SWR Sport: Im Nachgang zum sogenannten G-15 Treffen berichtete Karl-Heinz Rummenigge öffentlich von einem Telefonat mit Thomas Hitzlsperger. Rummenigge habe Hitzlsperger gefragt, warum er das Papier unterschrieben habe. Und ihm erklärt, "dass in der Vergangenheit aus manchem Saulus auch ein Paulus wurde." Was ist das für eine Sprache und wo liegt da die Gefahr?
Andreas Rettig: Der FC Bayern ist ja schon in der Vergangenheit aufgefallen, als er das Grundgesetz bemüht hat, in einer öffentlichkeitswirksamen Pressekonferenz. Jetzt ist es mit "vom Paulus zum Saulus" das Neue Testament, die Bibel - vielmehr kann zum Glück nicht mehr kommen, vom Steigerungspotential her. Ich wäre beleidigt an Thomas Hitzlspergers Stelle, wenn aus einem Telefonat öffentlich berichtet wird. Ich weiß nicht, wem das dienen soll, außer einem Vertrauensverlust.
"Sie haben den Fehdehandschuh in den Ring geworfen", sagte Rummenigge mit einiger Schärfe an die Adresse des VfB Stuttgart, Mainz 05, Augsburg, Bielefeld sowie zehn Zweitligisten. Fehdehandschuh heißt: Es gibt ein Duell und da soll einer vernichtet werden. Wie bewerten Sie diese Rhetorik?
Ich finde das die Rhetorik, die von Rummenigge an den Tag gelegt wird, keine ist, die der Sache dient. Dieses martialische Geschrei hilft auch niemanden. Ich weiß auch nicht was das soll. Vor allen Dingen, wenn man die gestrige Sitzung mal analysiert: Da werden 15 Manager quer durch die Republik gebeten um am Ende vier Dinge zu erklären: Das erste war "Die Kompetenz in Sachen Verteilungsschlüssel liegt im DFL-Präsidium". Ja, das wissen wir, steht in der Satzung. Zweitens wird gesagt "Die DFL-Aufsichtsräte haben über die Nachfolge von Herrn Seyffert zu befinden". Ja, auch das wissen wir, steht in der Satzung. Drittens wird gesagt "Wir folgen zukünftig den Corona-Spielregeln der Politik". Ja was denn sonst? Und viertens wird ein Bekenntnis zu Herrn Keller als DFB-Präsident abgegeben. Dafür muss man nicht stundenlang zusammensitzen. Ich muss sagen, das hat mich schon amüsiert.
Neben der Art und Weise haben Sie auch den Zeitpunkt des Treffens in Frage gestellt. Warum?
Wir wissen alle in welch schwierigen Zeiten wird sind. Wir stellen eine Entfremdung fest und die wird ja potenziert durch diese Pandemie. Die Leute haben ganz andere Sorgen als sich jetzt noch mit Verteilungskämpfen der Bundesliga auseinanderzusetzen. Einen solchen Zaum jetzt in dieser Phase zu beginnen ist verfehlt. Zumal man auch erinnern sollte, dass auch der FC Bayern vor nicht allzu langer Zeit sich auch sehr demütig gezeigt hat und auch den Re-Start begründet hat und dankbar war mit dem Hinweis "Wir wollen auch wieder der Gesellschaft Freude und Zuversicht vermitteln". Das hat nicht lange gehalten, Freude und Zuversicht erkenne ich aus dieser - wie Sie es sagen "Kampfansage" nicht. Da wäre der FC Bayern klug beraten gewesen, diese kritischen Geister im stillen Kämmerlein an den Tisch zu bitten, das kontrovers hinter verschlossenen Türen auszudiskutieren und dann mit einem gemeinsamen Statement nach draußen zu gehen das Zuversicht und Solidarität verströmt. Nach dem Motto: Wir lassen keinen fallen, gemeinsam kommen wir durch diese schwere Zeit. Und die Großen hätten die Kleinen untergehakt. Aber vielleicht bin ich da zu romantisch veranlagt.
Sie haben den Fußball im Blick - als Fürsprecher der kleineren Vereine – wie beurteilen Sie die Situation von Mainz 05, dem aktuellen Tabellenletzten der Bundesliga?
Ich habe für Klubs dieser Kategorie - Mainz, Freiburg, Augsburg - deshalb große Sympathie, weil sie immer mit großem Verantwortungsbewusstsein mit den zur Verfügung gestellten Ressourcen umgegangen sind. Bisher ist auch Mainz aufgefallen durch eine seriöse Politik der wirtschaftlichen Vernunft. Zuletzt gab es sicherlich ein paar Turbulenzen. Aber ich bin mir sicher, wenn das was die Mainzer Tugenden immer ausgemacht hat - Zusammenhalt - dann wird auch Mainz wieder aus diesem Schlamassel rauskommen.