Mana rettet den Kern ihres Heimatdorfes

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AUTOR/IN
Carolin Baumgart
Carolin Baumgart (Foto: SWR)
EIN FILM VON
Stefanie Vier (Kamera), Johannes Bock (Kamera und Ton) und Marvin Pehr (Schnitt).

Mana Binz lebt in einem ganz besonderen Gebäudekomplex: sieben miteinander verbundene Häuser, die sie alle aufwendig restauriert und saniert hat. Dieses außergewöhnliche Häuserensemble befindet sich an der Mittelmosel in Lieser. Ein Dorf mit nur knapp 1.200 Einwohnern, idyllisch gelegen, umgeben von steilen Weinbergen und der Mosel.

Jedes Haus hat seine eigene Geschichte und gehörte ursprünglich zur Paulskirche. Bis ihr Großvater der Kirche das damalige Pfarrhaus, ihr heutiges privates Wohnhaus, abkaufte. Das kleinste der sieben Häuser ist Manas Geburts- bzw. Elternhaus. Es war früher das Gesindehaus, worin Knechte und Mägde übernachteten. Es gehörte der Familie ihrer Mutter – eine Winzerfamilie mit geistlichem Zweig. In diesem Haus kamen Mana und ihre zwei Geschwister auf die Welt und verbrachten hier ihre Kindheit. Vom Elternhaus geht es über die Jugendstiltreppe in den Musikraum. Dieses Gebäude war früher das Kelterhaus, in dem der Wein hergestellt wurde. Nebenan befindet sich das ehemalige Winzerhaus, in dem sich heute unter anderem Manas Büro und ihr sakraler Raum befinden. Durch die Durchbrüche auf jeder Ebene gelangt man in ihre Werkstatt und Atelier mit dem großen Deckenfresko – das frühere Schlachthaus. An dieses Gebäude grenzt das ehemalige Kutscherhaus an, in dem sich heute z. B. Manas Sportraum befindet.

Sieben historische Häuser restauriert

Mana träumte schon als kleines Mädchen von einem Leben als Künstlerin bzw. Bühnenbildnerin. Nach dem Abitur wollte sie Kunst studieren. Ihre Bewerbungsmappe für die Akademie in Düsseldorf war fertig. Ihr Vater verbot ihr jedoch die „brotlose Kunst“. So studierte sie eher widerwillig Jura und Betriebswirtschaft in Bonn, wo sie ihren jetzigen Mann traf. Die Kunst ließ sie sich nicht nehmen und fuhr zweigleisig als sie mit 21 Jahren volljährig war und selbst entscheiden konnte. Neben ihrem Rechtswissenschaften-Studium eignete sie sich autodidaktisch ihr Knowhow in der Kunst, vor allem in der Glaskunst, an. Geholfen hat ihr dabei auch die Verbindung zu Künstler:innen der Studioglas-Bewegung, insbesondere zu Erwin Eisch und zu Glas verarbeitenden Betrieben. Eine Doppelbelastung, die ihr viel abverlangte, aber auch Inspiration gab.

Nachdem sie viele Jahre in Städten wie Düsseldorf, Bonn, Berlin, Friedrichshafen und München lebte und erfolgreich als Juristin und Personalmanagerin arbeitete, zog es sie Anfang der 1990er Jahre nach Brüssel. Dort gründete sie ihre eigene Personalberatung. Durch die Selbständigkeit konnte sie mehr Zeit in ihre Kunst investieren und feierte in Brüssel ihren Durchbruch. Sie gestaltete ihre ersten mobilen Fresken – Gemälde auf frei fallenden, großen Stoffen. Ihre Kunst ist seitdem international gefragt.

Als ihre Eltern starben, übernahm sie das Elternhaus in Lieser an der Mosel und sanierte es. Im Laufe der Jahre kaufte sie mehrere angrenzende Gebäude hinzu, die teilweise auch in Familienbesitz waren, und verwandelte sie mit viel Liebe zum Detail und sehr großem Aufwand in das jetzige Ensemble. Da ein Großteil der Immobilien bereits aus ihrer Familie stammte, konnte sie, zusammen mit ihrem Erspartem aus der Zeit als Juristin und Personalmanagerin, ihre Träume und Wünsche umsetzen. Es kam ihr nicht auf jeden Quadratmeter an und so ließ Mana luftige und große Räume entstehen, in denen teilweise sakrale oder künstlerisch-gestaltete Fenster eingebaut wurden.

Alten Dorfkern erhalten

Sie selbst führte bei jedem Bauabschnitt die Bauleitung. Zum einen, weil Bauen ihr riesigen Spaß macht und zum anderen, weil sie das Knowhow hat. Schon als Kind ging sie regelmäßig mit auf die Baustellen ihres Vaters, der ein erfolgreicher Tiefbau-Ingenieur war.

Mana hat versucht, so viel wie möglich mit regionalen Handwerkern zusammen zu arbeiten. Ein Paradebeispiel dafür ist die Jugendstiltreppe im ehemaligen Kelterhaus, der heutige Musikraum. In den Bau der kunstvoll verzierten Treppe waren sie selbst als Gestalterin, ein Schmied, zwei Schreiner und ein Treppenbauer involviert. Der Musikraum selbst wird für private oder auch öffentliche Konzerte genutzt.

Arbeiten und wohnen finden bei Mana unter einem großen bzw. mehreren kleinen Dächern statt. Mittlerweile wohnt sie hier seit 20 Jahren. In ihrer Werkstatt im ehemaligen Schlachthaus findet sie optimale Produktionsbedingungen für ihre Kunst vor. Die großen, schweren Brennöfen, mit denen sie ihr Glas selbst brennt, haben hier Platz und stehen sicher. Genauso wie die großen mobilen Fresken, die sie hier malt. Ihre Kulturwerkstatt mit Atelier und öffentlichen Räumen nennt sie „Paulushof“. Regelmäßig lädt sie hier zu Kunstausstellungen und anderen kulturellen Treffen ein.

Mana ist es ein wichtiges Anliegen, den alten Ortskern zu erhalten und attraktiv zu gestalten. Sie will motivieren und zeigen, dass alte Dörfer lebenswert sind. Die teilweise sakralen Räume sind auch ein Appell der Künstlerin, die Ortskerne der Dörfer und Städte zu retten.

Der von ihr gestaltete, klösterlich inspirierte Garten hat 2005 den Preis des Südwestrundfunks als schönster Garten von Rheinland-Pfalz gewonnen. Peu à peu gestaltet sie ihn in einen diversen und naturnahen Garten um, um etwas für die Artenvielfalt zu tun. Neben ihrer Kunst- und Bauleidenschaft ist das eine weitere Leidenschaft von Mana Binz. 

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Carolin Baumgart
Carolin Baumgart (Foto: SWR)
EIN FILM VON
Stefanie Vier (Kamera), Johannes Bock (Kamera und Ton) und Marvin Pehr (Schnitt).