Frank Schmidt wird am Wochenende zum dienstältesten Trainer im deutschen Profifußball. Der 49-Jährige knackt im Rahmen des Heimspiels gegen Werder Bremen den Rekord von Volker Finke. Auf der Spieltagspressekonferenz versuchte Schmidt zunächst, die Fragen zu seinem bevorstehenden Rekord geschickt zu umdribbeln, dann leugnete er entschieden die Besonderheit des Moments. "Ich bedanke mich schon mal für alle Glückwünsche. Aber für mich zählt nur das Spiel, das stellt alles in den Schatten", sagte der 49-Jährige betont cool. Am Sonntag beim Heimspiel gegen Werder Bremen löst "Mister Heidenheim" die Freiburger Trainerikone Volker Finke als dienstältesten Coach im deutschen Profifußball ab - feiern lassen will er sich nicht. "Letztes Jahr hatte ich mein 15-Jähriges, da gab es eine tolle Choreo. Das brauche ich dieses Jahr nicht wieder", sagte er: "Ich lebe im Hier und Jetzt. Für mich ist das nicht so wichtig. Viel wichtiger ist, welchen Weg wir genommen haben in Heidenheim und dass wir jetzt in der Bundesliga spielen."
Schmidt als Muster- statt Interimslösung beim FCH
Keine 1.000 Zuschauer waren dabei, als Frank Schmidt am 17. September 2007 sein Debüt als Cheftrainer des 1. FC Heidenheim feierte. 2:1 gewann der Club von der Ostalb damals beim 1. FC Normannia Gmünd. 16 Jahre und 589 weitere Pflichtspiele später ist Schmidt immer noch da - und auf der ganz großen Bühne angekommen. Aus der einstigen Interims- ist eine Dauer- und für den FCH sogar die Musterlösung geworden. Schmidt hat aus einem Oberligisten einen Bundesligisten gemacht. Am Wochenende wird er dem früheren Freiburger Volker Finke den Rekord als Trainer mit der längsten Amtszeit bei einem Verein im deutschen Profifußball abnehmen.
"Ich gratuliere und sende alle Glückwünsche nach Heidenheim", nimmt Finke den Rekordverlust sportlich fair. Von 1991 bis 2007 trainierte der inzwischen 75-Jährige den SC Freiburg - zehn Jahre in der ersten, sechs in der zweiten Liga. Schmidt hat mit dem FCH erst drei Partien in der Beletage bestritten, vor der Länderspiel-Pause gab es bei Vizemeister Borussia Dortmund (2:2) den überraschenden und umjubelten ersten Bundesliga-Punkt der Geschichte des Vereins. Und doch erkennt Finke zwischen Heidenheim und Freiburg gewisse Parallelen. "Der Verein ist ein tolles Beispiel für Kontinuität und dafür, dass man auch an einem kleinen Standort große Dinge erreichen kann", sagt er.
Dynamische Duos in Freiburg und Heidenheim
Was beim SC einst Finke und der 2009 verstorbene Ex-Präsident Achim Stocker waren, sind beim FCH Schmidt und Vorstandschef Holger Sanwald: ein unzertrennliches Duo, das den Verein führt - und das nun schon seit Jahren nach oben. Ohne den Trainer wäre "unser sportlicher Aufstieg aus dem Amateurfußball bis in die Bundesliga so nie möglich gewesen", sagt Sanwald der Deutschen Presse-Agentur. "Deshalb empfinde ich bei diesem Rekord große Dankbarkeit und Wertschätzung dafür, was Frank für unseren FCH geleistet hat."
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Aus finanziell überschaubaren Mitteln Großes herausholen - was lange für Freiburg galt, zeichnet auch die Heidenheimer aus. Auch wenn sich die Summen, die in der Branche fließen, seit der Ära Finke vervielfacht haben. Geografisch mag das rund 50.000 Einwohner zählende Städtchen an der Brenz gegenüber anderen Erstliga-Standorten, an denen medial und aus dem Umfeld deutlich mehr Einfluss auf die Clubs genommen wird, zudem im Vorteil sein. Der Erwartungsdruck ist etwa nicht zu vergleichen mit dem beim schwäbischen Rivalen und fünfmaligen deutschen Meister VfB Stuttgart, bei dem es seit Schmidts Amtsantritt inklusive aller Übergangslösungen gleich 22 Wechsel auf der Trainerbank gegeben hat.
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Dennoch ist das, was der 49-Jährige in seiner Geburtsstadt erreicht hat, außergewöhnlich. Und geht es nach Sanwald, ist noch lange nicht Schluss. "Frank hat noch einen laufenden Vertrag bis zum Sommer 2027. Und wer weiß, wie wichtig Frank Werte wie Verlässlichkeit sind, braucht sich keine Sorgen machen, dass er diesen nicht erfüllen wird", sagt der Vereinschef. "Vielleicht verlängert er ja sogar noch mal und beendet seine Trainerkarriere dann in Heidenheim." An einen FCH ohne Schmidt denkt auf der Ostalb noch niemand.
Holt Heidenheim den ersten Bundesliga-Dreier?
Beim Heimspiel gegen Werder Bremen am Sonntag (15.30 Uhr (15:30 Uhr live im Audiostream auf Sportschau.de)) wird Schmidt, ohnehin das bekannteste Gesicht des Clubs, jedenfalls noch mehr im Fokus stehen. "Ich bin heute schon froh, wenn der Tag vorbei ist", hatte der Coach kürzlich gesagt. Er bilde sich auf den Rekord nichts ein. Dass es gegen den Verein geht, gegen den die Heidenheimer in der Relegation 2020 den erstmaligen Bundesliga-Aufstieg noch verpasst hatten, verleiht dem besonderen Tag aber noch eine zusätzliche Note. Gut 50 Kilometer entfernt von Bremen liegt übrigens Nienburg an der Weser, die Heimat von Volker Finke.