Auf dem Pressepodium in Mönchengladbach wirkte Sebastian Hoeneß fahrig und angefressen. Unmittelbar nach der 1:5-Schlappe bei der Borussia hatte der Cheftrainer der TSG 1899 Hoffenheim hautnah beobachten können, wie schnell es gehen kann: Gladbach und Trainer Adi Hütter gaben am Samstag nach Ende der Spielzeit in der Fußball-Bundesliga ihre Trennung bekannt. "Schön finde ich das nicht, aber ich kann nicht viel zu irgendwelchen Hintergründen sagen", sagte Hoeneß.
Medienbericht: Hoeneß muss in Hoffenheim um Trainerposten bangen
Dem 40-Jährigen selbst gehen nach über zwei Monaten ohne Sieg und der zweiten Saison ohne Europapokal-Qualifikation allmählich die Argumente aus. Nach einem Bericht der "Bild am Sonntag" muss er um seinen Trainerposten bangen. Demnach soll Sportchef Alexander Rosen die letzten drei Spiele abgewartet haben, um sich ein Urteil zu bilden. Diese gingen gegen Freiburg, Leverkusen und Gladbach mit insgesamt 13 Gegentoren verloren. Inhaltlich wollte sich der Club am Sonntag nicht zu dem Bericht äußern. Noch Ende April hatte Rosen seinen Trainer demonstrativ gestärkt und Zweifel an dessen Arbeit ausgeräumt.
TSG-Trainer Hoeneß: "Bin nicht ratlos"
"Ich bin nicht ratlos. Ich weiß ziemlich genau, wo wir ansetzen müssen. Es wird deutlich, dass es Veränderungen geben muss in vielen Bereichen", kündigte Hoeneß nach der deutlichen Pleite an. Von März an wurden quasi nacheinander alle Träume und Ziele verspielt: Erst die Champions League, dann die Europa League und die Conference League und am Ende auch noch Platz acht. 0:3 bei Hertha, 0:3 in Leipzig, 3:4 gegen Freiburg, 2:4 gegen Leverkusen und nun 1:5 in Gladbach: Es ist viel zusammengekommen bei der TSG in den vergangenen Wochen. Torhüter Oliver Baumann sagte in aller Deutlichkeit: "Es ist unerklärlich, wie wir eingebrochen sind. Es war nicht nur eine schlechte Phase, es waren neun Spiele. Das ist zu lang. In mir herrscht eine große Leere. Ich kann mich nur bei den Fans entschuldigen, man kann nicht so eine Leistung zeigen." Die Niederlage sei "die Krönung der vergangenen Wochen", fügte der Schlussmann an.
TSG Hoffenheim: Zu viele Ausfälle, zu viele Gegentore
Wenn man bedenkt, dass Alfred Schreuder im Juni 2020 gehen musste, als er mit der TSG auf einem Europapokal-Platz stand, ist es um Hoeneß recht ruhig, trotz der wochenlangen Tiefphase. "Uns fehlen zu viele Spieler und wir kriegen zu viele Gegentore. Da müssen Ansätze her, um uns zu verbessern", sagte Hoeneß erneut. "Wir fahren hier, wenn ich das so sagen darf, mit dem letzten Aufgebot her. Es gibt einfach keine Alternativen mehr." Diesmal trafen vor 50.395 Zuschauern im Borussia-Park Lars Stindl, Alassane Pléa, Breel Embolo sowie zweimal Nationalspieler Jonas Hofmann. Das frühe Hoffenheimer Führungstor des Kroaten Andrej Kramaric war wertlos.
Prömel wechselt vom Europa-League-Teilnehmer Berlin zur TSG
Jener Kramaric hatte an einem herrlichen Frühlingsnachmittag im März vor dem 1:1 gegen den FC Bayern seine Vertragsverlängerung um drei Jahre bis 2025 verkünden lassen. Seitdem hat die TSG kein Bundesliga-Spiel mehr gewonnen. Klar: Kramaric ist in der Region in den vergangenen Jahren heimisch geworden, hätte sich als Vize-Weltmeister und internationaler Topakteur aber sicher etwas mehr Perspektive gewünscht als ein weiteres Jahr ohne Europapokal. So geht es auch Grischa Prömel, der den mit großen Emotionen aufgeladenen Europa-League-Starter Union Berlin verlässt und im Sommer zur TSG wechselt, wo es nach dem miesen Saisonfinale eher mit gedämpfter Freude losgehen dürfte. "Danke an alle Unioner, die es überhaupt gibt. Die letzten fünf Jahren waren eine unfassbare Reise. Das hätte ich nie für möglich gehalten, dass wir irgendwann Europa League spielen", sagte Prömel, der selbst nicht mehr dabei sein wird.
Hoeneß: Spiel gegen Gladbach "hergeschenkt"
Für Hoeneß hat die Mannschaft das letzte Saisonspiel "hergeschenkt", wie er einordnete. "Es ist sehr, sehr enttäuschend und frustrierend. Es überschattet eine Saison, die über zwei Drittel sehr gut war. Wir haben erfolgreich gespielt und attraktiv - und dann blickt man jetzt zurück auf zwei Monate, in denen die Saison kaputtgeht." Ermin Bicakcic hatte sich seine Rückkehr auch anders vorgestellt: Der Fan-Liebling und Abwehrspieler, der im September einen Kreuzbandriss erlitt und in der Reha immer wieder Rückschläge erlitt, kam in der 86. Minute für Kevin Akpoguma.