Noch nie war das Interesse an einem Fußball-Großereignis der Frauen so groß. Das EM-Finale zwischen Deutschland und England am Sonntag lockte in Deutschland durchschnittlich knapp 18 Millionen Menschen vor die Bildschirme. Vor Ort sorgten 90.000 Zuschauer im ausverkauften Wembley-Stadion für eine Gänsehaut-Atmosphäre.
Weniger prickelnd sind die Zahlen des Deutschen Fußball-Bunds (DFB), wenn es um den Frauenfußball geht. Seit 2010 ist die Zahl der aktiven Fußballerinnen stark zurückgegangen, gut die Hälfte der Mädchenmannschaften hat den Spielbetrieb seitdem eingestellt.
Die Freiburgerin Melanie Behringer, mit 123 Länderspielen und zahlreichen Titeln eine der erfolgreichsten deutschen Fußballerinnen, glaubt, dass die erfolgreiche EM, die das DFB-Team mit Platz zwei beendete, eine Wende bringt. "Das war sehr, sehr wichtig, dass die Frauen ein starkes Turnier zeigen - gerade auch für den Nachwuchs. Dass die Mädchen jetzt auch viel mehr Interesse haben, Fußball zu spielen, weil sie ihren Vorbildern nacheifern wollen. Jetzt wünschen wir uns natürlich alle, dass sich wieder zahlreiche Mädels anmelden“, sagt Behringer dem SWR.
"Es hat sich alles gebessert"
Die 36-Jährige hat mit der DFB-Auswahl so gut wie alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. In Behringers Titelsammlung stehen unter anderem zwei EM-Titel, ein WM-Titel und ein Olympiasieg. 2016 belegte sie bei der Wahl zur Weltfußballerin des Jahres Platz drei. Mittlerweile ist die Freiburgerin im DFB-Nachwuchsbereich als Co-Trainerin der U17 tätig. Die gerade zu Ende gegangene EM in England hat Behringer begeistert: "Es waren wirklich gute Spiele, das Niveau war gut, es hat sich alles gebessert. Alle Spiele wurden im Fernsehen gezeigt, das ist ja auch wichtig. Deswegen glaube ich schon, dass es eine Begeisterung in Deutschland auslöst bei den Mädels und dass jetzt zahlreiche Neuanmeldungen kommen werden."
Frauen-Fußball muss "professioneller werden"
Eine große Portion dieser EM-Euphorie könnte auch die Fußball-Bundesliga der Frauen gut vertragen. Die Resonanz hält sich bisher stark in Grenzen. In der abgelaufenen Saison kamen pro Spiel im Schnitt nur gut 800 Zuschauer in die Stadien. Auch im Fernsehen, wo mittlerweile regelmäßig Bundesliga-Spiele live übertragen werden, hielt sich das Interesse in Grenzen. "Insgesamt muss es noch professioneller werden", sagt Behringer. "Einige Spielerinnen trainieren immer noch unter unprofessionellen Bedingungen. Sie müssen nebenher noch etwa 40 Stunden arbeiten."
Immer wieder erwähnt Behringer das Vorbild England: "Die sind dort Vollprofis. Sie bekommen einen Betrag X, damit sie nicht mehr nebenher arbeiten müssen. Ich glaube, in die Richtung muss es jetzt auch bei uns gehen.“ Dafür, so Behringer, brauche es Sponsoren, die das Ganze unterstützen. "Das wäre jetzt nach der EM wichtig. Dass alle mit aufs Boot springen."