Die Universität Hohenheim hat eine Studie zur Fußball-Weltmeisterschaft in Katar gemacht. Demnach macht sich das gesunkene Interesse der Deutschen an der WM 2022 auch wirtschaftlich bemerkbar. Grundlage der Studie sei eine repräsentative Umfrage unter 1.000 Personen, sagte der Marketing-Experte Markus Voeth am Freitag im Gespräch mit dem SWR.
Die jetzige Studie ist bereits die zehnte WM-Studie der Universität Hohenheim. Aus der aktuellen Umfrage geht hervor, dass die Deutschen voraussichtlich rund zehn Minuten ihres Arbeitstages für die WM in Katar aufwenden werden. Das dürfte Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber freuen, so Uni-Professor Voeth. Denn im Vergleich zu früheren Weltmeisterschaften sei dies relativ wenig Zeit. Zum Vergleich: Bei der WM 2010 wurden 28 Minuten, im Jahr 2014 13 Minuten und 2018 16 Minuten der Arbeitszeit für WM-Zwecke "geopfert", so der Marketing-Experte.
WM-Studie zu Katar 2022: 5,6 Milliarden Euro weniger Schaden für BIP
Dies wirke sich messbar auf die Wirtschaft aus. Bei der Weltmeisterschaft 2018 ist demnach das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um rund 15,8 Milliarden Euro gesunken. Nun sei die erwartete Summe knapp 5,6 Milliarden Euro geringer. Herunter gerechnet auf die einzelne Person kommt die WM-Studie zu folgenden Zahlen - immer bezogen auf die Arbeitszeit, die für WM-Zwecke genutzt wird: Bei der WM in Russland 2018 nahm das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf um rund 352 Euro ab. Bei der WM 2022 in Katar werden es voraussichtlich nur noch knapp 223 Euro sein.
"Diese Winter-WM ist aus Sicht der Deutschen ein echter Stimmungskiller, was das Public Viewing betrifft."
Noch nie war die Zurückhaltung im Vorfeld einer WM so groß wie derzeit, so der Marketing-Experte weiter. Insbesondere das Interesse am gemeinsamen Verfolgen der Spiele in der Öffentlichkeit sei gering. Fast 90 Prozent der Befragten wolle bei dieser Winter-WM ganz auf Public Viewing verzichten. "Auch die Idee, die Winter-WM auf dem Weihnachtsmarkt zu verfolgen, finden nur wenige gut: Mehr als 90 Prozent der deutschen Bevölkerung stehen ihr eher skeptisch gegenüber“, sagte Co-Studienleiter Yannick Urbitsch.
Geringes Interesse an WM 2022 in Katar schlecht für Kneipen oder Brauereien
Während sich voraussichtlich weniger Menschen während der Arbeitszeit mit der WM beschäftigen werden und sich dies laut der Studie gut auf das BIP auswirken wird, gebe es auch die Kehrseite. Unter dem bislang geringen Interesse leiden andere Wirtschaftsbereiche. Der Hohenheimer Professor zählt unter anderem die Gastronomie, Brauereien, Würstchen- und Chipsproduzenten sowie Fanartikelgeschäfte auf.
Uni Hohenheim: Für Arbeitgeber gut, für Gesamtwirtschaft wohl eher schlecht
Unterm Strich, so räumt Voeth auf Nachfrage ein, sei die Gesamtrechnung auf jeden Fall mit "einem negativen Vorzeichen" versehen. Das heißt, das errechnete Plus für das BIP werde durch fehlende Einnahmen in anderen Bereichen mehr als aufgehoben. Das heißt, selbst wenn ein geringeres Interesse an der WM für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sich gut auswirken würde, könnte die Gesamtwirtschaft unter dem geringeren Interesse leiden.
Studienmitautor Yannick Urbitsch sagte außerdem: Dabei handele es sich um Momentaufnahmen. Das Interesse an einer Fußball-Weltmeisterschaft sei "dynamisch" zu betrachten. Insofern könnten im Moment auch noch keine endgültigen Aussagen über die Auswirkungen auf das BIP gemacht werden, so der Wissenschaftler am Montag, dem Tag nach dem Beginn der WM.