David Raum, Linksverteidiger im DFB-Team und bei Bundesligist RB Leipzig, hat im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen aus dem Profifußball keine Berührungsängste beim Thema mentale Gesundheit. Im Gegenteil. Ihm ist dieses Thema wichtig. Im Gespräch mit "11Freunde" verrät der 24-Jährige, dass er sein Fachabitur in Psychologie und Pädagogik gemacht habe. Dieses Schulwissen und vor allem die guten Erfahrungen, die er mit einem Sportpsychologen in seiner Zeit bei Greuther Fürth gemacht habe, seien auch heute noch in gewissen Situationen eine Hilfe.
Denn der Druck, dem ein Fußballprofi ausgesetzt ist, sei gewaltig, sagt der 14-malige Nationalspieler. "Liga, Champions League, Pokal. Du musst immer performen." Trotzdem mache ihm sein Beruf viel Spaß. "Für mich gibt es nichts Schöneres. Ich lebe meinen Traum." Aktuell bei der Weltmeisterschaft in Katar, wo er am Sonntagabend mit der deutschen Mannschaft das zweite Gruppenspiel gegen Spanien mit einem 1:1-Achtungserfolg beendete. Im System von Bundestrainer Hansi Flick kommt Raum immer besser in Form, gegen Spanien ging er mit zunehmender Spieldauer immer beherzter in die Zweikämpfe.
"Kommentare unter der Gürtellinie"
Dennoch gebe es belastende Situationen, berichtet der gebürtige Franke, der in der Saison 2021/22 bei der TSG 1899 Hoffenheim zum "Spieler der Saison" gewählt wurde. Auch wenn er nicht alles liest, was in den Medien über ihn geschrieben wird, bekommt Energiebündel Raum vieles mit. Vor allem Social Media könne schlimm sein, sagt er.
"Ich bekomme da manchmal Kommentare, die unter die Gürtellinie gehen. Von Leuten, die ich nicht kenne. Von denen ich nichts weiß. Sind das Männer, Frauen, Kinder? Haben die Ahnung von Fußball? Einige denken vielleicht 'Ach komm, lass das nicht an dich ran', aber so einfach geht das nicht. Erst recht nicht, wenn deine Freundin mit dummen Kommentaren belästigt wird oder die Familie reingezogen wird. Das macht mich traurig."
"Profis sollten keine Schwäche zeigen. Aber ich bin auch mal traurig, nicht nur wegen Niederlagen."
Raum findet es wichtig, dass in der Öffentlichkeit auch auf die Schattenseiten des Profifußballs hingewiesen wird. "Wir Profis wirken nach außen oft perfekt und unangreifbar. Fans sehen immer nur den Jubelnden, den Sieger. Schwäche sollten wir nicht zeigen. Aber ich bin auch mal traurig, nicht nur wegen Niederlagen. Ich finde es wichtig, dass Benjamin Pavard neulich über seine Depression geredet hat."
Der Profi von RB Leipzig hat gelernt, den Druck im Fußballbusiness "auch meistens" auszuhalten. Er sei ja auch schon 24. Dennoch fragt er sich: "Was ist mit jüngeren Spielern, mit einem wie Jamal Musiala? Der mit 17 Jahren zum Profi geworden ist. Ich glaube, jeder Mensch braucht Ventile. Eine Möglichkeit, aus dunklen Phasen wieder rauszukommen."