Es könnte ein historischer Samstag in der Fußball-Bundesliga werden, dieser 15. Spieltag der Saison 2020/21. Wenn der FC Schalke wieder nicht gewinnt, dann wäre der Uralt-Rekord von Tasmania Berlin aus der Saison 1965/66 von 31 sieglosen Bundesliga-Spielen nacheinander eingestellt. Auch wenn der Rekord von Tasmania wohl einzigartig bleiben wird: Die Berliner hatten das damals in einer Saison geschafft, wofür der FC Schalke eventuell zwei Spielzeiten bräuchte. Aber 31 Mal sieglos nacheinander, es wäre eben heute fast so historisch wie damals.
TSG-Krise überstrahlt Tasmania in Hoffenheim
Während die "Bricht-Schalke-den-Tasmania-Rekord-Wetten" seit Wochen in alle Richtungen heiß laufen, hat in Hoffenheim Trainer Sebastian Hoeneß keinen Kopf für Rekorde: "Ich kann verstehen, dass es bei Fans und Medien ein Thema ist, aber für uns ist es irrelevant."
Mit Arroganz hat das beim sympathischen TSG-Trainer nichts zu tun. Aber der 38-Jährige hat den Kopf voll mit den eigenen Problemen. Mit gerade mal vier Siegen aus 14 Spielen hinken die Hoffenheimer - auf Platz 13 - den eigenen Ansprüchen weit hinterher. Da hilft der historische, erstmalige Einzug in die Ko.-Runde der Europa League kaum. Fakt ist: In der Liga droht mit aktuell nur fünf Punkten Vorsprung auf Relegationsplatz 16 der Abstiegskampf.
Endspiel um den Trainerjob statt Jagd auf Tasmania-Rekord?
Längst vergessen ist der Start der TSG mit Bundesliga-Neuling Sebastian Hoeneß, als Hoffenheim am zweiten Spieltag den FC Bayern mit 4:1 besiegte und Tabellenführer war. Zu präsent ist inzwischen der Frust: Zu Jahresbeginn wirkte es wie eine Kopie des Abschieds aus 2020. "Das geht so nicht weiter!", wiederholte sich Kapitän Oliver Baumann nach dem 1:3 gegen Freiburg. "Wir kriegen die Tore zu einfach" war noch so ein Satz, den der TSG-Torwart in dieser Saison nicht zum ersten Mal los wurde. Zurecht. "Zu einfach" heißt zu oft: Hoffenheim lässt sich überrumpeln, mal geht es zu schnell, mal fehlt die Zuordnung. Und immer wieder sieht man Verteidiger, die sich gegenseitig fragend angucken und einen Oliver Baumann, der tobt.
Mit 26 Gegentoren hat Hoffenheim die drittschlechteste Defensive der Liga. Kein Bundesliga-Spiel ohne Gegentor, das hat sonst nur Schalke in dieser Saison geschafft.
"Die Rückendeckung der Verantwortlichen ist seit Wochen da und fühlt sich gut an. Nach Rückschlägen wird sich gemeinsam kurz geschüttelt und dann an Lösungen gearbeitet. Der mediale Druck gehört zum Job."
Zwischen Pech und Ratlosigkeit
Seine Bundesliga-Debüt-Saison hatte sich Sebastian Hoeneß sicherlich anders vorgestellt. "Manchmal fragst du dich, was wir verbrochen haben", war trotzdem einer der wenigen Sätze, in dem der Sohn von Dieter Hoeneß mal das Pech ansprach, dass in den letzten Monaten die spielerischen Mängel begleitet hat. Zwischenzeitlich hatte die TSG neun Corona-positive-Spieler gleichzeitig, dazu kamen immer wieder verletzte Leistungsträger. Beispielsweise fehlt Kapitän Benjamin Hübner in der Defensive seit Saisonbeginn.
Es gibt viele Gründe für die bislang verkorkste Bundesliga-Saison, aber eben auch viele Fragezeichen. Skeptiker sprechen längst von Ratlosigkeit. "...Wir haben zu viele Gegentore bekommen [...], zu häufig mit der ersten Chance das 0:1 [...] Da gehört auch die Offensive dazu. Es sind komplexe Themen, an denen wir arbeiten." Sebastian Hoeneß sucht nach Lösungen und klingt ruhig, wenn er das sagt. Dass er dabei nicht an Tasmania Berlin denkt ist verständlich. Denn eine Niederlage auf Schalke hätte für ihn und die TSG Hoffenheim möglicherweise ganz andere Konsequenzen, als einen Eintrag in die Bundesliga-Geschichtsbücher.