Filmtext & Video
14:06 min | Sa, 12.3.2011 | 6:00 Uhr | SWR Fernsehen
Cuzco, Peru, Folge 4
Filmtext
Sie hielten sich für die "Söhne der Sonne". Die Sonne, ihr Vater und Gott, war Symbol ihrer Macht und des Reichtums. Ihre Sonne ging unter. Ihr Gott war zu schwach. Ihre Macht zu gering. Ihr Reichtum den Spaniern willkommene Beute.
Die Inka waren nur eine von vielen Stämmen, die im zentralen Hochland der Anden beheimatet waren. Politisch und kulturell waren andere Sippen weiter entwickelt. Aber einzig den Inka gelang es, im präkolumbischen Amerika ein Großreich zu schaffen. Bis an die Nordgrenze des heutigen Ecuador und im Süden bis weit nach Chile hinein erstreckte sich ihr Reich.
Riesig waren die Steine, gigantisch und rätselhaft ihre Bauten. Hoch über Cuzco, der Hauptstadt des Reiches, liegt Sacsayhuam - 20.000 Arbeiter brauchten 30 Jahre, um diese Anlage fertig zustellen. Ihr Zweck und ihre Bestimmung sind bis heute nicht geklärt. Die einen halten sie für eine Festung, die anderen für einen Tempel.
Cuzco, in einem Hochtal der Anden gelegen, 3.400 Meter hoch, im heutigen Peru, war Zentrum und Nabel des Reiches. Vermutlich wurde Cuzco am Ende des 12. Jahrhunderts gegründet. In Cuzco fing alles an. In Cuzco liefen alle Wege und Fäden zusammen. Cuzco repräsentierte symbolisch das Reich. Wie das Inkareich entsprechend den vier Himmelsrichtungen in vier Provinzen, so war Cuzco in vier Stadtteile aufgeteilt. Als 1533 die spanischen Eroberer hierher kamen, zählte die Stadt etwa 200.000 Bewohner.
Enge steile Gassen führen zum Hauptplatz der Stadt hinunter. Hier wurden zu allen Zeiten Feste gefeiert und Götter verehrt. Hier standen die Herrscherpaläste der Inka. Der Platz hieß bei ihnen "Waqaypata", Treppe zum Gebet. Die Spanier nannten ihn bezeichnenderweise Plaza de armas, Platz der Waffen. Christliche Architektur hat die Inka-Bauten verdrängt. Keine Spur von den vielen Palästen. Dabei ließ sich doch jeder Inkaherrscher hier seinen eigenen bauen.
Die Kathedrale steht an der Stelle eines dieser Paläste. Wo früher die Herrscher der Inka regierten, manifestiert sich die neue Macht. Wie anderswo auch, kam die Kirche den Neu- und Zwangsbekehrten in unwesentlichen Fragen entgegen. So lässt der christliche Maler beim letzten Abendmahl Speisen der Inka auftischen: Meerschweinchenbraten und Früchte der Gegend. Die Heilige Jungfrau "de la Merced" ist mit indianischen Gesichtszügen dargestellt. Der "Schwarze Jesus" in einem Seitenaltar der Kathedrale wird als Schutzpatron der Stadt verehrt. Nach Überzeugung der Gläubigen hat er die Stadt vor der totalen Zerstörung gerettet. Als im 17. Jahrhundert ein Erdbeben weite Teile der Stadt zerstört hatte, holten die Einwohner von Cuzco den "Schwarzen Jesus" von seinem Altar und stellten ihn drei Tage lang vor die Kathedrale. Dass es danach keine weiteren Erdstöße und keine Zerstörung mehr gab, wird noch heute mit einer alljährlichen Prozession gefeiert.
Neben der christlichen hat sich im Volk auch die indianische Religiosität bis heute lebendig erhalten. Zum Fest der Erdmutter Pachamama, die von den Ketschua-Indianern noch immer als Fruchtbarkeitsgöttin verehrt wird, kommen Jahr für Jahr die Vertreter der umliegenden Dörfer und Städte nach Cuzco. Das Fest der Erdmutter lässt auch alte Legenden aufleben.
Manch einer erinnert sich da an Manco Cápac, den vom Schöpfergott Viracocha erschaffenen Stammvater aller Inka, den legendären Gründer von Cuzco. In ihrem Bemühen, allumfassend zu sein, versuchte die Kirche, von dem ihr Fremden soviel wie möglich zu übernehmen oder sich durch Umdeutung einzuverleiben.