Die erste Übungseinheit musste noch ohne ihn stattfinden. Als sich die Hoffenheimer Profis am Montagnachmittag im Trainingscamp in Zuzenhausen zum Aufgalopp nach der Weihnachtspause auf dem Rasen versammelten, wurde hinter den Kulissen in der Geschäftsstelle noch an den letzten Transferdetails gefeilt.
Kevin Vogt freut sich "über jedes Tor" von Dolberg
Am Abend war dann alles wasserdicht und der Transfer konnte verkündet werden: Kasper Dolberg stürmt in der Rückrunde für die TSG. Ein Angreifer von internationalem Format, den nicht nur seine dänischen TSG-Landsmänner Robert Skov und Jacob Bruun Larsen ganz prima finden.
"Wir freuen uns natürlich über Neuzugänge", sagte Abwehr-Boss Kevin Vogt gegenüber SWR Sport, "und wir freuen uns auf seine Qualitäten, auf jedes Tor das er schießt. Dass er das kann, das hat er schon bewiesen".
Kasper Dolberg. Der Name besitzt illustren Klang in der Welt des Fußballs. Der Däne gilt seit Jahren als eines der herausragenden Torjäger-Talente in Europa. Ajax Amsterdam, Nizza, Sevilla heißen seine bisherigen Profi-Stationen. 40 Länderspiele mit elf Treffern für Dänemark stehen zu Buche. WM- und EM-Teilnahmen.
Großartiger Karrierestart bei Ajax Amsterdam
Sein Karrierestart war phänomenal: 2015 war Dolberg aus der U19 von Silkeborg zu Ajax Amsterdam gewechselt und nahm danach schnell bei den Profis des Traditionsklubs eine aufsehenerregende Entwicklung. Bereits in seiner ersten Saison 2016/17 in der niederländischen Eredivisie startete das Ajax-Toptalent als 19-Jähriger voll durch, schoss in 29 Spielen 16 Tore und gab sechs Vorlagen. Immer wenn er traf, verlor Ajax kein Spiel. Dazu kamen noch sechs Treffer in zwölf Europa-League-Spielen.

Mit Ajax 2017 im Europa-League-Finale
Auch der Autor dieser Zeilen kann sich noch bestens an jene blutjunge Ajax-Mannschaft mit Dolberg als Mittelstürmer erinnern, die 2017 sensationell sogar ins Finale der Europa League stürmte. Spieler wie Onana, de Ligt, Klaassen, Ziyech, Traore und eben Dolberg verzückten 2017 ganz Fußball-Europa. Erst im Finale scheiterten die Ajax-"Himmelsstürmer" an Manchester United. Auch im dänischen Nationalteam wurde der blonde Stürmer früh eine feste Größe.
Nicht nur Stevens und Klopp schwärmten vom Ajax-Jungstar Dolberg
Klar, dass sich damals vor allem die englischen Scouts in der Amsterdamer Arena die Klinke in die Hand drückten. Dolberg wurde bereits mit anderen Mittelstürmer-Größen wie Klaas-Jan Huntelaar (wechselte zu Real Madrid), Zlatan Ibrahimovic (zu Juventus) oder Luis Suarez (FC Liverpool) verglichen, die als junge Spieler in den Jahren zuvor vom "Sprungbrett Ajax" aus ihre internationale Karriere starteten. Kasper Dolbergs Fußball-Zeugnis: Abschluß- und kopfballstark, mit guter Technik, auch im Eins-gegen-Eins.
"Er spielt wie Lewandowski", spendete der niederländische Ex-VfB- und Schalke-Trainer Huub Stevens dem jungen Dolberg Applaus. Und auch Jürgen Klopp outete sich damals als Fan des großgewachsenen Stürmers: "Wer kennt Kapser Dolberg nicht?", so der Liverpool-Coach, "er hat eine große Zukunft, ist ein fantastischer Spieler".
