Der 1. FC Heidenheim braucht noch einen Sieg, um in die Fußball-Bundesliga aufzusteigen. Damit wäre Heidenheim eine der kleinsten Städte im Fußball-Oberhaus. Was das bedeutet und worauf sich die Stadt im Falle des Aufstiegs einstellen muss, erzählt Rolf Geinert (SPD), der damalige Oberbürgermeister von Sinsheim. Für den Stadtteil Hoffenheim ging es 2008 in die Bundesliga.
SWR Aktuell: Sinsheim ist mit 35.000 Einwohnern etwas kleiner als Heidenheim mit seinen 50.000 Einwohnern. Wie groß war der Hype 2008 in der Stadt und in der ganzen Region?
Rolf Geinert: Der Hype war in der näheren Region schon sehr groß. Um Sinsheim herum liegen ja Traditionsvereine wie Stuttgart, Frankfurt, Karlsruhe und Kaiserslautern, die auch in unserer Stadt viele Fans hatten. Und plötzlich war hier ein anderer, ein neuer Verein.

SWR Aktuell: Was hat der Aufstieg damals mit dem Ansehen und der Bekanntheit von Sinsheim und Hoffenheim gemacht?
Geinert: Man kann diesen Wert gar nicht beziffern. Der Bekanntheitsgrad ist natürlich unglaublich gewesen und ich glaube behaupten zu können, dass Hoffenheim seit dem Aufstieg in die Bundesliga das bekannteste Dorf der Welt ist.
SWR Aktuell: Wenn es der FCH schafft, wird auch Heidenheim bekannter werden. Wie kann sich die Stadt auf einen Aufstieg vorbereiten?
Geinert: Ich kann nur uneingeschränkt bestätigen, dass Heidenheim im Falle eines Aufstiegs deutlich bekannter werden wird. Ich habe damals tatsächlich Kontakt zu anderen Vereinen in der 2. Liga und der Bundesliga aufgenommen. Heidenheim ist ja eine Mannschaft, die schon seit vielen Jahren in der 2. Liga spielt. Ich denke, dass Heidenheim die Szenerie deshalb etwas besser beherrscht als wir damals in Sinsheim. Wir haben nur ein Jahr in der 2. Liga gespielt und sind dann gleich in die Bundesliga aufgestiegen.
"Ein Bundesligaverein kann wirtschaftlich ein großer und weitreichender Faktor für eine Stadt sein."
SWR Aktuell: Inwiefern hat Sinsheim damals wirtschaftlich vom Aufstieg profitiert?
Geinert: Unsere Gastronomie und Hotellerie ist bei den Spielen immer ausgebucht. Laut einer aktuellen Studie der European Business School (EBS) kommt in einer Saison für Sinsheimer Geschäfte, die Hotellerie und Gastronomie ein Betrag von 14 Millionen Euro zusammen - und zusätzlich zwei Millionen Euro für die gesamte Metropolregion. Diese Zahlen belegen, dass ein Bundesligaverein wirtschaftlich ein großer und weitreichender Faktor für eine Stadt sein kann.
SWR Aktuell: Gibt es Schattenseiten?
Geinert: Natürlich haben wir damals auch über die Schattenseiten gesprochen. Wir hatten Sorge, dass der Verkehr zusammenbrechen oder es bei Spielen durch auswärtige Fans zu Gewalt kommen könnte. Beides hat sich zum Glück nicht bewahrheitet. Natürlich kommt es bei manchen Heimspielen unter den Fans zu kleineren Auseinandersetzungen. Unter dem Strich sind die Befürchtungen, die man damals gehabt hat, nicht eingetreten.
"Heidenheim wird sich darauf einstellen müssen, dass plötzlich 10.000 Schalke-Fans (...) durch die Stadt laufen."
SWR Aktuell: Auf was muss sich Heidenheim an Spieltagen einstellen?
Geinert: Für die Verwaltung ist es ein unglaublicher Organisationsaufwand. Unser Ordnungsamt war in Zusammenarbeit mit der Polizei sehr gefordert. Die ganze Organisation rund um ein Bundesligaspiel hat sich aber recht schnell eingespielt und funktioniert bis zum heutigen Tag sehr gut. Heidenheim wird sich aber auch darauf einstellen müssen, dass plötzlich 10.000 Schalke-Fans oder 5.000 Berliner durch die Stadt laufen, die zum Spiel kommen.
SWR Aktuell: Drücken Sie dem 1. FC Heidenheim aus Solidarität mit Baden-Württemberg am Wochenende die Daumen?
Geinert: Selbstverständlich. Gerade bei einer kleinen Stadt wie Heidenheim gehört meine Sympathie dem Verein. Es ist ein tolles Abenteuer, bei dem man sich nicht von anderen, neidischen Städten oder den Medien verrückt machen lassen sollte. Der Fußball ist ein lebendiger Sport, der davon lebt, dass Vereine wie Hoffenheim oder Heidenheim für Überraschungen sorgen und sich hoffentlich dauerhaft etablieren. Das wünsche ich auch Heidenheim.