Die Fußballerinnen brechen bei der Europameisterschaft Rekorde – und sorgen für Begeisterung. Auch bei SWR-Sportreporterin Christina Graf, die für die ARD Spiele bei der EM kommentiert und vor dem Halbfinale des deutschen Teams am Mittwoch gegen Frankreich (21 Uhr) eine erste Zwischenbilanz zieht. "Eines meiner persönlichen Highlights war auf jeden Fall das Eröffnungsspiel im Old Trafford", erzählt sie. "Das war schon besonders." Die Kulisse und ein packendes Spiel gegen Österreich: "Das hat einfach auch gezeigt, dass Frauenfußball von Beginn an begeistern kann. Das war ein sehr, sehr guter Auftakt für das Turnier", so Graf.
Halbfinale als Bewährungsprobe
Bleibenden Eindruck aber hat auch schon das deutsche Team hinterlassen - und das nicht nur bei all jenen, die die TV-Übertragungen verfolgt, und auch dort für Rekordquoten gesorgt haben. "Das Spiel gegen Spanien fand ich beeindruckend, weil sie das 2:0 gegen solch eine Truppe so herausgespielt haben", sagt die Reporterin. Sie selbst hat aber auch eine Partie der Halbfinalgegnerinnen aus Frankreich kommentiert. "Da waren sie nicht drückend überlegen, aber die fußballerische Qualität der Einzelspielerinnen - die ist schon wirklich etwas Besonderes."
Eben jene Qualität, so Graf, könnte für das deutsche Team im Halbfinale zu einer echten Bewährungsprobe werden. "Die deutsche Defensive ist in diesem Turnier noch nicht komplett geprüft worden und das wird sich gegen Frankreich ändern. Die Französinnen spielen tollen Fußball." Aber das Team von Trainerin Martina Voss-Tecklenburg, das in der individuellen Qualität auf den einzelnen Position nicht ganz so stark besetzt ist wie Frankreich, hat dem etwas entgegen zu setzen.
Deutsches Team mit Fokus
"Die ganz große Stärke ist, dass sie ein Team sind und diesen Spirit auch zeigen. Das macht sie aus." Und das auf und abseits des Platzes - denn die deutschen Spielerinnen sind etwa auch dann gemeinsam unterwegs, wenn es der Plan der Nationalelf nicht zwingend vorsieht. So erkundeten sie am freien Tag gemeinsam London und versuchten zwischen Streetfood und Sightseeing gemeinsam abzuschalten.
Und bereits während der gesamten EM scheint es, als stimme die Balance zwischen Anspannung und Entspannung im deutschen Team. "Sie schaffen es, Ruhe zu bewahren", sagt Graf, die das Viertelfinale gegen die starken Österreicherinnen in der ARD kommentiert hat. "Sie sind bei sich geblieben und haben auch kleine Umstellungen vornehmen können." In den Drangphasen der Österreicherinnen haben die Deutschen so die Nerven behalten.
Intensiv - bis zum Schluss
Auch das ist eine zentrale Qualität des Teams. Gegen Frankreich aber darf es sich dann kaum Fehler leisten - Fehlpässe in die Offensive könnten sonst sofort bestraft werden. Zwar fehlte auch den Französinnen vor dem Tor zuletzt nur allzu oft "der letzte Punch", im Halbfinale aber könnte sich das dann ändern. Deshalb glaubt Graf: "Das wird sehr intensiv, aber die Teamfähigkeit wird ein ganz großes Plus der Deutschen."
Engländerinnen sind Titel-Favorit
Für Christina Graf ist übrigens weder das deutsche noch das französische Team Favorit auf den EM-Titel. "Die Engländerinnen haben bei diesem Turnier schon alles erlebt: Sie haben vor großer Kulisse gespielt, das Spiel gegen Spanien gedreht, sie feiern, haben die Fans hinter sich und sind ein Team." Und das bei starken Einzelspielerinnen wie Ellen White, Beath Mead und Lauren Hemp, die sich zudem auch auf all jene verlassen können, die von der Bank kommen. "Das macht sie für mich zu den Favoritinnen. Ich bin sehr gespannt und fänd ein deutsch-englisches Finale ziemlich geil."
Und das würde dann nicht nur noch mehr Begeisterung erzeugen, sondern auch den nächsten Rekord. Denn das Finale in Wembley war in nur einer Stunde ausverkauft - und könnte mit bis zu 89.000 Fans für eine EM-Rekordkulisse sorgen.