Um 12:05 Uhr flimmerte ein großes Foto mit seinem Namen über den Monitor im DFB-Campus in Frankfurt: Christian Günter. In einem Video wurden die Abwehrspieler präsentiert, die Bundestrainer Hansi Flick für die Fußball-WM in Katar nominiert hat. Und der 29-Jährige Außenverteidiger ist dabei. Günter erhielt damit den Vorzug vor Robin Gosens (28/Inter Mailand). "Ein Traum wird wahr", reagierte der Badener auf Instagram voller Vorfreude auf seine erste WM-Teilnahme.
Der Kapitän des SC Freiburg ist beim Bundesligisten ein Dauerbrenner und Dauerrenner. In der laufenden Saison hat der Linksverteidiger alle 14 Bundesligaspiele bestritten. Bei der 1:3-Niederlage am Mittwoch in Leipzig wurde er nach 58 Minuten erstmals ausgewechselt. Zuvor ging er in allen Partien über die volle Spielzeit.
Lob vom Bundestrainer
Eben diese Konstanz Günters gab den Ausschlag für seine Nominierung. Bundestrainer Flick: "Christian hat, bis aufs gestrige Leipzig-Spiel, in den letzten zwei Jahren alle Spiele durchgespielt." Man brauche Spieler, die im Rhythmus seien. Der Bundestrainer fügte lobend hinzu: "Christian ist ein Spieler, der mit seiner Art einer Mannschaft viel gibt."
Auf der Internetseite des SC Freiburg erinnert sich Günter an den entscheidenden Anruf des Bundestrainers: "Hansi hat mich persönlich angerufen. Natürlich war es ein überwältigendes Gefühl. Es war doch eine gewisse Nervosität da, weil ich im Kreis der Kandidaten dabei war." Er habe die frohe Botschaft zunächst nur seinen Vertrauten mitgeteilt. "Als erstes habe ich meine Frau und dann meine Eltern angerufen. Die haben sich auch riesig für mich gefreut."
Sorge um seinen körperlichen Zustand nach den vielen englischen Wochen in Bundesliga, DFB-Pokal und Europa League hat der WM-Teilnehmer nicht. Auch wenn die Spielzeit bisher anstrengend gewesen sei, sei es noch lange nicht so wie am Ende der vergangenen Saison. Bis zum WM-Start "ist noch genügend Zeit, um den Akku soweit vollzubekommen, damit man mit 100 Prozent auf dem Platz stehen kann."
Sein Erfolgsrezept
Günters Erfolgsrezept ist eine Mischung aus ein wenig Glück und ganz viel Trainingsfleiß sowie einer höchst professionellen Einstellung. Seinen langjährigen Cheftrainer Christian Streich, der ihn schon bei den A-Junioren trainiert hatte, überrascht diese Entwicklung nicht. Er kennt seinen bodenständigen und vereinstreuen Spieler bestens und schwärmt in höchsten Tönen von ihm. Kaum ein anderer Spieler der Freiburger Mannschaft puscht sein Talent so sehr ans Limit wie Günter.
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Entwicklung zur Modellathleten
Der in Villingen-Schwenningen geborene Günter hatte sicherlich auch Glück. Glück, die meiste Zeit verletzungsfrei zu bleiben. Dafür hat er selbst einiges beigetragen. Denn die körperliche Entwicklung des Linksfußes ist beeindruckend. Aus dem früher eher schmächtigen Abwehrspieler ist ein Modellathlet geworden. Wer starke und belastbare Bänder, Sehnen und Muskeln hat, ist widerstandsfähiger und nicht so verletzungsanfällig. Günter ist ein gutes Beispiel, dass die Athletik im modernen Fußball ein großes Plus sein kann.
Freiburgs Kapitän ist aber nicht nur ein Kraftpaket, sondern auch eine Mentalitätsbestie - stets hungrig und doch stets bescheiden. Ein Teamplayer, der auch mal klare Worte findet. Der perfekte Kapitän für eine Mannschaft wie den SC Freiburg.
