Alexander Nübel wechselt auf Leibasis für ein Jahr vom FC Bayern zum VfB Stuttgart (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)

Fußball | Meinung

Die Leihe von Alexander Nübel zum VfB Stuttgart hat drei Gewinner

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Johann Schicklinski

Der VfB Stuttgart hat Torhüter Alexander Nübel für eine Saison vom FC Bayern München ausgeliehen. Die Verantwortlichen der Schwaben haben damit eine Lösung gefunden, die sofort greift und langfristige Optionen lässt, findet SWR-Sportredakteur Johann Schicklinski.

Nach Wochen des Suchens nach einer neuen Nummer eins ist der VfB Stuttgart fündig geworden - und das ausgerechnet beim FC Bayern München. Alexander Nübel wechselt auf Leihbasis für eine Saison in die baden-württembergische Landeshauptstadt. Es soll keine Kaufoption für die Schwaben geben. Deshalb ist der Transfer des 26-Jährigen für mich eine Sofort-, aber keine Zukunftslösung.

Alle drei Parteien profitieren

Trotzdem finde ich, dass die Leihe Nübels ein starker Deal ist - und zwar für alle drei beteiligten Parteien. Eine "Win-Win-Win-Situation" sozusagen.

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Fußball | Bundesliga Leihe perfekt - Alexander Nübel kommt zum VfB Stuttgart

Der VfB Stuttgart hat eine Lösung für vakante Torhüter-Position gefunden: Die Schwaben leihen Alexander Nübel vom FC Bayern München aus.

Der VfB Stuttgart bekommt einen Keeper mit viel Erfahrung und einer über die Jahre gewachsenen Ausstrahlung. Nübel hat bereits mehrere Saisons in der Bundesliga gespielt, war beim FC Schalke 04 sogar zwischenzeitlich Kapitän, kam in der Champions League zum Einsatz und konnte zuletzt zwei Jahre lang als Stammkeeper der AS Monaco Auslandserfahrung sammeln. Im Vergleich zu Florian Müller und Fabian Bredlow, die vergangene Saison den Kasten der Schwaben hüteten, in meinen Augen ein klares Upgrade.

Bayern München bekommt einen Keeper von der Payroll

Auch der FC Bayern profitiert. Beim deutschen Rekordmeister stehen mit dem aktuell verletzten Manuel Neuer, Yann Sommer (der auch auf dem Absprung ist) und Sven Ulreich noch drei gestandene Torhüter unter Vertrag. Durch den Nübel-Abgang hat der FCB einen Keeper von der Payroll und kassiert dem Vernehmen nach eine knapp siebenstellige Leihgebühr. Zudem kann Nübel sich in Stuttgart wieder für höhere Aufgaben empfehlen.

Bringt Nübel seine Karriere wieder in Schwung?

Zuletzt ist der Wechsel auch für Nübel eine gute Chance, die eigene Karriere wieder etwas in Schwung zu bringen. Einst galt der 26-Jährige beim FC Schalke 04 als Hochbegabter. Er verdrängte mit 22 Jahren den damaligen Stammkeeper Ralf Fährmann auf die Bank. Relativ schnell lockten dann die Bayern - wo Nübel aber seine Grenzen aufgezeigt bekam. An Stammkeeper Neuer gab es kein Vorbeikommen, frustriert ließ sich Nübel nach Monaco ausleihen. Dort sammelte er zwar viel Erfahrung - national wie international - aber er war zumindest von der Blickfläche der Fußballfans in Deutschland etwas verschwunden. Das wird beim VfB Stuttgart anders sein, denn die Schwaben sind ein absoluter Traditionsklub mit einem riesigen Fan-Reservoir und entsprechendem öffentlichen Interesse.

Nübel kehrt damit sozusagen auf den Präsentierteller zurück. Er kann zeigen, was er kann - und wenn er überzeugt, stehen ihm viele Türen offen. Dann dürften auch wieder Topklubs anklopfen - was als ein großes Ziel für den als sehr ehrgeizig geltenden Torwart gilt.

Oder aber Nübel und der VfB sind ein absolutes "Match" - dann können sich nach Ende der kommenden Saison alle Partien zusammensetzen und über eine feste Verpflichtung des Keepers sprechen. Falls Nübel nicht überzeugt, bleibt es ohnehin bei dem Gastspiel für ein Jahr.

