielversprechendsten Talenten Europas. In der vergangenen Saiso erzielte er für die U19 in der Liga und im Pokal 30 Tore in 25 Spielen. Letzte Saison erhielt er einen Profivertrag. Bild in Detailansicht öffnen
Jordan Meyer (Jahrgang 2002) - Der defensive Mittelfeldspieler gilt als einer der Top-Talente im VfB-Nachwuchs. Nach einer starken Saison in der U19 durfte er die Vorbereitungen auf die Spielzeit 2020/21 bei den Profis verbringen. Allerdings verletzte er sich zwei Mal schwer am Miniskus, weshalb er einen Großteil der vergangenen Saison verpasste. Bild in Detailansicht öffnen

In Zukunft wolle Krücken aus immer zwei Jahrgängen drei Spieler nach oben bringen. Damit diese Spieler Erfolg haben, brauchen sie auch das Vertrauen von Sven Mislintat und dem Trainerteam - nicht nur in Form von Profiverträgen, sondern auch Spielminuten.

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Luis Bracht

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