Dolberg wurde bereits als "der neue Ibrahimovic" gefeiert
"Der neue Ibrahimovic", wie ihn damals die Medien fast hymnisch bezeichneten, konnte das große Versprechen für die Zukunft allerdings (noch) nicht einlösen. In den beiden Folgejahren schoss Dolberg für Ajax "nur" noch sechs, beziehungsweise elf Ligatreffer. Verletzungen und Formkrisen setzten ihm zu.
2019 der Wechsel nach Nizza
Statt wie erwartet zu einem internationalen Großklub wechselte der Angreifer 2019 für geschätzte 20 Millionen Euro zu OGC Nizza nach Frankreich. Einem guten Start mit elf Treffern in seinem ersten Jahr an der Mittelmeerküste folgten lediglich jeweils sechs Tore in den beiden nächsten Saisons in der französischen Liga. Ende 2021 wurde bei ihm eine Diabetes Typ 1-Erkrankung diagnostiziert. Richtig behandelt hatte sie seither aber keine Auswirkungen auf seine Profi-Laufbahn.
Mit dem Transfer auf Leihbasis im vergangenen Sommer zum FC Sevilla wollte Kasper Dolberg seiner ins Stocken geratenen Karriere neuen Schwung verleihen. Das gelang nicht. In jeweils vier Einsätzen in der spanischen Liga und in er Champions League blieb der Däne gänzlich ohne Erfolgserlebnis. Der hochbegabte Stürmer hinkte einmal mehr den großen Erwartungen hinterher.
Alexander Rosen war schon 2019 an Dolberg dran
Erst das sportliche Missverständnis zwischen Sevilla und Dolberg bot schließlich der TSG Hoffenheim die Gelegenheit, den Angreifer mit dem schlummernden Torjäger-Potenzial doch noch in den Kraichgau zu holen.
Alexander Rosen, der Direktor Profifußball der TSG, bastelte seit Wochen am Transfer. Schon 2019 zeigte der Hoffenheimer Kaderplaner sein Interesse an Dolberg, konnte und wollte aber in Sachen Ablöse nicht mit Nizza mithalten. Jetzt also der erfolgreiche zweite Versuch.
Für Hoffenheim ist das mehr Chance als Risiko aufgrund des Leihvertrags bis Saisonende. Mit dem Dänen besitzt die TSG jetzt einen Angreifer, den sie mit dieser Struktur (groß, kräftig, Zielspieler) nicht im Kader hatte: "Intelligente Spielweise, hervorragende Ballbehandlung, Dynamik, Körperlichkeit", schwärmt Rosen über seinen neuen Transfer-Coup.

Hoffenheim ist auch für Dolberg eine große Chance
Die TSG Hoffenheim ist jetzt aber auch für Dolberg, inzwischen 25, die nächste große Chance, in einer renommierten Liga wieder auf sich als Torjäger aufmerksam zu machen. Mit einem erfahrenen Trainer Breitenreiter, einem gewachsenen Team in einem ruhigen Umfeld und ohne den ganz großen medialen Druck.
"Ich möchte dem Jungen jetzt keine Erwartungshaltung mit auf den Weg geben. Jetzt lernen wir uns erstmal kennen", nimmt TSG-Mitspieler Kevin Vogt erstmal den Fuß vom Gas, "wir versuchen ihn möglichst schnell zu integrieren, dass er uns schnell weiterhilft".
Was er kann, zeigte Dolberg nicht zuletzt während der EM 2021 eindrucksvoll, als er die Dänen mit drei Treffern gegen Wales und Tschechien bis ins Halbfinale schoss. Das "Babyface mit dem Torinstinkt", titelte damals der "Spiegel". Auch bei der WM in Katar kam Dolberg dreimal zum Einsatz, blieb aber ohne Torerfolg.
Ab sofort im Trainingslager an der Algarve
Das Trainingslager im portugiesischen Albufeira in dieser Woche bietet nun für einen Neustart beste Gelegenheit. Alle Wechselformalitäten sind geklärt. An der Algarve steht Kapser Dolberg ab sofort mit demTSG-Team endlich auch auf dem Trainingsplatz.