Serge Gnabry und Joshua Kimmich bejubeln einen Treffer des FC Bayern München (Foto: IMAGO, imago images / PRiME Media Images)
Serge Gnabry (links) und Joshua Kimmich trugen in der Jugend das Trikot des VfB Stuttgart. Für die Profimannschaft der Schwaben liefen sie allerdings nie auf. Dafür zählen sie beim FC Bayern München mittlerweile zu den absoluten Leistungsträgern. SWR Sport stellt acht weitere Spieler vor, die sowohl für den FC Bayern als auch den VfB Stuttgart am Ball waren. Bild in Detailansicht öffnen
Jürgen Klinsmann spielte von 1984 bis 1989 beim VfB Stuttgart und erzielte in dieser Zeit 94 Tore in 186 Spielen. Unvergessen bleibt sein Fallrückzieher-Tor aus der Saison 1987/88 beim 3:0-Sieg gegen den FC Bayern München. Die Bayern sicherten sich seine Dienste von 1995 bis 1997. Seiner Torquote blieb der gebürtige Göppinger treu: In 84 Spielen erzielte er 48 Tore. Bild in Detailansicht öffnen
In der Saison 2004/05 schaffte Torjäger Mario Gomez (links) den Sprung aus der VfB-Jugend in den Profi-Kader. Dort erzielte er Tore wie am Fließband. Die Bayern kauften ihn daher zur Saison 2009/10 für ca. 30. Mio Euro. Dort blieb Gomez bis 2013 und erzielte in 174 Spielen 113 Tore. Über Umwege landete er dann 2018 wieder beim VfB und beendete dort im Sommer 2020 seine Karriere. Insgesamt lief er in 230 Spielen (110 Tore) für Stuttgart auf. Bild in Detailansicht öffnen
Philipp Lahm wurde mit den Bayern Triple-Sieger, insgesamt achtmal Deutscher Meister und sechsmal DFB-Pokalsieger. Doch seine ersten Bundesliga-Minuten sammelte er beim VfB. Die Bayern liehen ihn von 2003 bis 2005 nach Stuttgart aus. Für die Schwaben absolvierte 71 Spiele (3 Tore). Bild in Detailansicht öffnen
Giovane Élber kam 1994 zum VfB Stuttgart und wurde mit den Schwaben 1997 DFB-Pokalsieger. In 96 Spielen erzielte er 44 Tore, woraufhin es auch ihn in die bayerische Landeshauptstadt zog. Bei den Bayern erzielte er in sechs Jahren (1997-2003) 140 Tore in 266 Einsätzen. Bild in Detailansicht öffnen
Innenverteidiger Markus Babbel durchlief sämtliche Jugendmannschaften des FC Bayern München und brachte es zwischen 1991 und 2000 auf 261 Spiele (17 Tore) für die Bayern. Zur Saison 2004/2005 landete er dann schließlich beim VfB Stuttgart. Nach 63 Einsätzen (2 Spiele) beendete er 2007 seine Spielerkarriere. Zwischen 2008 und 2009 kehrte er als Trainer nochmals nach Stuttgart zurück. Bild in Detailansicht öffnen
Dieter Hoeneß machte sich mit seinem "Turban-Kopfballtor" im DFB-Pokalfinale 1982 unsterblich bei den Bayern-Fans. Doch seine ersten Schritte im Profibereich machte er beim VfB Stuttgart. Zwischen 1975 und 1979 ging er in Cannstatt auf Torejagd. Nach 116 Spielen und 57 Toren zog es ihn dann nach München. Bild in Detailansicht öffnen
Bereits in der Jugend lief Holger Badstuber sowohl für den VfB, als auch für den FCB auf. Zwischen 2009 und 2017 trug er dann in 177 Spielen (zwei Tore) das Trikot der Bayern-Profis. Über Schalke 04 landete er im Sommer 2017 dann wieder in Stuttgart. Nach seinem Wechsel zum FC Luzern beendete Badstuber seine Karriere 2021. Bild in Detailansicht öffnen
Und: Benjamin Pavard: Zur Saison 2019/20 tauschte er Brustring gegen Lederhose. Ein Wechsel der sich gelohnt hat: In seiner ersten Saison mit dem FC Bayern holte er direkt das "Triple". Für den VfB Stuttgart stand Pavard zwischen 2016 und 2019 in 88 Spielen (zwei Tore) auf dem Platz. Bild in Detailansicht öffnen
Alexander Nübel wechselte 2023 auf Leihbasis vom FC Bayern zum VfB Stuttgart. Der 26-Jährige Torhüter war 2020 mit großen Ambitionen vom FC Schalke 04 nach München gewechselt, konnte Manuel Neuer aber nicht als Nummer eins angreifen. Zuletzt war Nübel an die AS Monaco ausgeliehen, in Stuttgart will der Keeper wieder in der Bundesliga Fuß fassen. Bild in Detailansicht öffnen

Dennis Seimen ist beim VfB der Mann der Zukunft

Mit der einjährigen Leihe wäre beim VfB Stuttgart zudem Eigengewächs Dennis Seimen nicht der Weg verbaut. Der 17-Jährige, der aktuell die Vorbereitung mit den Profis bestreitet, gilt als Top-Talent und langfristige Nummer eins. Einen Fehler wie 2010 bei Bernd Leno, der an Bayer Leverkusen abgegeben wurde und dann dort eine internationale Karriere startete, soll unbedingt vermieden werden.

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Fußball | Bundesliga Der schwierige Spagat für den VfB Stuttgart im Fall Dennis Seimen

Yann Sommer, Alexander Nübel und andere Torhüter werden beim VfB Stuttgart gehandelt. Doch wie realistisch sind solche Namen? Und wäre eine Verpflichtung solcher Kaliber überhaupt sinnvoll, wenn man ein Top-Talent in der Hinterhand hat?

Seimen soll beim VfB der Torhüter der Zukunft sein, in der nächsten Saison aber lernen und Spielpraxis bei der U23 der Stuttgarter sammeln. Auch unter diesen Gesichtspunkten ist die Leihe von Alexander Nübel für ein Jahr eine gute Lösung. Ein Deal, bei dem alle drei Parteien gewinnen.

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Johann Schicklinski

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