Bodenständig und heimatverbunden
Seine Entwicklung in Freiburg findet auch seinen Niederschlag in den Kadernominierungen für die deutsche Nationalmannschaft. Sechs Einsätze hat der 29-Jährige im DFB-Trikot absolviert, zuletzt im März 2022 beim 1:1 im Testspiel gegen die Niederlande.
Der Weg Günters begann in Tennenbronn, einem 3.400-Einwohner-Ort im Landkreis Rottweil. Dort wuchs er auf und begann mit vier Jahren, Fußball zu spielen - parallel zum Vereinstraining auch auf den Straßen des Schwarzwalds. Mit 13 folgte der Wechsel in die Freiburger Fußballschule. Hier wurde sein Talent erkannt und gefördert. Er war schon in jungen Jahren ein Arbeiter, der alles für seinen Sport tat. 2012 führte er die Freiburger A-Junioren als Kapitän zum DFB-Pokalsieg.
Freiburg - eine Herzensangelegenheit
2012 gab er sein Profi-Debüt, 2014 erzielte er sein erstes Bundesligator für den SC Freiburg. Dieser Verein ist für Günter eine Herzensangelegenheit. Ihm ist er seit seiner Jugend treu geblieben. Inzwischen ist Günter mit 283 Einsätzen Rekord-Bundesligaspieler des SC Freiburg. Keiner hat mehr.
WM-Nominierung als Höhepunkt
Nun wird Günter seine erste Fußball-Weltmeisterschaft erleben. Am Sonntag wird Günter mit dem SC Freiburg noch in der Bundesliga gegen Union Berlin antreten (17:30 Uhr), anschließend geht es direkt zum Treffpunkt des DFB-Trosses nach Frankfurt. Am Montag fliegt das WM-Team zunächst in den Oman. Dort findet am kommenden Mittwoch ein Testspiel gegen den Gastgeber statt. Einen Tag später geht es weiter nach Katar ins WM-Quartier. Am 23. November startet die Nationalelf gegen Japan in die WM-Endrunde. Weitere Gruppengegner sind Spanien und Costa Rica.
Wenn es nach Günter geht, ist das deutsche Team im WM-Finale am 18. Dezember dabei. "Wir müssen einen Hunger entwickeln, jedes Spiel zu gewinnen. Wenn uns das gelingt, dann ist für uns als Mannschaft viel möglich."
Für Günters Freiburger Teamkollegen Matthias Ginter wird das Turnier in Katar bereits seine dritte Weltmeisterschaft. Beim Titelgewinn 2014 in Brasilien und dem Vorrunden-Aus 2018 in Russland war der Innenverteidiger allerdings nicht zum Einsatz gekommen. Ginter (28) kam bislang 46-mal für das deutsche Nationalteam zum Einsatz.
Der deutsche WM-Kader:
Torhüter: Manuel Neuer (Bayern München), Marc-André ter Stegen (FC Barcelona), Kevin Trapp (Eintracht Frankfurt)
Abwehr: Armel Bella Kotchap (FC Southampton), Matthias Ginter (SC Freiburg), Christian Günter (SC Freiburg), Thilo Kehrer (West Ham United), Lukas Klostermann (RB Leipzig), David Raum (RB Leipzig), Antonio Rüdiger (Real Madrid), Nico Schlotterbeck (Borussia Dortmund), Niklas Süle (Borussia Dortmund)
Mittelfeld/Angriff: Karim-David Adeyemi (Borussia Dortmund), Julian Brandt (Borussia Dortmund), Niclas Füllkrug (Werder Bremen), Serge Gnabry (FC Bayern München), Leon Goretzka (FC Bayern München), Mario Götze (Eintracht Frankfurt), Ilkay Gündogan (Manchester City), Kai Havertz (FC Chelsea), Jonas Hofmann (Bor. Mönchengladbach), Joshua Kimmich (FC Bayern München), Youssoufa Moukoko (Borussia Dortmund), Thomas Müller (FC Bayern München), Jamal Musiala (FC Bayern München), Leroy Sané (FC Bayern München).