Nach zwei Monaten ist erst einmal Pause mit dem "Abenteuer Russland" für Sandro Schwarz. "Ich verbringe die Zeit um den Jahreswechsel bei meiner Familie in Frankfurt", sagt der Trainer des Fußball-Erstligisten Dynamo Moskau. "Ich mag meinen Job in Moskau und alles, was damit verbunden ist. Aber jetzt freue ich mich, Zeit mit Frau und Kindern verbringen zu können." Vier Siege, ein Unentschieden, drei Niederlagen: Mit der bisherigen Bilanz in Moskau kann der langjährige Coach des FSV Mainz 05 insgesamt zufrieden sein.
Wechsel nach Moskau kam überraschend
Als Schwarz im Oktober nach Russland wechselte, überraschte das manchen Experten - und auch den 42-Jährigen selbst, wie er im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur verrät. "Ja, damit habe ich nicht gerechnet. Aber Dynamo hat eine große Tradition, eine Perspektive und eine professionelle Struktur. Und Moskau ist eine Weltstadt. Ich wollte raus und neue Erfahrungen sammeln." Vor seiner Entscheidung sprach Schwarz unter anderem mit Ex-Nationalstürmer Kevin Kuranyi, der fünf Jahre lang bei Dynamo gespielt hat. "Der ist eine Vereinsikone hier."
Guter Erinnerungen an Zeit bei FSV Mainz 05
Seit 2013 arbeitete der in Mainz geborene Schwarz als Trainer beim FSV. Zunächst bei den A-Junioren, dann bei der 2. Mannschaft, schließlich als Coach des Bundesligateams. Nach neun Punkten in elf Spielen wurde er Ende 2019 freigestellt. "Ich schaue mit einem guten Gefühl nach Mainz zurück", sagt Schwarz. "Ich bedauere eigentlich nur, dass wir am Ende meiner Zeit dort einen Tick zu ungeduldig waren mit der Entwicklung der Mannschaft. Vielleicht haben wir zu viel auf einmal gewollt. Aber im Rückblick ist man immer schlauer."
In Moskau hat Schwarz einen Vertrag bis 2022. Derzeit pauke er die Landessprache. "Die wichtigsten Worte beherrsche ich schon, aber ich habe noch ein Stück Weg vor mir", zudem gewinne er Moskau immer mehr Lebensqualität ab. "Das erste Mal auf dem Roten Platz vor dem Kreml zu stehen: Das war schon imposant." Er wohnt auf dem Vereinsgelände, verbringt fast die ganze Zeit dort, und bekommt auch deswegen wenig von der Corona-Pandemie mit. "Wir werden dauernd getestet. Insofern ist das in unserer kleinen Blase ein einigermaßen gewohntes Leben."
Schwarz sieht Dynamo Moskau auf gutem Weg
Und wie lautet die sportliche Bilanz beim aktuellen Tabellensiebten mit den Ex-Bundesligaprofis Roman Neustädter und Konstantin Rausch? "Unsere Punktausbeute ist gut, aber was noch wichtiger ist: Ich habe eine junge, talentierte, wissbegierige Mannschaft. Ein Team, das ab und zu Lehrgeld zahlt, aber eins, das engagiert ist und Herz und Mut hat."
Und wie groß ist der Druck? Der Sponsor VTB-Bank hat in den vergangenen Jahren immerhin viele Millionen investiert, um Dynamo nach zahlreichen mageren Jahren endlich weiter nach oben zu bringen. "Druck ist immer da", sagt Schwarz. In Mainz musste der Klassenerhalt stets neu erkämpft werden. Bei Dynamo, dem Verein von Torwartlegende Lew Jaschin (1929-1990), habe man die Ambition, zum 100-jährigen Klub-Jubiläum 2023 ganz oben mitzuspielen - trotz der Übermacht der Konkurrenten Zenit St. Petersburg und ZSKA Moskau. "Druck ist für Trainer nichts Ungewöhnliches. Ich kann gut damit umgehen."
Schwarz nicht der erste deutsche Trainer in Russland
Schwarz steht in einer Tradition deutscher Trainer in Russland. Vor ihm arbeiteten bereits unter anderem Jürgen Röber und Frank Greiner im größten Land der Erde, und bei Rekordmeister Spartak Moskau hat Domenico Tedesco gerade seinen Abschied zum Saisonende angekündigt. Und wo steht der russische Fußball anderthalb Jahre nach der Fußball-Weltmeisterschaft im eigenen Land? "Hier wird ein guter Ball gespielt", meint Schwarz.
Für Schwarz und Dynamo geht es im Februar mit einem Spiel im tschetschenischen Grosny weiter. Stört bis dahin der traditionell starke Winter nicht die Vorbereitung? Nein, sagt der Trainer. "Zum einen ist Moskau nicht Sibirien, zum anderen haben wir jetzt Winterpause." Die Vorbereitung auf den zweiten Teil der Saison verbringe das Team im Januar und Februar in wärmeren Gegenden. In der aktuellen Spielzeit sei eins der Ziele, attraktiven Fußball zu bieten. "Zuletzt durften zumindest 6.000 Zuschauer ins Stadion. Von denen will niemand ein sinnloses Ballgeschiebe sehen."