Der Druck wurde zu groß. Am Abend des 5. Dezember war es offiziell: Oliver Bierhoff tritt als Geschäftsführer der deutschen Nationalmannschaft zurück. Mehr als 18 Jahre war der gebürtige Karlsruher Funktionär beim Deutschen Fußball-Bund (DFB). Bierhoff stand als eines der Gesichter für den Umschwung der Nationalmannschaft seit 2004. Doch seit dem WM-Sieg 2014 ging es peu à peu bergab. Das Vorrunden-Aus von Katar war das zweite in Folge bei einer Weltmeisterschaft.
Erste Gerüchte über einen Nachfolger ploppten schnell auf. Eines davon heißt Fredi Bobic. Der 51-Jährige ist aktuell Geschäftsführer Sport bei Hertha BSC. Allerdings mit mäßigem Erfolg. Vor seiner Zeit in Berlin leistete er als Sportvorstand in Frankfurt hervorragende Arbeit und gewann mit der Eintracht 2018 den DFB-Pokal. In Stuttgart war seine Ära als Sportdirektor und später ebenfalls als Sportvorstand weniger erfolgreich. Von 2010 bis 2014 arbeitete der in Stuttgart-Bad Cannstatt aufgewachsene Bobic beim VfB. Es war sein zweites Kapitel beim Traditionsverein. Schließlich kickte der Stürmer von 1994 bis 1999 bei den Schwaben und war Teil des magischen Dreiecks um Krassimir Balakov und Giovane Elber.

Philipp Lahm und Matthias Sammer ebenfalls im Gespräch
Andere Namen für die Bierhoff-Nachfolge lauten Philipp Lahm und Matthias Sammer. Lahm kennt Bierhoff aus der gemeinsamen Zeit bei der Nationalmannschaft. Als Bierhoff zunächst Teammanager beim DFB wurde, war Lahm bereits Nationalspieler. Seine überzeugenden Leistungen als Bayern-Leihgabe beim VfB Stuttgart honorierte der damalige Teamchef Rudi Völler. Lahm war zehn Jahre eine der Säulen im DFB-Team und wurde 2014 Weltmeister. Mittlerweile darf sich Philipp Lahm als sportlicher Berater des VfB Stuttgart bezeichnen. Seit Sommer 2022 hat er diese Position inne.
Ebenfalls Berater ist auch Matthias Sammer. Bei seinem Ex-Club Borussia Dortmund unterstützt er Hans-Joachim Watzke und Sportdirektor Sebastian Kehl. Davor war Sammer selbst Spieler und Trainer beim BVB – aber auch beim VfB. Für die Schwaben kickte er von 1990 bis 1992 und wurde in seinem letzten Jahr beim VfB Deutscher Meister mit Stuttgart. In der Saison 2004/2005 trainierte er die Stuttgarter.
Sammer hat selbst schon Erfahrungen beim DFB gesammelt. Insgesamt sechs Jahre lang (2006 bis 2012) war der 55-Jährige Sportmanager beim DFB. Außerdem bekleidete Sammer ab 2010 das Amt des Nachwuchskoordinators.

Tuchel als Flick-Nachfolger?
Für den Bammentaler Hansi Flick verlief sein erstes Turnier als Bundestrainer schlecht. Es könnte auch bereits das letzte in dieser Rolle gewesen sein. Nachdem Joachim Löw im Sommer 2021 seinen Platz geräumt hatte, rückte sein ehemaliger Co-Trainer Hansi Flick nach. Hoch dekoriert mit Titeln en masse aus seiner kurzen Zeit als Bayern-Coach galt Flick als Traumlösung für den DFB. Doch die Realität sieht nach dem Scheitern von Katar anders aus. Fußball-Deutschland kritisiert den gebürtigen Heidelberger für seine Personalentscheidungen und die instabile Defensive.
Dieselben Probleme gab es schon unter Vorgänger Löw. Der Schwarzwälder prägte mehr als 15 Jahre eine Ära als Bundestrainer. 2014 führte er Deutschland zum vierten WM-Titel.
Nachdem Rücktritt von Oliver Bierhoff wackelt Flicks Trainerstuhl stärker als zuvor. Bierhoff galt als sein engster Vertrauter beim DFB. Mit dem als Nachfolger gehandelten Thomas Tuchel stünde ein weiterer Kandidat aus dem Südwesten als Nachfolger bereit. Der ehemalige Jugendtrainer des VfB und langjährige Coach von Mainz 05 ist seit Herbst 2022 vereinslos. Ein Jahr zuvor gewann er mit dem FC Chelsea die Champions League und die FIFA kürte ihn sogar zum Welttrainer des Jahres. Fachlich gibt es wohl kaum bessere deutsche Trainer als Thomas Tuchel.

Jürgen Klopp als Bundestrainer hätte Charme
Immer wieder gab es jedoch Stimmen, dass Tuchel dafür kommunikative Schwächen haben soll. Anders sieht das bei seinem Vorgänger als Dortmund-Trainer Jürgen Klopp aus. Der gebürtige Stuttgarter ist jetzt schon eine Legende. In Mainz führte er die Rheinhessen zum ersten Bundesliga-Aufstieg. Mit Dortmund gewann er zwei Meisterschaften und einmal den DFB-Pokal.
Mittlerweile trainiert er seit 2015 den FC Liverpool. Dank Klopp sind die Reds wieder ein Top-Team in England. 2019 gelang der Champions-League-Sieg. Ein Jahr später machte er sich unsterblich in Liverpool, als er mit seiner Truppe die Premier League gewann. Seit der Einführung 1992 war das dem Traditionsverein noch nie gelungen.
Doch die aktuelle Saison verläuft nicht wirklich nach Wunsch. Der Zug im Meisterschaftsrennen fährt diese Spielzeit ohne Liverpool ab. Dazu hatte er den Posten als Bundestrainer nie gänzlich ausgeschlossen. Doch sein Berater Marc Kosicke sagte gegenüber "Sky", er wolle seinen bis 2026 laufenden Vertrag erfüllen. Somit dürfte der Traum von Jürgen Klopp als Bundestrainer wohl weiter nur ein solcher bleiben.

Klinsmann sorgte für frischen Wind
Ein weiterer Jürgen war bereits Bundestrainer: Jürgen Klinsmann. Der gebürtige Geislinger übernahm ein am Boden liegendes DFB-Team nach der schmachvollen Europameisterschaft 2004. Gemeinsam mit Oliver Bierhoff und dem als Co-Trainer geholten Jogi Löw sorgte Klinsmann für eine Zeitenwende im deutschen Fußball. Viele sogenannte Experten und Fußballfunktionäre belächelten die Methoden des Wahl-Kaliforniers. Doch der frische Wind war überall zu spüren.
Die Weltmeisterschaft im eigenen Land wird immer mit dem ehemaligen VfB-Stürmer verbunden sein. Auch dank seiner Motivation und seiner Art entfachte er eine Fußballeuphorie, mit der das DFB-Team 2006 bis ins Halbfinale stürmte und im Spiel um Platz drei Portugal bezwang. Nach der WM war allerdings Schluss. Klinsmann sah seine Aufgabe als erledigt an.
Aber frischen Wind und Veränderung fordert Fußball-Deutschland. Ein Typ wie Jürgen Klinsmann, der Dinge anpackt und verändern will, könnte dem DFB gut zu Gesicht stehen. Ob als Trainer oder Geschäftsführer der Nationalmannschaft: Es könnte wieder jemand mit Südwest-Vergangenheit sein.