SENDETERMIN So, 10.11.2019 | 5:55 Uhr | SWR Fernsehen
Europa: Deutschland/Polen Der Fürst Pückler Park in Bad Muskau
Der deutsche Dandy und sein Garten
Man muss auf den Hügel mit den alten Linden steigen und sich auf die alte Granitbank setzen, dann den Blick über die Schilfwiese zum Tal der Neiße schweifen lassen, kurz bei den drei Pappeln auf der Schlosswiese verweilen, um schließlich am Südflügel des Schlosses just auf den Fenstern, hinter denen die Gemächer des Fürsten lagen, hängen zu bleiben.
Dahinter zeichnete ein Besessener Gartenpläne, schrieb feurige Liebesbriefe, dinierte mit den Großen seiner Zeit, grübelte über Schuldscheinen, machte großartige Reisepläne und verfasste Weltliteratur: Hermann Fürst von Pückler-Muskau.
Unauffällig gebändigte Natur
Inspiriert durch eine Reise begeistert Pückler sich für den englischen Landschaftspark, für die unauffällig gebändigte Natur. Im Frühjahr 1817 beginnt der "Erdbeweger" auf dem Familiensitz in der Lausitz 800.000 Bäume und 42.000 Sträucher zu pflanzen, Wiesen werden entwässert, die Neiße umgeleitet und ein ganzes Dorf umgesiedelt. Die Muskauer Bürger fragen sich, ob "es mit meinem Verstande noch seine Richtigkeit habe".
Genug Geld hatte Pückler nie, aber der Park bringt ihn an den Rand des Ruins. Dabei hatte er doch eigens zur Verwirklichung seiner Pläne die ältere, geschiedene Reichsgräfin von Pappenheim geheiratet. Aber auch deren Vermögen versinkt in Windeseile in Erdlöchern. Da sie seine Leidenschaft für den Garten teilt, willigt Lucie in eine Scheidung ein, um den Weg für eine begüterte Nachfolgerin frei zu machen. Pückler sucht drei Jahre lang in England. Kommt ohne Frau zurück, aber mit Bücher füllenden Reiseberichten.
Der Fürst plant, träumt und gestaltet weiter - und Lucie mit ihm. Er schillert durch Politik und Gesellschaft. Wer den republikanisch gesinnten Aristokraten verstehen will, den realistischen Schwärmer, der muss die gewunden Wege wandeln, ihn zwischen Baumgruppen suchen und im Spiegel der Neiße aufschimmern sehen. Der Muskauer Park ist seine Seelenlandschaft.
Brücke zwischen Deutschland und Polen
Und sein Herz schlägt heute wieder mitten in Europa. Die kleine Holzbrücke über die Neiße ist wieder geöffnet. Deutsche und Polen bemühen sich gemeinsam, das nach dem Krieg zertrennte Erbe Pücklers zu pflegen. Dem ewigen Nomaden, dem Reiseschriftsteller, dem Wanderer zwischen den Welten hätte das gefallen.