Den Sommer hatten sie sich in Sand eigentlich anders vorgestellt - leicht, vielleicht mit einer Party zum Klassenerhalt und vor allem mit der Vorbereitung auf die Bundesliga. Doch nach dem Abstieg ist die Realität beim SC Sand eine andere. "Der Umbruch ist groß", sagt Sascha Reiss, Sportlicher Leiter des Clubs, im Gespräch mit SWR Sport. Denn viele Spielerinnen wollen weiterhin erstklassig spielen, haben den Verein im Sommer verlassen.
Verständlicherweise: "Für die Nationalspielerinnen ist es wichtig, weiterhin in einer ersten Liga zu spielen – um auch die Nominierung zu rechtfertigen", so Reiss.
Und Sand ist nicht mehr erstklassig. Nach acht Jahren in der Bundesliga war Ende der vergangenen Saison Schluss. Dabei hatte der Verein, hatten Trainer Alexander Fischinger und sein Team gekämpft, und versucht, den großen Clubs in der Liga die Stirn zu bieten. Und das, ohne unter dem Dach eines großen Männervereins zu agieren. Damit ist der Club eine Ausnahme – denn selbst Turbine Potsdam hat inzwischen eine Kooperation mit Hertha BSC.
"Dorfverein" vs. Lizenzvereine?
"Wir als SC Sand sind natürlich stolz, eigenständig zu sein und als kleiner Dorfverein auch so lange Bundesliga gespielt zu haben", sagt Reiss. "Andererseits sieht man auch die Entwicklung im Frauenfußball und dass, wenn Lizenzvereine ernst machen und ihre Frauenabteilungen entsprechend unterstützen, es dann für alle eigenständigen Vereine extrem schwer ist."
Denn der selbsternannte "Dorfverein" ist damit auch im Südwesten eine Ausnahme. Die TSG Hoffenheim und der SC Freiburg haben Profiteams in der Bundesliga der Fußballerinnen, sind dort nicht mehr wegzudenken. Während es in Freiburg schon seit 1975 eine Abteilung für die Fußballerinnen gibt, ist die Historie in Hoffenheim traditionell kürzer. Ambitioniert aber sind beide Clubs.
Stuttgart und Mainz steigen ein
Das gilt auch für den VfB Stuttgart, der bis 2021 aber ein reiner "Boys Club" war – zumindest auf dem Platz. Inzwischen kooperieren die Stuttgarterinnen mit dem VfB Obertürkheim. Präsident Claus Vogt hatte das als "historischen Schritt" bezeichnet, schließlich habe es seit etwa 15 Jahren Gedanken und Gespräche gegeben, damit künftig auch Frauen im VfB-Trikot auflaufen können. Ob es auch in Mainz 15 Jahre gedauert hat, ist nicht überliefert. Aber, so Vorstand Christian Heidel, auch die Kooperation mit dem TSV Schott Mainz, sei lange und gründlich vorbereitet worden.
"Es war ein von beiden Seiten geäußerter Wunsch. Für uns ist das eine prima Geschichte. Wir verbinden jetzt die jahrelange Erfahrung des TSV Schott im Bereich mit der Strahlkraft und den Möglichkeiten des Bundesligisten Mainz 05", so Heidel. Das ausgegebene Ziel: die Bedingungen für die Fußballerinnen "professionalisieren und fördern". Zudem seien die 05er in der Vergangenheit dafür kritisiert worden, kein eigenes Team für die Fußballerinnen zu haben. Heidel hofft auf eine "Erfolgsgeschichte für den Verein". Vielleicht ja auch für die Fußballerinnen.
Förderung für kleine Clubs?
Die Entwicklung, nicht nur im Südwesten, haben sie auch in Sand im Blick. "Wir verschließen die Augen nicht davor. Wenn sich da mal Gespräche mit einem Verein anböten, dann wären wir dazu bereit", sagt Reiss. Denn das ohnehin schon nicht üppige Budget des Vereins ist mit dem Abstieg noch schmaler geworden. Schließlich gibt es in der 2. Bundesliga nur etwa ein Zehntel der TV-Gelder, die Sichtbarkeit ist geringer. Zwar will der SC den direkten Wiederaufstieg schaffen, aber: "Damit es den SC Sand weiter im professionellen Bereich gibt, braucht es bei uns natürlich auch Entwicklung und die nötigen finanziellen Rahmenbedingungen", so Reiss.
"Wir bekommen vom DFB, was die Lizenzierung angeht, die gleichen Vorgaben wie andere Vereine. Dort steht aber oft eine ganz andere Infrastruktur – etwa in größeren Städten, mit Stadien", erklärt der Sportliche Leiter. So ist ab der kommenden Saison Flutlicht in der Bundesliga Pflicht, damit auch Abendspiele ausgetragen werden können. "Wir haben uns bekannt und werden das Flutlicht bauen, damit wir – wenn es wieder in die erste Liga gehen sollte – gewappnet sind", sagt Reiss. Dafür aber haben sie eine Spendenkampagne ins Leben gerufen. Denn: "Das sind alles Baustellen und wir müssen für diese Infrastruktur Mittel bereitstellen, die uns im Kaderbudget dann fehlen."
Auch künftig wettbewerbsfähig?
Sascha Reiss wünscht sich deshalb mehr Unterstützung vom DFB, etwa ein Förderprogramm. "Damit wir auch diese Dinge vorantreiben und wettbewerbsfähig bleiben können", sagt er. "Natürlich soll der Frauenfußball vermarktet werden, da gehören solche Dinge dazu. Allerdings ist es für einen kleinen Verein wie den SC Sand schwierig, das Ganze allein zu stemmen." Denn der SC Sand will weiter Teil dieser Entwicklung sein – auch noch im nächsten Sommer.